Wiege des vogtländischen Instrumentenbaus
Rund 100 kleine und mittelständische Instrumentenbaubetriebe gibt es heute wieder in Markneukirchen – ein sanfter Aufschwung nach Umsatzeinbrüchen in den Neunzigerjahren.
Im Musikinstrumenten-Museum geht es weniger um die aktuelle Entwicklung als um einen Blick zurück: Es zeigt, wie der Bau von Instrumenten im 17. Jahrhundert ins Vogtland kam.
Heidrun Eichler: "Wir fangen im Foyer an, wo man begrüßt wird durch die erste Kuriosität, die gestreckte Tuba. Die Besonderheit ist das Schallstück, das über einen Meter im Durchmesser groß ist. Das war ein Meisterstück 1913 von Emil Körner, der es den Turnern von Markneukirchen gegeben hat. Die es auf dem Turn und Sportfest 1928 in Köln durch die Gegend getragen haben und für Markneukirchen geworben haben."
Wer Kuriosa sucht, wird im Museum mehrfach fündig. Da steht bei den Zungeninstrumenten ein mannshohes Akkordeon, gebaut im nahegelegenen Klingenthal für eine englische Artistentruppe. In der Virtrine nebenan sieht man kunstvoll gearbeitete Bandoneons, die die Geburtsstunde des argentinischen Tango akustisch begleitet haben.
Wenige Räume später erklingen mechanische Musikinstrumente, wie dieses Symphonion genannte Plattenspielwerk aus Leipzig. Wer genau hinhört, erkennt Bizets Carmen. Seit 1942 residiert das Musikinstrumenten-Museum Markneukirchen in einem gelb getünchten barocken Bürgerschlösschen. Heidrun Eichler pflegt das Erbe des visionären Museumsvaters Paul Apian-Bennewitz.
Heidrun Eichler: "Er wollte mit diesem Museum eine Lehrstätte schaffen für die einheimischen Instrumentenmacher. Er wollte nicht die vogtländischen Instrumente zeigen, sondern die Instrumente aus anderen Regionen. Schon 1887 hat er über 200 außereuropäische Instrumente hergeholt, das war sein Ziel den Markneukirchnern den Horizont zu erweitern. Man sollte über den Tellerrand hinausschauen..."
In einem Seitenflügel hängen orientalische Instrumente wie die Kemenche. Instrumente aus Schildkrötenpanzern, Bambus, exotischen Hölzern und anderen Materialien. Schneckentrompeten aus der Südsee, Flöten aus Japan, Gongs aus Indonesien. Das war nicht immer so.
Heidrun Eichler: "Da gab es zu DDR Zeiten die Vision, dass das hier nicht reingehört, dieses außereuropäische Zeug, das wollte man irgendwo in die Völkerkunde nach Leipzig bringen. Aber es war das Grundkonzept von Bennewitz, der wollte das haben. Das Mokinxylophon aus Japan ist was ganz typisches für die Oper, ich hatte eine Kollegin aus Tokio hier, die hat gesagt, das gibt es in Japan nicht mehr."
Auf einem Computer kann man sich über den Herkunft und den Klang der einzelnen außereuropäischen Instrumente informieren. Heute ist das Sammelkonzept ein anderes als Ende des 19. Jahrhunderts. Jetzt will man Lücken schließen im einheimischen Instrumentenbau.
Heidrun Eichler: "Hier in der Mitte sehen Sie unsere Schätze: Weißgerber-Instrumente. Richard Jacob war ein Markneukirchner Gitarrenbauer der von 1877 bis 1960 gelebt hat. Diese Instrumente haben nach wie vor einen ansprechenden Klang und ein ansprechendes Äußeres. Wir haben damit gerade eine CD gemacht."
In den Sommermonaten locken Freiluftkonzerte im Innenhof des Museums, Gäste aus den nahegelegenen Kurbädern nach Markneukirchen. Aber Touristen kommen auch aus Tschechien. Heidrun Eichler leitet das Musikinstrumenten-Museum seit 13 Jahren und hat ihr Haus trotz Personal- und Geldmangel weit über die Grenzen Deutschlands bekannt gemacht. Unterstützt wird sie dabei von einem agilen Förderverein. Vor kurzem konnte man in einem Fachwerkhaus schräg gegenüber vom Museum einige neu gestaltete Räume einweihen.
