Wie Phönix aus der Asche

Von Jutta Schwengsbier |
Der Künstler Franz Zucht versucht in seinen Werken mythologische Zeichnungen aus mehreren Jahrtausenden Kulturgeschichte in einem Bild zu vereinen. Er stellt Altes und Gegenwärtiges in einen Zusammenhang und widerlegt mit seinen Bildern die These vom Tod der Malerei.
Australien und die 50.000 Jahre alte Kunst der Aboriginies haben es Frank Zucht angetan. Seine Figuren sind immer nur in Umrissen zu erkennen, eindimensional, ohne räumliche Bezugspunkte, mit schrill gefärbtem Hintergrund. Bei ihm fliegen Fische über stets rennende Menschen. Seine Sphinx gleicht einem Menschenkopf, hat aber ein Löwengesicht.

"Wenn wir zum Beispiel den Fisch sehen (...) dann findet sich diese Symbol als christliches Symbol, als Zeichen der ersten Christen, (..) es findet sich in der Psychologie von Sigmund Freud, es taucht aber auch in altägyptischen Zeichnungen auf. Es ist eigentlich ein universelles Prinzip. (...) Das ist etwas, was ich als aktuell bei diesen Figuren empfinde, weil sie in der Lage sind, auch Inhalte wechseln zu können. Einerseits bezieht man sich (...) dann natürlich auf alte Kulturen. Auf der anderen Seite, (...) stellt sich automatisch der Zusammenhang zu (...) der Zeit, in der ich lebe, her."

Auf Tischen stehen meterlange Reihen mit großen Farbtöpfen. Bilderleinwände sind im Dutzend bis an die Decke gestapelt. Mitten im Raum sind die Sitzbänke eines alten Zugabteils aufgebockt und eine Schaukel für seine Zwillingstöchter schwebt frei von der Decke. Die Atelierwohnung von Frank Zucht in der Kunstfabrik in Berlin gleicht selbst einer Kunstinstallation.

"Wenn man Kunst studieren will, dann gehört sicherlich ein starker Wille dazu. Der Wunsch einfach mich äußern zu können über Zeichnungen und über Malerei war so stark, dass ich dachte, dass ich die Entbehrungen in Kauf nehmen muss. Und diesen Weg einfach gehen muss."

Frank Zucht gab seine gesicherte Laufbahn als Elektroniker auf und studierte an der Kunstakademie in Karlsruhe.

"Einerseits ist es natürlich so, dass man als Maler erstmal anfängt eine Freude zu empfinden, wenn man zeichnet und malt und dann geht man zur Kunsthochschule und kriegt plötzlich die ganze Theorie und es wird einem sozusagen die Jungfräulichkeit genommen. Weil dort dann auch die Arbeit besprochen (...) und reflektiert wird. Das Wahrnehmen der Kunstgeschichte hat mich eigentlich auch dazu gebracht, abstrakter zu werden. Und die Figuren, die ich vorher gezeichnet habe, haben sich stilistisch verändert."

Zu DDR Zeiten war die heutige Kunstfabrik ein Maschinenbaukombinat.

Von der Treuhand zunächst nur als Zwischenmieter gedacht, begannen die Künstler um Frank Zucht das Gebäude zu renovieren, in den großen Räumen und Hallen immer mehr Ateliers einzurichten. Malerei, Grafik, Skulptur, multimediale Werke, Installationen. Die Kunstfabrik ist inzwischen eines der größten und variantenreichsten Atelierhäuser Europas.

"Während meiner Studienzeit, da gab es noch große Unterschiede und Auseinandersetzungen um Abstraktion oder Figuration. (...) Heute würde sich kein Künstler darüber streiten, ob abstrakte Kunst eben einen höheren Wert hat oder näher am Zeitgeist wäre, als figurative Kunst. Diese Elemente werden einfach benutzt. Gleichzeitig habe ich mich früher oft mit Leuten gestritten, die mehr im multimedialen Bereich arbeiten, die gesagt haben, die Malerei wäre tot. (...) Ich versuche alles was es an Stilen und Epochen gab, mittlerweile abzuschneiden und versuche nur das zu machen, was mein eigentlicher Ausdruck ist."

Seine Figuren ähneln archaischen Höhlenbildern. Er versucht mythologische Zeichnungen aus mehreren Jahrtausenden Kulturgeschichte in einem Bild zu vereinen. Engel, Sphinx oder Satyr - wie Scherenschnitte losgelöst von Zeit und Raum.

"Ich denke, das ist in vielen älteren Kulturen vorhanden, wo das Individuum nicht so eine große Rolle spielt, sondern Gemeinschaft. Wo sich Wissen über Generationen fortsetzt. (...) Mich interessiert eigentlich ein historisch gemeinschaftliches Wissen, das ich aufrechterhalten und weiter entwickeln möchte."

Wir ertrinken nicht, wir winken nur. "Not Drowning, Waving": Der Name seiner Lieblingsband aus australischen Musikern und traditionellen Künstlern aus Papua Neuguinea ist auch für Frank Zucht Programm.

"Es ist eigentlich auch mit dem Bandtitel ein ironischer Kommentar gegen die etwas eurozentristische Sicht, das man immer glaubt, andere Kulturen, die sind am untergehen, nur weil sie vielleicht nicht mehr so primitiv sind, wie man sie gerne hätte."

Frank Zucht will mit seiner tot gesagten Malerei wie Phönix aus der Asche wieder auferstehen - schöner als je zuvor.