Wie erklär ich es meinen Kindern?
Wenn ein Mensch sich gegen Gott entscheidet - was ist dann mit Gott? Muss er sich zurückhalten und kann diesem Menschen nicht helfen? Wonach die Kinder hier fragen - ohne es zu wissen - ist der Begriff der Gnade.
Kinder: "Wenn es Gott gibt, wie wäre das Leben dann ohne Gott? Wie wäre es dann? Man kann sich ja auch ein Leben vorstellen, wo man einfach nur rumsitzen kann und so was, das wäre dann vielleicht das Leben ohne Gott."
"Aber der Gott ist ja trotzdem dann da, aber wie kann man ohne ihn leben, wenn er trotzdem da ist und auch für andere Leute dann da ist aber für denjenigen nicht. Das ist ja dann auch für Gott schwer. Wenn er auch sieht, dass derjenige auch leidet, wenn er den anderen hilft und ihm kann er nicht helfen, aber er möchte ihm helfen. Wenn der jetzt sich entscheidet: Er möchte keinen Gott bei sich haben, er schafft das alles alleine, die anderen Menschen haben ihn überall bei sich, und dann hilft Gott allen und er hilft dann aber nicht demjenigen, und Gott tut es dann auch leid, wenn derjenige dann auch leidet."
Wenn ein Mensch sich gegen Gott entscheidet. Oder wenn er gar nichts von ihm weiß und wissen will? Was ist dann mit Gott? Muss er sich zurückhalten und kann diesem Menschen nicht helfen? Ist Gott darauf angewiesen, dass wir uns ihm nähern – oder ist es vielmehr umgekehrt? Wonach die Kinder hier fragen – ohne es zu wissen – ist der Begriff der Gnade.
Gnade - ein schwieriger Begriff. Kindern begegnet er am ehesten im Bereich des Rechtes: Der König begnadigt den Verbrecher. Er lässt Gnade vor Recht ergehen, ist ein gnädiger Herrscher. Auch Gott begegnet uns in der Bibel als Richter und Herrscher. Um den Begriff der Gnade Gottes zu erklären, eigenen sich aber eher näher liegende Bilder und Geschichten.
Die Gnade ist ein Geschenk, für das wir nichts tun und uns nicht einmal bedanken müssen. Aber es ist viel mehr als das. Es ist die Sehnsucht Gottes nach den Menschen.
Diese Sehnsucht liegt wie ein unausgepacktes Geschenk vor der Tür. Ob wir das Geschenk sehen und öffnen oder darüber hinwegsteigen, das steht uns frei. Es ist sogar verständlich, wenn wir uns nicht trauen, es näher zu betrachten, denn nicht immer entspricht es unseren Vorstellungen. Unser Interesse an dem geheimnisvollen Paket kann verloren gehen. Aber zerstören können wir es nicht.
Junger Mann: ""Ich bin ohne meinen Vater aufgewachsen. Meine Mutter hat immer schlecht über ihn geredet, sodass ich gar keine Lust hatte, ihn auch nur zu suchen. Irgendwann hat er Briefe geschrieben, aber ich hab nicht geantwortet. Der kann mir gestohlen bleiben. Ich bin auch so sehr gut durchs Leben gekommen. Mir hat nichts gefehlt. Ich habe ja meine Mutter und Freunde und außerdem immer viel Platz, ein eigenes Zimmer, eigenen Fernseher, Computer. Und keiner hat noch zusätzlich an mir herumerzogen oder Sachen von mir verlangt, die ich nicht machen wollte. Das ist schon in Ordnung. Ich brauche keinen Vater."
Älterer Mann: "Der Junge denkt, der hätte keinen Vater. Er meint sogar, er bräuchte keinen Vater. Dabei bin ich die ganze Zeit bei ihm. Ich seh ihn fast jeden Tag, wenn er an meinem Kiosk vorbeikommt. Wir grüßen uns, wir verstehen uns gut. Ich glaube sogar, er braucht mich. Manchmal erzählt er mir von seinen Problemen. Wir sehen uns sogar ein bisschen ähnlich. Aber das merkt er nicht. Er will nichts von seinem Vater wissen, also lasse ich ihn. Aber aus den Augen - lasse ich ihn nicht."
Im Religionsunterricht - sofern die Kinder dort angemeldet sind - wird die Geschichte vom verlorenen Sohn und dem barmherzigen Vater erzählt. Der Sohn geht in die Welt, verschleudert sein Erbe, gerät in Armut und kehrt reumütig zum Vater zurück – der ihm verzeiht und ihn in seine Arme schließt. Der Vater vergibt, weil der Sohn zurückkehrt. Damit erzählt Jesus von der Barmherzigkeit Gottes mit den Menschen. Auch in anderen Religionen gibt es solche Vater-Sohn-Geschichten, und eine davon erklärt vielleicht noch besser den Begriff der Gnade.
Eine Passage aus dem buddhistischen Lotos-Sutra verdeutlicht besonders gut, was Gnade bedeutet. Auch hier verlässt der Sohn seinen Vater und gerät in Not. Der Vater, ein reicher und angesehener Mann, merkt das und folgt seinem Sohn.
"Der Vater weiß, dass die seelische Lage seines Sohnes schlechter ist als seine, und er weiß, dass seine eigene gehobene und reiche Stellung jenen in eine peinliche Situation bringt. Obwohl er nun ganz genau weiß, dass es sein Sohn ist, sagt er, wenn er zu anderen Menschen spricht, geschickterweise nicht, dass es sein Sohn ist."
Der Vater geht noch weiter. Er erniedrigt sich selbst, um seinem Sohn nah zu sein und helfen zu können.
"Somit zieht sich der Vater ein altes und schmutziges Gewand an, nimmt einen Schmutzfeger und geht dahin, wo sein Sohn ist. Entsprechend seinem geschickten Plan nähert er sich ihm. Er sagt mit strengen Worten: Mache jetzt fleißig mit der Arbeit weiter. Und sanft sagt er: Du bist wie mein Sohn! Und er merkt, dass der Sinn seines Sohnes sich allmählich erweitert und vergrößert."
Der Vater zeichnet sich in dieser Erzählung vor allem durch die Beharrlichkeit aus, mit der er sich dem Sohn langsam und vorsichtig annähert. Der Vater ist also keineswegs ohnmächtig und muss zusehen, wie sein Kind leidet. Ebenso wenig wie Gott ohnmächtig ist, wenn der Mensch sich gegen ihn entscheidet, ihn leugnet oder ignoriert.
"Wo aber die Sünde mächtig geworden ist, da ist doch die Gnade noch viel mächtiger geworden."
Aus dem Römerbrief.
Gott hat den Menschen mit einem freien Willen geschaffen. Ein freier Wille, der sich auch von Gott abwenden darf. Der Theologe Karl Rahner bezeichnete in einer Vorlesung über die Gnade die Erschaffung einer Kreatur mit "echter Selbstmacht" als einen besonderen Beweis der Allmacht Gottes.
"Die Göttlichkeit Gottes manifestiert sich gerade dadurch, dass er eine Freiheit schaffen kann, die Gott gegenüber treten kann. Dass Gott so Schöpfer ist, dass er etwas schaffen kann, was eine eigene - wenn auch von Gott abhängig bleibende echte Selbstmacht bekommt. So zeigt sich die Macht Gottes in der Mächtigkeit des Menschen."
Wenn es Gott gibt, kann er sich auch jedem Menschen zeigen. Und das, ohne ihm Gewalt anzutun. Er wird ihm in weltlichen, auch menschlichen Gewändern begegnen, in unverfänglichen Begriffen wie "Schicksal" und "Zufall", "Liebe" und "Glück" und "Talent". Und vielleicht erkennt der Mensch irgendwann in seinem Leben, dass all das Gottes Gnade war.
"Wechselnde Pfade
Schatten und Licht
Alles ist Gnade
Fürchte dich nicht."
Segensspruch
"Aber der Gott ist ja trotzdem dann da, aber wie kann man ohne ihn leben, wenn er trotzdem da ist und auch für andere Leute dann da ist aber für denjenigen nicht. Das ist ja dann auch für Gott schwer. Wenn er auch sieht, dass derjenige auch leidet, wenn er den anderen hilft und ihm kann er nicht helfen, aber er möchte ihm helfen. Wenn der jetzt sich entscheidet: Er möchte keinen Gott bei sich haben, er schafft das alles alleine, die anderen Menschen haben ihn überall bei sich, und dann hilft Gott allen und er hilft dann aber nicht demjenigen, und Gott tut es dann auch leid, wenn derjenige dann auch leidet."
Wenn ein Mensch sich gegen Gott entscheidet. Oder wenn er gar nichts von ihm weiß und wissen will? Was ist dann mit Gott? Muss er sich zurückhalten und kann diesem Menschen nicht helfen? Ist Gott darauf angewiesen, dass wir uns ihm nähern – oder ist es vielmehr umgekehrt? Wonach die Kinder hier fragen – ohne es zu wissen – ist der Begriff der Gnade.
Gnade - ein schwieriger Begriff. Kindern begegnet er am ehesten im Bereich des Rechtes: Der König begnadigt den Verbrecher. Er lässt Gnade vor Recht ergehen, ist ein gnädiger Herrscher. Auch Gott begegnet uns in der Bibel als Richter und Herrscher. Um den Begriff der Gnade Gottes zu erklären, eigenen sich aber eher näher liegende Bilder und Geschichten.
Die Gnade ist ein Geschenk, für das wir nichts tun und uns nicht einmal bedanken müssen. Aber es ist viel mehr als das. Es ist die Sehnsucht Gottes nach den Menschen.
Diese Sehnsucht liegt wie ein unausgepacktes Geschenk vor der Tür. Ob wir das Geschenk sehen und öffnen oder darüber hinwegsteigen, das steht uns frei. Es ist sogar verständlich, wenn wir uns nicht trauen, es näher zu betrachten, denn nicht immer entspricht es unseren Vorstellungen. Unser Interesse an dem geheimnisvollen Paket kann verloren gehen. Aber zerstören können wir es nicht.
