"Wie Püppchen formen"
Opernsänger, Geiger und Cellisten: Russland bringt wie einst zu Sowjetzeiten jede Menge Talente hervor. Hauptgrund ist nach wie vor die musikalische Früherziehung. Mehr als 5000 Musikschulen gibt es landesweit.
Die Musikschule im Moskauer Zentrum genießt in der Stadt einen hervorragenden Ruf. Das rote Backsteingebäude trägt den Namen des russischen Komponisten Anatol Ladow. Für westliche Ohren klingt der Unterricht sehr nach militärischem Drill. Verzärtelungen haben im russischen System keinen Platz.
Das Ausbildungsprinzip hat sich seit der Gründung der Schule vor genau 80 Jahren kaum geändert. Musikpädagoginnen durchstreifen Jahr für Jahr die Kindergärten, auf der Suche nach talentiertem Nachwuchs und versuchen die Eltern zu überzeugen, die Kinder in ihre Obhut zu geben. Am besten noch vor der Einschulung, sagt Olga Lebedewa, eine von 79 Lehrerinnen:
"Also, man muss schon frühzeitig anfangen, damit sie die Finger richtig halten können. Zu uns kommen die ganz Kleinen - Fünf- bis Sechsjährige-, direkt aus dem Kindergarten. Sie werden auf diese kleinen Stühlchen da gesetzt, und hier werden sie quasi von uns geformt: wie so ein Püppchen aus Knetmasse - ihre kleinen Ellbogen, ihre Fingerchen - alles wird richtiggehend geformt."
Grigorj ist 13 Jahre alt, mit hochrotem Kopf bearbeitet er sein Cello, lässt sich von der scharfen Kritik seiner Lehrerin nicht verunsichern. Er gilt als Talent, hat zwei- bis dreimal wöchentlich eine Stunde Einzelunterricht. Fußballspielen, mit Freunden treffen, dafür bleibt nur wenig Zeit. Aber das ist ihm egal. Er ist seit fünf Jahren dabei und kann sich gut vorstellen, auch sein weiteres Leben dem Cellospiel zu widmen:
"Ja, ich denke schon darüber nach, Musiker zu werden. Es ist bis jetzt noch nicht ganz ernst gemeint, aber … ich mag das Instrument. Es klingt wunderbar, und ich kann damit auf einer Bühne spielen."
Zurzeit bereitet ihn seine Lehrerin auf ein Schulkonzert vor, das erfordert viel Disziplin und – zumindest für den Schüler – starke Nerven. Immer wieder unterbricht Olga Lebedewa ihren Schüler – streng und unnachgiebig. Jede Passage wird so lange geübt, bis sie sitzt.
Olga Lebedewa: "Er spielt eigentlich ein sehr schwieriges Programm, aber meiner professionellen Meinung nach fehlt es noch an Qualität."
Das Ausbildungsprinzip hat sich seit der Gründung der Schule vor genau 80 Jahren kaum geändert. Musikpädagoginnen durchstreifen Jahr für Jahr die Kindergärten, auf der Suche nach talentiertem Nachwuchs und versuchen die Eltern zu überzeugen, die Kinder in ihre Obhut zu geben. Am besten noch vor der Einschulung, sagt Olga Lebedewa, eine von 79 Lehrerinnen:
"Also, man muss schon frühzeitig anfangen, damit sie die Finger richtig halten können. Zu uns kommen die ganz Kleinen - Fünf- bis Sechsjährige-, direkt aus dem Kindergarten. Sie werden auf diese kleinen Stühlchen da gesetzt, und hier werden sie quasi von uns geformt: wie so ein Püppchen aus Knetmasse - ihre kleinen Ellbogen, ihre Fingerchen - alles wird richtiggehend geformt."
Grigorj ist 13 Jahre alt, mit hochrotem Kopf bearbeitet er sein Cello, lässt sich von der scharfen Kritik seiner Lehrerin nicht verunsichern. Er gilt als Talent, hat zwei- bis dreimal wöchentlich eine Stunde Einzelunterricht. Fußballspielen, mit Freunden treffen, dafür bleibt nur wenig Zeit. Aber das ist ihm egal. Er ist seit fünf Jahren dabei und kann sich gut vorstellen, auch sein weiteres Leben dem Cellospiel zu widmen:
"Ja, ich denke schon darüber nach, Musiker zu werden. Es ist bis jetzt noch nicht ganz ernst gemeint, aber … ich mag das Instrument. Es klingt wunderbar, und ich kann damit auf einer Bühne spielen."
Zurzeit bereitet ihn seine Lehrerin auf ein Schulkonzert vor, das erfordert viel Disziplin und – zumindest für den Schüler – starke Nerven. Immer wieder unterbricht Olga Lebedewa ihren Schüler – streng und unnachgiebig. Jede Passage wird so lange geübt, bis sie sitzt.
Olga Lebedewa: "Er spielt eigentlich ein sehr schwieriges Programm, aber meiner professionellen Meinung nach fehlt es noch an Qualität."
Damit sie intelligentere Menschen werden
Die 530 Schüler hier lernen nicht nur ein Instrument. Für umgerechnet rund fünf Euro im Monat wird den Jungen und Mädchen, wohlgemerkt in ihrer Freizeit, Musiktheorie und Praxis nahegebracht. Sie lernen Akkorde, Tonfolgen, und Musikstile kennen. Eine Ausbildung für künftige Berufsmusiker, aber auch einfach, um den Horizont zu erweitern. Und wie Olga Lebedewa, stolz sagt, damit sie intelligentere Menschen werden:
"Sie hören die Musik, und sie verstehen sie: 'Das war Glinka‘ oder ´Das war 'Die Ode an die Freude‘ von Beethoven` und ‚Ich kenne die Musik‘! Glauben Sie mir, es ist sehr wichtig, ein kultureller Mensch zu werden!"
Neben dem Cello lernt Grigori, und nicht nur er, natürlich auch noch Klavierspielen. Nur so, ist Olga Lebedewa überzeugt, ist es möglich, den hohen Standard zu halten, der russische Künstler weltweit so bekannt gemacht hat.
"Ich kann mir nicht vorstellen, wer sonst noch sein Fachgebiet so sorgfältig erforscht - vielleicht die Chirurgen, die operieren müssen, und dafür verantwortlich sind. Jeder Musiker muss so viel studieren; von sechs bis 12 Jahren – in der Schule, dann vier Jahre Fachschule und dann fünf Jahre Konservatorium, also die Ausbildung ist gründlich und gut. Und wir haben viele gute Musiker -das ist wahr! Die sind unser Schatz und ich hoffe, das es auch weiterhin so bleibt."
Olga Rostropowitsch, Tochter des weltbekannten Cellisten, leitet seit Jahren eine Stiftung zur Förderung von musikalischen Nachwuchstalenten. Aus ihrer Sicht ist in den vergangenen Jahren vieles schwieriger geworden. Wollten in Sowjetzeiten Kinder und Jugendliche einfach nur Musik studieren, gebe es heute einfach viel mehr Möglichkeiten, seine Freizeit zu verbringen. Und noch etwas hat sich verändert:
"Heute haben wir die Situation, dass wir oft auf diese ‚Stage Parents‘ treffen, die ihre Kinder antreiben und antreiben, für die es spannend ist, ins Ausland zu fahren … Es ist sehr, sehr schwierig, weil die Schüler reisen, anstatt ihr Repertoire und die Grundlagen zu lernen. Das ist nicht gut."
Sie hofft, dass sich an dem althergebrachten System auch künftig nichts ändert. Diskussionen gebe es immer mal wieder, Sparmaßnahmen und moderne Vorstellungen von Kindererziehung könnten irgendwann auch die musikalische Früherziehung nach sowjetischem Vorbild bedrohen.
"Das ist das beste, was wir je hatten. Wissen Sie, wir hatten viele gute Sachen, aber das war wirklich großartig. Unsere Ausbildung, unsere Künstler, wissen Sie, Oistrach, Rostropowitsch, das ist unglaublich, eine unglaubliche Gruppe außergewöhnlicher Menschen, also warum sollte man das ändern?"
Grigori jedenfalls ist wild entschlossen, die harte Ausbildung zu durchlaufen. Und irgendwann einmal vielleicht ein weltberühmter Cellist zu werden. Bis jetzt, so findet seine Musikschullehrerin, reicht es noch nicht, auch wenn es in nichtprofessionellen Ohren eigentlich schon ganz gut klingt.
"Sie hören die Musik, und sie verstehen sie: 'Das war Glinka‘ oder ´Das war 'Die Ode an die Freude‘ von Beethoven` und ‚Ich kenne die Musik‘! Glauben Sie mir, es ist sehr wichtig, ein kultureller Mensch zu werden!"
Neben dem Cello lernt Grigori, und nicht nur er, natürlich auch noch Klavierspielen. Nur so, ist Olga Lebedewa überzeugt, ist es möglich, den hohen Standard zu halten, der russische Künstler weltweit so bekannt gemacht hat.
"Ich kann mir nicht vorstellen, wer sonst noch sein Fachgebiet so sorgfältig erforscht - vielleicht die Chirurgen, die operieren müssen, und dafür verantwortlich sind. Jeder Musiker muss so viel studieren; von sechs bis 12 Jahren – in der Schule, dann vier Jahre Fachschule und dann fünf Jahre Konservatorium, also die Ausbildung ist gründlich und gut. Und wir haben viele gute Musiker -das ist wahr! Die sind unser Schatz und ich hoffe, das es auch weiterhin so bleibt."
Olga Rostropowitsch, Tochter des weltbekannten Cellisten, leitet seit Jahren eine Stiftung zur Förderung von musikalischen Nachwuchstalenten. Aus ihrer Sicht ist in den vergangenen Jahren vieles schwieriger geworden. Wollten in Sowjetzeiten Kinder und Jugendliche einfach nur Musik studieren, gebe es heute einfach viel mehr Möglichkeiten, seine Freizeit zu verbringen. Und noch etwas hat sich verändert:
"Heute haben wir die Situation, dass wir oft auf diese ‚Stage Parents‘ treffen, die ihre Kinder antreiben und antreiben, für die es spannend ist, ins Ausland zu fahren … Es ist sehr, sehr schwierig, weil die Schüler reisen, anstatt ihr Repertoire und die Grundlagen zu lernen. Das ist nicht gut."
Sie hofft, dass sich an dem althergebrachten System auch künftig nichts ändert. Diskussionen gebe es immer mal wieder, Sparmaßnahmen und moderne Vorstellungen von Kindererziehung könnten irgendwann auch die musikalische Früherziehung nach sowjetischem Vorbild bedrohen.
"Das ist das beste, was wir je hatten. Wissen Sie, wir hatten viele gute Sachen, aber das war wirklich großartig. Unsere Ausbildung, unsere Künstler, wissen Sie, Oistrach, Rostropowitsch, das ist unglaublich, eine unglaubliche Gruppe außergewöhnlicher Menschen, also warum sollte man das ändern?"
Grigori jedenfalls ist wild entschlossen, die harte Ausbildung zu durchlaufen. Und irgendwann einmal vielleicht ein weltberühmter Cellist zu werden. Bis jetzt, so findet seine Musikschullehrerin, reicht es noch nicht, auch wenn es in nichtprofessionellen Ohren eigentlich schon ganz gut klingt.