Heidrun Eichler: "Hier gibt es ein Handelskontor und zwei Werkstätten für Zupf- und Bogenbau, Kolophoniumherstellung und Saitenherstellung und wir haben die Möglichkeit Sonderausstellungen zu machen. Das Handelskontor stammt von der Firma G. R. Pfretzschner, die 1834 als Exportfirma in Markneukirchen gegründet wurde die durch den Handel mit den USA reich wurde. Auf der Hamburg Amerika Linie sind hunderttausende Instrumente nach Amerika geschickt worden."
21 Millionäre lebten zwischen den beiden Weltkriegen in Markneukirchen. Denn die Händler, von den Instrumentenbauern früher verächtlich "Fortschicker" genannt, erlangten vor der Weltwirtschaftskrise großen Reichtum. Die Masse der Handwerker friste allerdings gerade so ihren Lebensunterhalt. Das Musikinstrumentenmuseum erzählt auch davon, indem es die beengten Werkstätten zeigt.
Und es will ein Museum zum anfassen sein, so kann man an jedem letzten Sonntag von Mai bis September Handwerksmeistern über die Schultern sehen.
Udo Kretzschmann: "Ich bin Markneukirchner Urgestein, deshalb finde ich es ganz wichtig sich für das Museum zu engagieren. Und da gehört auch das Schauarbeiten dazu. Das Museum ist ein Aushängeschild für Markneukirchen, auch für unseren Beruf."
Sagt Geigenbauer Udo Kretzschmann. Im Internetforum des Museums beantwortet er Fragen zu Streichinstrumenten, die seit dem 17. Jahrhundert im Musikwinkel gebaut wurden. Details lassen sich auf dem elektronischen Postweg klären, wer ein komplexes Bild vom traditionsreichen Instrumentenbau im Vogtland haben möchte, der sollte das Musikinstrumenten-Museum Markneukirchen in seinem 125. Jubiläumsjahr unbedingt besuchen.
In Kooperation mit dem Deutschen Museumsbund stellt Deutschlandradio Kultur im Radiofeuilleton jeden Freitag gegen 10:50 Uhr im "Profil" ein deutsches Regionalmuseum vor. In dieser Reihe wollen wir zeigen, dass auch und gerade die kleineren und mittleren Museen Deutschlands unerwartete Schätze haben, die es sicht lohnt, überregional bekannt zu machen und natürlich auch zu besuchen.
Heidrun Eichler: "Wir fangen im Foyer an, wo man begrüßt wird durch die erste Kuriosität, die gestreckte Tuba. Die Besonderheit ist das Schallstück, das über einen Meter im Durchmesser groß ist. Das war ein Meisterstück 1913 von Emil Körner, der es den Turnern von Markneukirchen gegeben hat. Die es auf dem Turn und Sportfest 1928 in Köln durch die Gegend getragen haben und für Markneukirchen geworben haben."
Wer Kuriosa sucht, wird im Museum mehrfach fündig. Da steht bei den Zungeninstrumenten ein mannshohes Akkordeon, gebaut im nahegelegenen Klingenthal für eine englische Artistentruppe. In der Virtrine nebenan sieht man kunstvoll gearbeitete Bandoneons, die die Geburtsstunde des argentinischen Tango akustisch begleitet haben.
Wenige Räume später erklingen mechanische Musikinstrumente, wie dieses Symphonion genannte Plattenspielwerk aus Leipzig. Wer genau hinhört, erkennt Bizets Carmen. Seit 1942 residiert das Musikinstrumenten-Museum Markneukirchen in einem gelb getünchten barocken Bürgerschlösschen. Heidrun Eichler pflegt das Erbe des visionären Museumsvaters Paul Apian-Bennewitz.
Heidrun Eichler: "Er wollte mit diesem Museum eine Lehrstätte schaffen für die einheimischen Instrumentenmacher. Er wollte nicht die vogtländischen Instrumente zeigen, sondern die Instrumente aus anderen Regionen. Schon 1887 hat er über 200 außereuropäische Instrumente hergeholt, das war sein Ziel den Markneukirchnern den Horizont zu erweitern. Man sollte über den Tellerrand hinausschauen..."
