Wiedergeburtshelfer der russisch-orthodoxen Kirche
Es sei die Gunst der historischen Stunde gewesen, die dem Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche, Alexij II., soviel Ansehen verschafft habe, meint der Theologe Thomas Bremer. In seiner Amtszeit konnte die Kirche nach der Perestroika wieder aufblühen. Der 79-Jährige verstarb am 5. Dezember. Er wurde heute in Moskau beerdigt. Zehntausende nahmen von ihm Abschied.
Als Alexij II. 1950 zum Priester geweiht wurde, regierte noch Stalin. Seine ersten Amtsjahre als Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche fielen in die Umbruchsjahre ab 1990. Und als es die Sowjetunion nicht mehr gab, lernten Gorbatschow, Jelzin und Putin bei ihm wieder, sich rechtgläubig zu bekreuzigen und die brennende Kerze in der Kirche in der "richtigen" Hand zu halten.
Deutschlandradio Kultur sprach über die Bedeutung dieses Kirchenfürsten mit dem Theologen Prof. Thomas Bremer vom ökumenischen Institut in Münster. Lesen Sie hier einen Ausschnitt aus dem Gespräch:
Ulrike Timm: Gewürdigt wird Alexij II. als eine Art Wiedergeburtshelfer der russisch-orthodoxen Kirche, er habe ihr zu neuem Glanz und Einfluss verholfen, ist das seine wichtigste Leistung?
Thomas Bremer: Das ist natürlich nicht allein seine Leistung, sondern verdankt sich den historischen Umständen, für die er persönlich nicht soviel kann. Mit der Perestroika unter Gorbatschow seit Mitte der 80er Jahre ist eine neue Epoche für die Kirche in Russland angebrochen. Die Verfolgung hörte auf. Viele Menschen konnten sich wieder auf Religion und Kirche zurückbesinnen. Und das führte zu einem großen Aufbruch in der orthodoxen Kirche. Viele Kirchen wurden neu gebaut, viele Gebäude wurden der Kirche zurückgegeben, viele Klöster sind entstanden, viele Männer haben sich zu Priestern ausbilden und weihen lassen und die Kirche hat ein großes Wachstum hinter sich, auch große Anerkennung, und das fällt eben in die Zeit, in der Alexij Patriarch gewesen ist.
(...)
Ulrike Timm: Die Moralvorstellungen von Alexij II. waren erzkonservativ, Homosexualität eine Krankheit, Darwins Evolutionstheorie schlicht eine Irrlehre, von Ökumene hielt er auch nicht viel, warum hat sich die russisch-orthodoxe Kirche so abgeschottet, dass selbst der katholische Papst – der ja nun wirklich nicht für progressives Denken steht – als "Feind" gesehen wurde? Gorbatschow musste ihn ja wieder ausladen, das hat Alexij II. so bestimmt. Wie erklären Sie das?
Thomas Bremer: (…) Das hängt ein bisschen damit zusammen, dass es in der Orthodoxie, auch auf Grund der historischen Umstände, ein ungeklärtes Verhältnis zur Moderne gibt. Was die Beziehungen zur katholischen Kirche betrifft in Russland, da gibt es auch historische Gründe und Belastungen dafür. Das hängt glaub ich sehr stark mit der Person des früheren, des verstorbenen Papstes, Johannes Paul II., der eben auch Pole war, zusammen. Die katholische Kirche wird in Russland oft als polnische Kirche wahrgenommen, der man vermeintliche Expansionsbestrebungen unterstellt hat. (…) Die Beziehungen zur katholischen Kirche seit 2005, seit der Wahl von Benedikt XVI., sind viel positiver und besser.
Ulrike Timm: Als Interimsnachfolger von Alexij II. wurde Metropolit Kirill auserkoren. Wofür steht er?
Thomas Bremer: Metropolit Kirill war der "Außenminister" der Kirche, er war der Leiter des Amtes für auswärtige Beziehungen, war damit auch für ökumenische Beziehungen zuständig, ist mit 62 Jahren unter den hohen Hierarchen einer der relativ jüngeren, ist sehr viel gereist, hat sehr viele Kontakte in den Westen gehabt, war auch eine zeitlang Vertreter der russischen Kirche beim Weltkirchenrat in Genf und ist im höheren Klerus der russisch-orthodoxen Kirche gehört er zu den relativ Gemäßigten, wenn man das so vorsichtig sagen kann.
Sie können das vollständige Gespräch mindestens bis zum 9.4.09 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.
Deutschlandradio Kultur sprach über die Bedeutung dieses Kirchenfürsten mit dem Theologen Prof. Thomas Bremer vom ökumenischen Institut in Münster. Lesen Sie hier einen Ausschnitt aus dem Gespräch:
Ulrike Timm: Gewürdigt wird Alexij II. als eine Art Wiedergeburtshelfer der russisch-orthodoxen Kirche, er habe ihr zu neuem Glanz und Einfluss verholfen, ist das seine wichtigste Leistung?
Thomas Bremer: Das ist natürlich nicht allein seine Leistung, sondern verdankt sich den historischen Umständen, für die er persönlich nicht soviel kann. Mit der Perestroika unter Gorbatschow seit Mitte der 80er Jahre ist eine neue Epoche für die Kirche in Russland angebrochen. Die Verfolgung hörte auf. Viele Menschen konnten sich wieder auf Religion und Kirche zurückbesinnen. Und das führte zu einem großen Aufbruch in der orthodoxen Kirche. Viele Kirchen wurden neu gebaut, viele Gebäude wurden der Kirche zurückgegeben, viele Klöster sind entstanden, viele Männer haben sich zu Priestern ausbilden und weihen lassen und die Kirche hat ein großes Wachstum hinter sich, auch große Anerkennung, und das fällt eben in die Zeit, in der Alexij Patriarch gewesen ist.
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Ulrike Timm: Die Moralvorstellungen von Alexij II. waren erzkonservativ, Homosexualität eine Krankheit, Darwins Evolutionstheorie schlicht eine Irrlehre, von Ökumene hielt er auch nicht viel, warum hat sich die russisch-orthodoxe Kirche so abgeschottet, dass selbst der katholische Papst – der ja nun wirklich nicht für progressives Denken steht – als "Feind" gesehen wurde? Gorbatschow musste ihn ja wieder ausladen, das hat Alexij II. so bestimmt. Wie erklären Sie das?
Thomas Bremer: (…) Das hängt ein bisschen damit zusammen, dass es in der Orthodoxie, auch auf Grund der historischen Umstände, ein ungeklärtes Verhältnis zur Moderne gibt. Was die Beziehungen zur katholischen Kirche betrifft in Russland, da gibt es auch historische Gründe und Belastungen dafür. Das hängt glaub ich sehr stark mit der Person des früheren, des verstorbenen Papstes, Johannes Paul II., der eben auch Pole war, zusammen. Die katholische Kirche wird in Russland oft als polnische Kirche wahrgenommen, der man vermeintliche Expansionsbestrebungen unterstellt hat. (…) Die Beziehungen zur katholischen Kirche seit 2005, seit der Wahl von Benedikt XVI., sind viel positiver und besser.
Ulrike Timm: Als Interimsnachfolger von Alexij II. wurde Metropolit Kirill auserkoren. Wofür steht er?
Thomas Bremer: Metropolit Kirill war der "Außenminister" der Kirche, er war der Leiter des Amtes für auswärtige Beziehungen, war damit auch für ökumenische Beziehungen zuständig, ist mit 62 Jahren unter den hohen Hierarchen einer der relativ jüngeren, ist sehr viel gereist, hat sehr viele Kontakte in den Westen gehabt, war auch eine zeitlang Vertreter der russischen Kirche beim Weltkirchenrat in Genf und ist im höheren Klerus der russisch-orthodoxen Kirche gehört er zu den relativ Gemäßigten, wenn man das so vorsichtig sagen kann.
Sie können das vollständige Gespräch mindestens bis zum 9.4.09 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.