Wieder Streik bei der Bahn

"Es ist nicht so, dass Lokführer prekär beschäftigt wären"

05:58 Minuten
Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), spricht auf einer Kundgebung vor dem Dresdner Hauptbahnhof zu Mitgliedern der GDL.
GDL-Chef Claus Weselsky präsentiere sich als "harter Hund" und wolle das Überleben der Gewerkschaft sichern, sagt Stefan Kuzmany. © picture alliance / dpa / Sebastian Kahnert
Stefan Kuzmany im Gespräch mit Anke Schaefer |
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Mit einem weiteren Streik will die GDL ihre Forderungen gegenüber der Bahn durchsetzen. Es gehe hier eher um die Macht und das Schicksal der Gewerkschaft statt um Geld, meint Stefan Kuzmany vom "Spiegel".
Es ist der dritte Streik bei der Deutschen Bahn in Folge: Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat ihre Mitglieder dazu aufgerufen, vom 1. bis 7. September die Arbeit erneut niederzulegen. GDL-Chef Claus Weselsky ist der Auffassung, dass daran kein Weg vorbeiführe, nachdem die vorangegangenen Streiks über jeweils 48 Stunden nichts gebracht hätten.
Porträt von Stefan Kuzmany vor einem weissen Hintergrund
Der "Spiegel"-Journalist Stefan Kuzmany © privat
Er habe grundsätzlich "große Sympathie" dafür, wenn Arbeitnehmer für höhere Löhne streiten, sagt "Spiegel"-Redakteur Stefan Kuzmany. "Ich bin aber in diesem Fall tatsächlich eher der Auffassung, dass es hier um das Schicksal der GDL geht und dass sie an einer ernsthaften und zügigen Lösung des Konflikts gar nicht so sehr interessiert ist."
Hintergrund ist das Tarifeinheitsgesetz, wonach bei einem Unternehmen die Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern den Vertretungsanspruch hat. Dagegen wehre sich die GDL "mit Händen und Füßen", so Kuzmany. Ihr steht bei der Bahn die größere EVG gegenüber.

Weselsky will das Überleben der GDL sichern

GDL-Chef Claus Weselsky präsentiere sich als "harter Hund" und mache aus seiner eigenen Sicht "alles richtig", sagt der Journalist. "Er garantiert natürlich so – oder versucht zumindest zu garantieren – das Überleben seiner Gewerkschaft zu sichern." Weselsky fordert für die Mitglieder unter anderem 3,2 Prozent mehr Geld über 28 Monate und eine Corona-Prämie von 600 Euro. Die Bahn will eine längere Laufzeit und über die Prämie verhandeln.
"Ich will nicht sagen, dass nicht jeder auch ein bisschen mehr verdienen soll", unterstreicht Kuzmany. "Aber es ist jetzt nicht so, dass die Lokführer prekär beschäftigt wären – im Vergleich mit anderen Arbeitnehmern." Der Journalist geht davon aus, dass die Bahn der GDL entgegenkommen wird, wenn auch nicht so weit, wie Weselsky sich das wünsche:
"Gesamtgesellschaftlich ist der Schaden größer, wenn die Bahn jetzt immer wieder und dauerhaft nicht fährt." Beispielsweise seien die Züge nach einem Streik immer sehr voll, was gerade in der Pandemie "keine so schöne Situation" sei, sagt Kuzmany. "Ich würde da schon für eine Einigung plädieren."
(bth)

Stefan Kuzmany leitet den Bereich Meinung und Debatte beim Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Zuvor war er Redakteur bei der taz, dann ab 2010 bei Spiegel Online.

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