Wie fühlen wir uns heute?

Von Peter Kaiser |
Oft ist an der Haut der Lebenswandel einer Person sichtbar. Grund für die Hautveränderungen sind eine Balance von Antioxidantien und freien Radikalen. Forscher haben jetzt an der Berliner Charité einen Scanner entwickelt, der das Verhältnis von Antioxidantien und freien Radikalen genau misst.
"Und Sie wollen gemessen werden? Dann müssen Sie aber die Hände freimachen, zu mindestens eine."

Geduldig wartet Jürgen Lademann, Dermatologe an der Berliner Charité, bis die rechte Hand frei ist. Dann setzt er den Scanner, der wie eine Computermaus aussieht, auf den Handballen.

"Wir werden jetzt mal Ihr antioxidatives Potential messen. Wir starten, Sie sehen da leuchtet eine grüne Lampe, und das dauert ungefähr 15 bis 20 Sekunden. Die Lampe blinkt, ja."

Die Scanneroberfläche ist kühl. Ein feines Lichtbündel wird kurz zwischen Haut und Scannerunterseite sichtbar. Kurze Zeit später blickt Jürgen Lademann zum Monitor auf seinem Schreibtisch.

"Sie sehen hier oben eine Scala von eins bis zehn, wobei zehn grün unterlegt ist und rot ist unten der Wert eins. Bei drei hat man einen mittleren Bereich, gelb, und Sie haben einen Wert von fünf, das ist ein ganz guter Wert, also die roten Werte, das sagt schon rot, das sind die kritischen Werte, grün sind die sehr guten Werte. Die meisten Personen liegen also hier in diesem mittleren Bereich."

Mehr als fünf Jahre Entwicklungszeit sind vergangen, bis der von manchen salopp genannte "Lebensstilscanner" einsatzbereit war.

"Eigentlich wurde es entwickelt für den klinischen Einsatz. Speziell auch bei der Chemotherapie. Wir wissen, dass eine Reihe von Chemotherapeutika dermale Nebenwirkungen erzeugen."

Mit dermalen Nebenwirkungen sind Störungen auf der Hautoberfläche gemeint.

"Und diese dermalen Nebenwirkungen basieren auch auf Radikale bildenden Prozessen. Da sind diese Messsysteme ganz wichtig, um hier Risikopatienten bezüglich der dermalen Nebenwirkungen zu charakterisieren."

Sekundenschnell liefert das Messgerät verlässliche Angaben zum Verhältnis von Antioxidantien und freien Radikalen im Körper der getesteten Person. Antioxidantien sind Vitamine und Spurenelemente, die der Körper nicht selbst produzieren kann, sondern über die Nahrung aufnimmt. Und Freie Radikale, sagt Rainer Stange, leitender Oberarzt für Naturheilkunde am Berlinere Immanuel Krankenhaus, nehmen wir täglich aus der Umwelt auf. Zum Beispiel über den Sauerstoff, den wir einatmen.

"Deshalb müssen diese Radikalen, die sich zwangsläufig beim Stoffwechsel im Körper bilden, aber auch zum Beispiel extern durch UV-Einstrahlung verstärkt in der Haut und in dem Unterhautgewebe gebildet werden, diese Radikalen müssen unter Kontrolle gehalten werden. Es scheint so, dass ein gewisses Ausmaß an Radikalen zum Leben sehr gut und sehr nützlich ist."

Ist das Verhältnis Antioxidantien und Freie Radikale schief, wie bei der Neurodermitis etwa, zeigt der Scanner das Tiefrot an. Gemessen werden die Carotinoide in der Haut.

"Wenn wir jetzt zum Beispiel eine erkrankte Haut nehmen und messen und stellen vielleicht fest, dass der Gehalt an Antioxidantien durch einen chronischen Entzündungsprozess ausgeschöpft ist, dann kann unter Umständen die Zufuhr von Antioxidantien sinnvoll sein. Und man kann dies unter Umständen auch mit dem Gerät belegen."

Der beste Wert, also jener, der im grünen Bereich liegt, wird immer dann angezeigt, wenn man sich vorbildlich verhält. Also kein Nikotin, gute Ernährung, Sport, mäßig nur Alkohol. Und weil unternehmerisch denken auch in der Medizin erlaubt ist, passt der sogenannte "Lebensstilscanner" darum auch prima in den Wellnessbereich.
"Es ist ähnlich wie eine Waage. Bei dem Hautscanner ist es so, man misst sich, ok, jetzt versuche ich mal weniger zu rauchen, ich esse mal einen Salat, und siehe da, am nächsten Tag sieht man schon ein gewisses Ergebnis. Dann macht man das noch einen Tag, und siehe da, es ändert sich wieder, und so hat man die Möglichkeit mit seinem Organismus zu kommunizieren. Was in anderer Form nur sehr schwer möglich ist."

Rund 200 bis 300 Euro soll der Scanner für den Heimgebrauch kosten. Gedacht ist, dass er dann ein so übliches Messinstrument wie ein Blutdruckmesser oder ein Fieberthermometer wird. Im hautmedizinischen Alltag hält der Scanner langsam Einzug, denn er erspart dem Patienten die Entnahme von Gewebeproben. Schon das ist ein Gewinn. Ob sich der Scanner, wie Jürgen Lademann sagt "... als Goldgrube" erweist, wird aber die Zukunft zeigen.
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