Junger Mann: ""Ich bin ohne meinen Vater aufgewachsen. Meine Mutter hat immer schlecht über ihn geredet, sodass ich gar keine Lust hatte, ihn auch nur zu suchen. Irgendwann hat er Briefe geschrieben, aber ich hab nicht geantwortet. Der kann mir gestohlen bleiben. Ich bin auch so sehr gut durchs Leben gekommen. Mir hat nichts gefehlt. Ich habe ja meine Mutter und Freunde und außerdem immer viel Platz, ein eigenes Zimmer, eigenen Fernseher, Computer. Und keiner hat noch zusätzlich an mir herumerzogen oder Sachen von mir verlangt, die ich nicht machen wollte. Das ist schon in Ordnung. Ich brauche keinen Vater."
Älterer Mann: "Der Junge denkt, der hätte keinen Vater. Er meint sogar, er bräuchte keinen Vater. Dabei bin ich die ganze Zeit bei ihm. Ich seh ihn fast jeden Tag, wenn er an meinem Kiosk vorbeikommt. Wir grüßen uns, wir verstehen uns gut. Ich glaube sogar, er braucht mich. Manchmal erzählt er mir von seinen Problemen. Wir sehen uns sogar ein bisschen ähnlich. Aber das merkt er nicht. Er will nichts von seinem Vater wissen, also lasse ich ihn. Aber aus den Augen - lasse ich ihn nicht."
Im Religionsunterricht - sofern die Kinder dort angemeldet sind - wird die Geschichte vom verlorenen Sohn und dem barmherzigen Vater erzählt. Der Sohn geht in die Welt, verschleudert sein Erbe, gerät in Armut und kehrt reumütig zum Vater zurück – der ihm verzeiht und ihn in seine Arme schließt. Der Vater vergibt, weil der Sohn zurückkehrt. Damit erzählt Jesus von der Barmherzigkeit Gottes mit den Menschen. Auch in anderen Religionen gibt es solche Vater-Sohn-Geschichten, und eine davon erklärt vielleicht noch besser den Begriff der Gnade.
Eine Passage aus dem buddhistischen Lotos-Sutra verdeutlicht besonders gut, was Gnade bedeutet. Auch hier verlässt der Sohn seinen Vater und gerät in Not. Der Vater, ein reicher und angesehener Mann, merkt das und folgt seinem Sohn.
"Der Vater weiß, dass die seelische Lage seines Sohnes schlechter ist als seine, und er weiß, dass seine eigene gehobene und reiche Stellung jenen in eine peinliche Situation bringt. Obwohl er nun ganz genau weiß, dass es sein Sohn ist, sagt er, wenn er zu anderen Menschen spricht, geschickterweise nicht, dass es sein Sohn ist."
Der Vater geht noch weiter. Er erniedrigt sich selbst, um seinem Sohn nah zu sein und helfen zu können.
"Somit zieht sich der Vater ein altes und schmutziges Gewand an, nimmt einen Schmutzfeger und geht dahin, wo sein Sohn ist. Entsprechend seinem geschickten Plan nähert er sich ihm. Er sagt mit strengen Worten: Mache jetzt fleißig mit der Arbeit weiter. Und sanft sagt er: Du bist wie mein Sohn! Und er merkt, dass der Sinn seines Sohnes sich allmählich erweitert und vergrößert."
Der Vater zeichnet sich in dieser Erzählung vor allem durch die Beharrlichkeit aus, mit der er sich dem Sohn langsam und vorsichtig annähert. Der Vater ist also keineswegs ohnmächtig und muss zusehen, wie sein Kind leidet. Ebenso wenig wie Gott ohnmächtig ist, wenn der Mensch sich gegen ihn entscheidet, ihn leugnet oder ignoriert.
"Wo aber die Sünde mächtig geworden ist, da ist doch die Gnade noch viel mächtiger geworden."
Aus dem Römerbrief.
Gott hat den Menschen mit einem freien Willen geschaffen. Ein freier Wille, der sich auch von Gott abwenden darf. Der Theologe Karl Rahner bezeichnete in einer Vorlesung über die Gnade die Erschaffung einer Kreatur mit "echter Selbstmacht" als einen besonderen Beweis der Allmacht Gottes.
"Die Göttlichkeit Gottes manifestiert sich gerade dadurch, dass er eine Freiheit schaffen kann, die Gott gegenüber treten kann. Dass Gott so Schöpfer ist, dass er etwas schaffen kann, was eine eigene - wenn auch von Gott abhängig bleibende echte Selbstmacht bekommt. So zeigt sich die Macht Gottes in der Mächtigkeit des Menschen."
Wenn es Gott gibt, kann er sich auch jedem Menschen zeigen. Und das, ohne ihm Gewalt anzutun. Er wird ihm in weltlichen, auch menschlichen Gewändern begegnen, in unverfänglichen Begriffen wie "Schicksal" und "Zufall", "Liebe" und "Glück" und "Talent". Und vielleicht erkennt der Mensch irgendwann in seinem Leben, dass all das Gottes Gnade war.
"Wechselnde Pfade
Schatten und Licht
Alles ist Gnade
Fürchte dich nicht."
Segensspruch