In einem Seitenflügel hängen orientalische Instrumente wie die Kemenche. Instrumente aus Schildkrötenpanzern, Bambus, exotischen Hölzern und anderen Materialien. Schneckentrompeten aus der Südsee, Flöten aus Japan, Gongs aus Indonesien. Das war nicht immer so.
Heidrun Eichler: "Da gab es zu DDR Zeiten die Vision, dass das hier nicht reingehört, dieses außereuropäische Zeug, das wollte man irgendwo in die Völkerkunde nach Leipzig bringen. Aber es war das Grundkonzept von Bennewitz, der wollte das haben. Das Mokinxylophon aus Japan ist was ganz typisches für die Oper, ich hatte eine Kollegin aus Tokio hier, die hat gesagt, das gibt es in Japan nicht mehr."
Auf einem Computer kann man sich über den Herkunft und den Klang der einzelnen außereuropäischen Instrumente informieren. Heute ist das Sammelkonzept ein anderes als Ende des 19. Jahrhunderts. Jetzt will man Lücken schließen im einheimischen Instrumentenbau.
Heidrun Eichler: "Hier in der Mitte sehen Sie unsere Schätze: Weißgerber-Instrumente. Richard Jacob war ein Markneukirchner Gitarrenbauer der von 1877 bis 1960 gelebt hat. Diese Instrumente haben nach wie vor einen ansprechenden Klang und ein ansprechendes Äußeres. Wir haben damit gerade eine CD gemacht."
In den Sommermonaten locken Freiluftkonzerte im Innenhof des Museums, Gäste aus den nahegelegenen Kurbädern nach Markneukirchen. Aber Touristen kommen auch aus Tschechien. Heidrun Eichler leitet das Musikinstrumenten-Museum seit 13 Jahren und hat ihr Haus trotz Personal- und Geldmangel weit über die Grenzen Deutschlands bekannt gemacht. Unterstützt wird sie dabei von einem agilen Förderverein. Vor kurzem konnte man in einem Fachwerkhaus schräg gegenüber vom Museum einige neu gestaltete Räume einweihen.
Heidrun Eichler: "Hier gibt es ein Handelskontor und zwei Werkstätten für Zupf- und Bogenbau, Kolophoniumherstellung und Saitenherstellung und wir haben die Möglichkeit Sonderausstellungen zu machen. Das Handelskontor stammt von der Firma G. R. Pfretzschner, die 1834 als Exportfirma in Markneukirchen gegründet wurde die durch den Handel mit den USA reich wurde. Auf der Hamburg Amerika Linie sind hunderttausende Instrumente nach Amerika geschickt worden."
21 Millionäre lebten zwischen den beiden Weltkriegen in Markneukirchen. Denn die Händler, von den Instrumentenbauern früher verächtlich "Fortschicker" genannt, erlangten vor der Weltwirtschaftskrise großen Reichtum. Die Masse der Handwerker friste allerdings gerade so ihren Lebensunterhalt. Das Musikinstrumentenmuseum erzählt auch davon, indem es die beengten Werkstätten zeigt.
Und es will ein Museum zum anfassen sein, so kann man an jedem letzten Sonntag von Mai bis September Handwerksmeistern über die Schultern sehen.
Udo Kretzschmann: "Ich bin Markneukirchner Urgestein, deshalb finde ich es ganz wichtig sich für das Museum zu engagieren. Und da gehört auch das Schauarbeiten dazu. Das Museum ist ein Aushängeschild für Markneukirchen, auch für unseren Beruf."
Sagt Geigenbauer Udo Kretzschmann. Im Internetforum des Museums beantwortet er Fragen zu Streichinstrumenten, die seit dem 17. Jahrhundert im Musikwinkel gebaut wurden. Details lassen sich auf dem elektronischen Postweg klären, wer ein komplexes Bild vom traditionsreichen Instrumentenbau im Vogtland haben möchte, der sollte das Musikinstrumenten-Museum Markneukirchen in seinem 125. Jubiläumsjahr unbedingt besuchen.
In Kooperation mit dem Deutschen Museumsbund stellt Deutschlandradio Kultur im Radiofeuilleton jeden Freitag gegen 10:50 Uhr im "Profil" ein deutsches Regionalmuseum vor. In dieser Reihe wollen wir zeigen, dass auch und gerade die kleineren und mittleren Museen Deutschlands unerwartete Schätze haben, die es sicht lohnt, überregional bekannt zu machen und natürlich auch zu besuchen.