Wie gewonnen so zerronnen
Es ist Spargelzeit. Und das ist die Zeit für die Sauce hollandaise – einer höchst nahrhaften Mischung aus Butter, Eiern und Weißwein. Doch ihre Zubereitung erfordert ein wenig Erfahrung und Geschick, denn sie kann leicht misslingen.
Woran liegt das? Das ist ähnlich wie bei einem Fondue. Wenn die Masse zu heiß wird, gerinnen die Emulgatoren aus dem Eidotter. Dazu zählen nicht nur das allseits bekannte Lecithin sondern auch Eiweiße und Lipoproteine. Werden sie durch Hitze beschädigt, trennt sich die Wasserphase vom Fett. Das sieht dann etwas unappetitlich aus. Deshalb müssen die Temperaturen aber auch die Rezepturen genau eingehalten werden. Zur besseren Kontrolle der Temperatur empfiehlt es sich, die Sauce Hollandaise im Wasserbad zuzubereiten.
Zunächst wird ja das Eigelb erwärmt, bis sich die "Rose des Eigelbs" bildet. Was meinen die Köche damit? Das ist der Punkt, an dem das Eigelb seine maximale Bindefähigkeit erreicht. Der Koch prüft das mit dem Löffeltest: Er bläst auf das warme Eigelb. Das bildet nun ein Muster, das ein wenig an eine geöffnete Rosenblüte erinnert, auf die man von oben draufschaut. Ein Thermometer ersetzt diesen Test nicht, weil die optimale Temperatur von der Rezeptur abhängt. Ist Zucker drin, ist sie höher, in Gegenwart von Alkohol sinkt das Temperaturoptimum.
In manchen Kochbüchern wird empfohlen, kalte Butterflocken zu nehmen. Warum das? Die Soße wird umso zähflüssiger, umso stabiler, je kleiner die Fetttröpfchen sind, die eingerührt werden. Eiskalte Butter schmilzt langsam ab, dadurch gelangt immer nur wenig Fett in die Masse. Flüssige Butter bildet große Tropfen. Natürlich funktioniert auch das – aber Sie brauchen dann mehr Kraft und Zeit fürs Schlagen. Manche nehmen sogar ganz bewusst geklärte Butter, weil dann die Soße glänzt.
Was mache ich, wenn sich die Masse trennt oder gar Klümpchen bildet? Runter vom Herd und etwas abkühlen lassen. Vielleicht stimmt das Verhältnis von Wasser zu Fett nicht mehr, weil es beim Schlagen mit dem Schneebesen verdampft ist. Wenn sich die Masse wider Erwarten trennt, vom Herd nehmen, etwas abkühlen lassen und einen Esslöffel warmes Wasser zugeben – und dann wieder kräftig mit dem Schneebesen rühren. Wenn sie schon anfängt zu gerinnen und sich Klümpchen bilden, schnell abkühlen, etwas kaltes Wasser zugeben und ab in den Mixer. Manchmal hilft das.
Die Sauce hollandaise ist Zeichen einer gehobenen Küche. Wie kriegen das die personalarmen Kantinen hin? Die nehmen billige Fertigsoßen aus dem Tetrapak. Diese Mixturen überstehen unbeschadet alle Hitzebelastungen und sonstigen Unwägbarkeiten einer ebenso schnellen wie ahnungslosen Küche. Außerdem sind sie ewig haltbar. Statt Butter ist Pflanzenfett drin, die Eier werden teilweise durch Emulgatoren ersetzt. Cremigkeit und Mundgefühl werden mit Wasser und Hydrocolloiden reguliert. Den Rest besorgen Farbstoffe, Aromen und Geschmacksverstärker.
Das ist doch Betrug! Die Branche sah das anders und prozessierte fleißig mit der Lebensmittelüberwachung. Ergebnis: Das Imitat darf als "Sauce à la hollandaise" verkauft werden. Aber ich habe oft genug gesehen, dass sich Anbieter im gastronomischen Sektor einen feuchten Wischlappen für das "à la" interessierten. Die verteidigen ihr Imitat auch noch als "cholesterinarm".
Ist das der nächste Skandal nach dem nachgemachten Pizzakäse? Den falschen Pizzakäse gibt es seit 40 Jahren, und die nachgemachte Hollandaise seit über 20 Jahren. Und vergessen Sie beim Spargelessen nicht den nachgemachten Schinken! Auch den gibt’s seit Jahrzehnten. Soeben hat die Lebensmittelüberwachung Mecklenburg-Vorpommern mitgeteilt, dass nur ein Viertel der Schinkenproben in der Gastronomie in Ordnung waren. Schinken wird aus allerlei Fleischteilchen und Soja mit Hilfe von Transglutaminasen zusammengeleimt und mit Bindemitteln und Wasser aufs Verkaufsgewicht gebracht. Echt ist wenigstens der Spargel, denn den kann man noch nicht synthetisch herstellen, da wird nur beim Etikett manipuliert.
