Wojciech Czaja: Almost 2. Eine Weltreise in Wien
Edition Korrespondenzen 2021, 236 Seiten, 22 Euro
Weltreise durch Wien
Erinnert mit seiner Bauhausarchitektur an Gebäude in Israel, steht aber in Wien. © Wojciech Czaja
Das Fernweh eröffnet neue Blickwinkel
08:47 Minuten

Weil das Reisen in der Pandemie erschwert wurde, hat sich Architekturjournalist Wojciech Czaja auf eine Entdeckungsreise durch seine Heimatstadt Wien begeben. Vieles erinnert dort an ferne Orte. Zwei Bildbände dokumentieren das eindrucksvoll.
Sehnsucht und Fernweh haben den Architekturjournalisten Wojciech Czaja in Zeiten der Pandemie zu einer Weltreise durch seine Heimatstadt Wien bewegt. Nach einem ersten Bildband mit hundert Fotos ist nun die zweite Ausgabe "Almost 2" erschienen, die seine ungewöhnlichen Entdeckungen dokumentiert.
Fremde Städte in Wien entdecken
Es sei ein spontaner Einfall gewesen, erzählt Czaja von seinem Projekt. Er habe sich während des Lockdowns als Spaziergänger durch Wien bewegt, und sein Quartier sei ihm irgendwann zu eng geworden. Deshalb sei er mit der Vespa in andere Viertel gefahren, die er noch nicht so gut kannte. "Dann schaut man anders und offener auf die Stadt – und siehe da: Plötzlich habe ich begonnen, fremde Städte zu entdecken."
Tel Aviv und seine Bauhaus-Architektur
Er habe architektonische Ähnlichkeiten entdeckt, aber auch "Stimmungsähnlichkeiten", so Czaja. So habe er beispielsweise Tel Aviv in Wien entdeckt. Die israelische Stadt fasziniere ihn wegen ihrer Lebendigkeit und ihrer schwierigen Geschichte. Die abgerundeten Ecken der typischen Bauhaus-Architektur seien eigentlich etwas, das man in der österreichischen Hauptstadt nie sehe. Aber es gebe ein Haus, das diese sehr untypischen Balkone habe.

Aus einem bestimmten Blickwinkel erinnert diese Wiener Hochgarage an das Guggenheim-Museum in New York. © Wojciech Czaja
Besonders gefreut habe ihn, in einem neuen Stadtentwicklungsgebiet von Wien eine Hochgarage zu entdecken, deren Rampe in einer bestimmten Froschperspektive an das Guggenheim-Museum in New York erinnert habe. Beim flüchtigen Blick auf das Foto glaube man, direkt an der Fifth Avenue zu stehen.
Anregung für andere
Das Fotobuch sei allerdings kein Architekturbildband, denn er habe oft unscheinbare Ecken abgebildet. "Oft sogar hässliche Straßenecken, wo vielleicht mal eine Laterne oder ein Mülleimer oder eine Parkbank auf irgendetwas anderes hindeutet." Die Bücher trügen zu einer Sensibilisierung bei, was sich auch an vielen Reaktionen zeige, sagt Czaja. Auch andere Menschen gingen jetzt auf die Suche nach Ähnlichkeiten.

In Wien lässt sich sogar Blütenpracht entdecken, die an Kyoto erinnert. © Wojciech Czaja
Im zweiten Band gibt es auch 15 Fotos, die nicht von Czaja stammen, sondern von anderen Personen, deren Bilder von einer Jury ausgewählt wurden. Besucher der Ausstellung im Wien-Museum waren eingeladen worden, selbst auf eine solche Entdeckungsreise durch Wien zu gehen. Es wurden mehr als 600 Fotos eingereicht, von denen eine Auswahl jetzt in "Almost 2" zu sehen ist. Er habe sich gefreut, die Idee auf diese Weise zu teilen, so Czaja. Außerdem seien durch diese "Gastblicke" noch einmal ganz andere Städte in Wien entdeckt worden.
Kein Ende in Sicht
Die Weltreise sei damit noch nicht zu Ende. Er sei permanent dabei, noch neue Dinge zu entdecken. "Vielleicht sind die bekanntesten Städte und Sehenswürdigkeiten abgegrast, das kann sein." Aber es werde lange dauern, diesen besonderen Blick wieder abzulegen.