Zur Entscheidung der "Theater heute"-Jury
Das Burgtheater in Wien ist zum "Theater des Jahres" gewählt worden. Schon lange hat keine Bühne mehr so deutlich vorne gelegen in der "Hitparade" der Schauspiel-Häuser im deutschsprachigen Raum. Was bedeutet das für die Theater-Szene?
Schon wieder schmeckt das Votum stark nach Politik. Zur Erinnerung: Im Vorjahr lag das Berliner Maxim-Gorki-Theater vorn, und das nicht nur in dieser, sondern auch in der konkurrierenden Wertung der Zeitschrift "Die Deutsche Bühne". Damals fiel der Berliner Erfolg auch (und womöglich deshalb!) derart deutlich aus, weil auch (und vielleicht vor allem!) die "postmigrantische" Theorie und Strategie beim Neuanfang des kleinsten Berliner Theaters gewürdigt und gerühmt wurde.
Im Fall des Burgtheaters jetzt liegt der Fall einerseits ganz anders, zum anderen aber strukturell ganz ähnlich – denn auch Wien durchlebte einen Neuanfang. Nach dem skandalös-katastrophischen Rauswurf des Burgtheater-Direktors Matthias Hartmann hatte dessen Stellvertreterin Karin Bergmann die gefährlich am Rand des Chaos schlingernde Bühne im Frühjahr vorigen Jahres übernommen. Jetzt kann sie auf das ersten "eigene" Jahr zurück blicken und unbedingt stolz sein. Und dem Jury-Votum jetzt ist die Erleichterung darüber sehr anzumerken – mal abgesehen davon, dass die Jurorinnen und Juroren den vorigen Burg-Chef nie recht mochten und gar nicht so unfroh waren über dessen tiefen Sturz
Dass es allerdings nicht bloß um diese Form von Kulturpolitik, sondern auch um die Kunst wie die Künstlerinnen und Künstler geht, ist an den Neben-Voten abzulesen. "Die lächerliche Finsternis", das Stück von Wolfram Lotz, uraufgeführt in Wien, halten 27 Stimmen (so viele wie nie!) für das beste deutschsprachige Stück des Jahres; und die Uraufführungs-Regie vom gebürtigen Tschechen Dusan David Parizek wurde (auch der grandiosen Bühne Wegen) zur "Inszenierung des Jahres" gewählt; übrigens vor Frank Castorfs von den Brecht-Erben verbotenem Münchner "Baal".
Stephanie Reinsperger toppt alle
Zweitbestes Stück ist "die unverheiratete" von Ewald Palmetshofer, ebenfalls uraufgeführt in Wien. Darin spielt Stephanie Reinsperger mit, und die toppt alle und alles – neun Mal wurde sie als "Schauspielerin des Jahres" gesetzt und weitere 15 Mal in der Nachwuchs-Kategorie. Ohne sie kommt auch "Die lächerliche Finsternis" des Autors Lotz nicht aus. Und Platz 3 der Schauspielerinnen belegt Elisabeth Orth, die grandiose "doyenne", also dienstälteste Künstlerin am Burgtheater.
Wien also total; dann kommt lange nicht viel, dann Samuel Finzi (mit Wolfram Koch) aus Berlin und Josef Ostendorf aus Hamburg unter den Herren, Lina Beckmann (ebenfalls vom Hamburger Schauspielhaus) bei den Damen. Königin unter den Kostümbildnerinnen ist zum dritten Mal in Folge Victoria Behr – für die Arbeiten mit Herbert Fritsch. Richtige Überraschungen gibt’s erst auf den weiteren Plätzen – das mächtig aufstrebende Schauspiel Dortmund etwa teilt sich Platz 2 bei der Wahl zum "Theater des Jahres" mit der wiedererstarkten Berliner Volksbühne und dem Maxim-Gorki-Theater, dem Topp-Hit der vorigen Saison. Und für das "beste ausländische Stück", "Alles muss glänzen!" von Noah Haidle, lohnt immerhin mal die Reise nach Hannover. Aber auch die Theater etwa in Kassel oder Essen zeigen Stücke dieses Autors.
Jenseits des allgemeinen Jubels über Wien verhandelt das "Theater heute"-Jahrbuch übrigens Thesen zum "Konsens Kultur"; und liegt damit nahe bei der konkurrierenden ‚Deutschen Bühne‘, deren Theater-Bilanz schon Anfang des Monats erschien. Einen Begriff wie "Theater des Jahres" gibt’s hier nicht; die meistgelobten Sprechtheaterbühnen waren hier das Schauspielhaus in Zürich und die Berliner Schaubühne. Hier ist etwas anderes wichtig: Mit immens breit gefächertem Blick wird auf die Regionen und Provinzen geschaut; auch die Off-Szene und die Theater abseits der Metropolen haben hier eigene Rubriken. 59 Jury-Stimmen sind gefragt, und auch die Theater-Arbeit in Mainz und Darmstadt, Nürnberg und Augsburg, Freiburg und Heidelberg erhielt lobende Voten.
Und das soll nicht vergessen werden bei allen Hit-Paraden: die Vielfalt, der Reichtum künstlerischer Qualitäten im deutschsprachigen Theater-Raum. Wer Lust hat, stolz zu sein, darf sich das mal leisten in diesen Tagen.
Wien also total; dann kommt lange nicht viel, dann Samuel Finzi (mit Wolfram Koch) aus Berlin und Josef Ostendorf aus Hamburg unter den Herren, Lina Beckmann (ebenfalls vom Hamburger Schauspielhaus) bei den Damen. