Albrecht von Lucke, 1967 geboren, ist Jurist und Politikwissenschaftler sowie politischer Publizist. Seit 2003 ist er Redakteur der politischen Monatszeitschrift "Blätter für deutsche und internationale Politik".
"Wir müssen parlamentarisch fair bleiben"
Polizisten haben zwei AfD-Abgeordnete in Stuttgart aus dem Landtag geführt. Beide hatten sich ungebührlich verhalten. Der Publizist Albrecht von Lucke rät den anderen Parteien, sich nicht provozieren zu lassen.
Erneut sind AfD-Politiker unangenehm aufgefallen: Die baden-württembergischen AfD-Politiker Stefan Räpple und Wolfgang Gedeon wurden bei der Landtagssitzung am 12. Dezember des Saales verwiesen und mussten mit Polizei-Hilfe hinausbegleitet werden, weil sie den Saal nicht freiwillig verlassen wollten. Gedeon hatte der türkischstämmigen Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne)vorgeworfen, sie boykottiere die Demokratie – so wie es in der Türkei geschehe.
Ein weiterer Aufreger in einer langen Reihe von fragwürdigen Vorkommnissen mit AfD-Politikern. Dennoch rät der Publizist Albrecht von Lucke den anderen Parteien, kühlen Kopf zu bewahren und sich an parlamentarische Gepflogenheiten zu halten.
Dazu gehöre auch, die Wahl der AfD-Politikerin Mariana Harder-Kühnel zur Vizepräsidentin des Bundestags nicht länger zu blockieren, sagte er im Deutschlandfunk Kultur: "Weil ich der Meinung bin, man sollte sich nicht Konflikten aussetzen, die parlamentarisch angreifbar sind. Es ist die stärkste Oppositionskraft, die AfD ist von sechs Millionen Menschen gewählt worden. Wir müssen dem auch erstmal die Achtung und den gebührenden demokratischen Respekt entgegenbringen." Alle übrigen Parteien müssten "parlamentarisch fair" bleiben.
AfD-Strategie zur Vizepräsidentenwahl: unauffällig bleiben
Die Juristin Harder-Kühnel sei bislang, im Gegensatz zu ihrem Parteikollegen Albrecht Glaser (der von der AfD zunächst für das Amt vorgeschlagen worden war), nicht durch scharfe Hetzreden aufgefallen. Das entspreche der Strategie der AfD: eine unauffälligere Politikerin aus ihren Reihen für das Amt der Vizepräsidentin ins Gespräch zu bringen.
Die Geschichte des Parlaments zeige, dass es taktisch nicht klug sei, einzelne Parteien oder Politiker zu sehr ins Abseits zu drängen – denn "das war immer Munition, um den Opferstatus zu festigen".
Mit Blick auf die Ereignisse im baden-württembergischen Landtag sagte von Lucke, es dürfe im Parlament ruhig auch mal etwas deutlicher zur Sache gehen: "Man muss sich jedoch auch fragen, inwieweit die Gegenseite mit dem immer gleichen Vorwurf 'Das sind alles Nazis' nicht auch sehr hart vorgeht. Wenn wir uns darüber ereifern, dass die SPD von der AfD als 'rote Terroristen' bezeichnet wird, ist natürlich auch diese Aussage, dass die Gegner eigentlich nur die Nachgeborenen der Nazis sind, ein maximaler Vorwurf."
Das Parteiausschlussverfahren gegen Wolfgang Gedeon und nun auch gegen Stefan Räpple wegen parteischädigender Äußerungen zeige allerdings, dass es in der AfD durchaus Angst vor einem Verfassungsschutzverfahren gebe, betonte von Lucke.
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