Literatur:
Vilgis T: Die Molekül-Küche. Hirzel, Stuttgart 2005
This-Benckhard H: Rätsel der Kochkunst. Springer, Heidelberg 1996
Ternes W: Naturwissenschaftliche Grundlagen der Lebensmittelzubereitung. Behr’s, Hamburg 2008
Anon.: Zulässige Bezeichnung "Sauce à la Hollandaise" für ein Produkt mit Pflanzenfett. Gordian 1990; 90: 16
Krüger A: Landesüberwachungsprogramm 2008 ergab: Schinken oft Schinkenimitat. Pressemitteilung des Landesamtes für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei, Mecklenburg-Vorpommern vom 31.3.2009
Zunächst wird ja das Eigelb erwärmt, bis sich die "Rose des Eigelbs" bildet. Was meinen die Köche damit? Das ist der Punkt, an dem das Eigelb seine maximale Bindefähigkeit erreicht. Der Koch prüft das mit dem Löffeltest: Er bläst auf das warme Eigelb. Das bildet nun ein Muster, das ein wenig an eine geöffnete Rosenblüte erinnert, auf die man von oben draufschaut. Ein Thermometer ersetzt diesen Test nicht, weil die optimale Temperatur von der Rezeptur abhängt. Ist Zucker drin, ist sie höher, in Gegenwart von Alkohol sinkt das Temperaturoptimum.
In manchen Kochbüchern wird empfohlen, kalte Butterflocken zu nehmen. Warum das? Die Soße wird umso zähflüssiger, umso stabiler, je kleiner die Fetttröpfchen sind, die eingerührt werden. Eiskalte Butter schmilzt langsam ab, dadurch gelangt immer nur wenig Fett in die Masse. Flüssige Butter bildet große Tropfen. Natürlich funktioniert auch das – aber Sie brauchen dann mehr Kraft und Zeit fürs Schlagen. Manche nehmen sogar ganz bewusst geklärte Butter, weil dann die Soße glänzt.
Was mache ich, wenn sich die Masse trennt oder gar Klümpchen bildet? Runter vom Herd und etwas abkühlen lassen. Vielleicht stimmt das Verhältnis von Wasser zu Fett nicht mehr, weil es beim Schlagen mit dem Schneebesen verdampft ist. Wenn sich die Masse wider Erwarten trennt, vom Herd nehmen, etwas abkühlen lassen und einen Esslöffel warmes Wasser zugeben – und dann wieder kräftig mit dem Schneebesen rühren. Wenn sie schon anfängt zu gerinnen und sich Klümpchen bilden, schnell abkühlen, etwas kaltes Wasser zugeben und ab in den Mixer. Manchmal hilft das.
Die Sauce hollandaise ist Zeichen einer gehobenen Küche. Wie kriegen das die personalarmen Kantinen hin? Die nehmen billige Fertigsoßen aus dem Tetrapak. Diese Mixturen überstehen unbeschadet alle Hitzebelastungen und sonstigen Unwägbarkeiten einer ebenso schnellen wie ahnungslosen Küche. Außerdem sind sie ewig haltbar. Statt Butter ist Pflanzenfett drin, die Eier werden teilweise durch Emulgatoren ersetzt. Cremigkeit und Mundgefühl werden mit Wasser und Hydrocolloiden reguliert. Den Rest besorgen Farbstoffe, Aromen und Geschmacksverstärker.
Das ist doch Betrug! Die Branche sah das anders und prozessierte fleißig mit der Lebensmittelüberwachung. Ergebnis: Das Imitat darf als "Sauce à la hollandaise" verkauft werden. Aber ich habe oft genug gesehen, dass sich Anbieter im gastronomischen Sektor einen feuchten Wischlappen für das "à la" interessierten. Die verteidigen ihr Imitat auch noch als "cholesterinarm".
Ist das der nächste Skandal nach dem nachgemachten Pizzakäse? Den falschen Pizzakäse gibt es seit 40 Jahren, und die nachgemachte Hollandaise seit über 20 Jahren. Und vergessen Sie beim Spargelessen nicht den nachgemachten Schinken! Auch den gibt’s seit Jahrzehnten. Soeben hat die Lebensmittelüberwachung Mecklenburg-Vorpommern mitgeteilt, dass nur ein Viertel der Schinkenproben in der Gastronomie in Ordnung waren. Schinken wird aus allerlei Fleischteilchen und Soja mit Hilfe von Transglutaminasen zusammengeleimt und mit Bindemitteln und Wasser aufs Verkaufsgewicht gebracht. Echt ist wenigstens der Spargel, denn den kann man noch nicht synthetisch herstellen, da wird nur beim Etikett manipuliert.
Literatur:
Vilgis T: Die Molekül-Küche. Hirzel, Stuttgart 2005
This-Benckhard H: Rätsel der Kochkunst. Springer, Heidelberg 1996
Ternes W: Naturwissenschaftliche Grundlagen der Lebensmittelzubereitung. Behr’s, Hamburg 2008
Anon.: Zulässige Bezeichnung "Sauce à la Hollandaise" für ein Produkt mit Pflanzenfett. Gordian 1990; 90: 16
Krüger A: Landesüberwachungsprogramm 2008 ergab: Schinken oft Schinkenimitat. Pressemitteilung des Landesamtes für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei, Mecklenburg-Vorpommern vom 31.3.2009