Wiederauferstehung einer Totgeglaubten

Von Anja Herr |
Tuberkulose - wie ein Schreckgespenst wütete diese Lungenkrankheit im 19. Jahrhundert unter den städtischen Armen der industriellen Revolution. Im Jahre 1815 starb in England jeder Vierte an der Schwindsucht, wie die Tuberkulose damals genannt wurde.
Es war der Mediziner Robert Koch, der der Krankheit schließlich auf den Grund ging: 1882 entdeckte er das Mycobakterium Tuberkulosis. Ein Meilenstein im Kampf gegen die gefürchtete Lungenkrankheit. Koch bekam dafür den Nobelpreis. Bald war dann auch ein Impfstoff gegen Tuberkulose entwickelt, und 1946 wurde das erste Antibiotikum eingesetzt.

Ende der 50er Jahre hielt man die Tuberkulose in Europa für besiegt. Doch seit den 90ern ist die Krankheit wieder auf dem Vormarsch. Mit der Auflösung der Sowjetunion brach dort auch das Gesundheitssystem zusammen. So hat sich in den Ländern der ehemaligen UDSSR die Zahl der Tuberkulose-Fälle in den letzten zehn Jahren verdoppelt, und aus Osteuropa breiten sich die Erreger auch in Richtung Westen aus. Die Schwindsucht scheint zurückzukehren. Nicht ohne Grund erklärte die Weltgesundheitsorganisation WHO vor zehn Jahren den 24. März zum Welttuberkulosetag.

Problematisch ist vor allem, dass sich zunehmend Tuberkulose-Erreger ausbilden, die gegen einige Medikamente resistent sind. Dieses Jahr tauchte in Südafrika erstmals der Erreger XDR auf. Er ist nicht nur gegen vier übliche Antibiotika, sondern noch gegen zwei weitere Wirkstoffklassen gefeit. Wer sich damit infiziert hat, ist nur sehr schwer zu behandeln. Auch in den USA und in Lettland wurde dieser Erreger nun nachgewiesen.

Etwa ein Drittel der Weltbevölkerung ist derzeit mit Tuberkulose infiziert, bei fünf bis zehn Prozent der Infizierten bricht die Krankheit aus. Das sind jährlich etwa acht Millionen Menschen. In Deutschland waren im letzten Jahr 6500 Tuberkulosekranke gemeldet.

Besonders verbreitet ist die Krankheit aber in Ländern der so genannten Dritten Welt. In Afrika ist die Tuberkulose neben Aids die häufigste Todesursache. Das liegt auch daran, dass die beiden Krankheiten eng miteinander verknüpft sind. Bei Tuberkulose-Infizierten, die zusätzlich das Aids-Virus in sich tragen, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Tuberkulosekrankheit ausbricht. In vielen Ländern hat die Aids-Epidemie also die Rückkehr der Tuberkulose verstärkt. Beide Krankheiten treten vor allem bei den Bewohnern von Metropolen-Slums auf. Hier leben die Menschen heute unter ähnlich schlechten Bedingungen wie einst die verarmten Bewohner der englischen Industriestädte.