Alles wird gut
Nach dem Rauswurf von Matthias Hartmann rückt Karin Bergmann an die Spitze des Wiener Burgtheaters. Hermann Beil soll sie "ehrenamtlich beraten". Mit ihren langjährigen Erfahrungen seien sie "die Idealbesetzungen für die interimistische Leitung", kommentiert Günter Kaindlstorfer.
Jetzt wird alles gut. Vom Ensemble des Burgtheaters wurde Karin Bergmann heute früh mit tosendem Applaus willkommen geheißen. Kaum jemand kennt den Bühnentempel an der Wiener Ringstraße so gut wie die Bergarbeitertochter aus dem Ruhrgebiet, die 1986 zusammen mit Claus Peymann aus Bochum in die österreichische Hauptstadt übersiedelte und dem provozierfreudige Burgchef sieben Jahre lang als nervenstarke Pressesprecherin zur Seite stand.
Diese Frau kann so schnell nichts erschüttern
Die skandalumbrauste Uraufführung von Thomas Bernhards "Heldenplatz“ hat Bergmann als Kommunikations-Chefin ebenso souverän gemanagt wie das eine oder andere Interview der flapsigeren Art, mit dem Claus Peymann in seinen Glanzzeiten die österreichische Kleinbürger-Öffentlichkeit regelmäßig auf die Palme zu bringen pflegte. Diese Frau kann so schnell nichts erschüttern. Peymanns Nachfolger Klaus Bachler wiederum diente Bergmann als kompetente und allseits geschätzte Co-Direktorin. In ihrer 17-jährigen Dienstzeit an der Burg erwarb sich die heute 60-Jährige einen exzellenten Ruf.
Und davon profitiert sie nun ebenso wie das Burgtheater. Karin Bergmann und ihr "ehrenamtlicher Berater“ Hermann Beil sind, man kann es nicht anders nennen, Idealbesetzungen für die interimistische Leitung der Burg. All die großen Namen, die für die Hartmann-Nachfolge genannt werden – Martin Kusej, Barbara Frey, Karin Beier – sind vertraglich noch eine Zeit lang an andere Häuser gebunden. 2016 könnte sich das alles anders darstellen. Österreichs Kulturminister Josef Ostermayer hat mit seiner Entscheidung also wertvolle Zeit gewonnen.
Beil und Bergmann ist es zuzutrauen
Das ist das Eine. Das Andere: Beil und Bergmann ist es zuzutrauen. Und das ist dringend nötig, das österreichische Nationaltheater in ruhigere Fahrwasser zu manövrieren. Teile des Ensembles sind bis aufs Blut miteinander zerstritten, wie man hört, Unruhe, Angst und nackte Panik sollen die vorherrschenden Stimmungslagen während der letzten Wochen gewesen sein. Da gilt es mit ruhiger Hand und starken Nerven gegenzusteuern. Zugleich aber – keine leichte Übung – muss zum Teil wirklich drastisch gespart werden. Die dritte Spielstätte des Burgtheaters – das "Kasino“ – könnte abgewickelt werden, wie es heißt. Ein Vorhaben, das Karin Bergmann heute weder bestätigen noch dementieren wollte. Sie werde um das "Kasino“ kämpfen, kündigte sie an, aber sie könne nicht versprechen, dass dieser Kampf auch erfolgreich sein werde.
Und Matthias Hartmann? Wenn man kein Glück hat, kommt oft auch noch Pech dazu. Anfang der Woche erstattete der Ex-Burgchef Selbstanzeige, er habe, so der zerknirschte Theatermacher, 110.000 Euro nicht ordnungsgemäß versteuert. Ein Missverständnis, wie Hartmann betont: Er habe geglaubt, das Geld erst zu einem späteren Zeitpunkt versteuern zu müssen. Eine Fehleinschätzung. Hermann Beil kann das nicht passieren. Er verzichtet für seiner Beratertätigkeit an der Burg auf jegliches Honorar. So sieht wahre Liebe zum Theater aus.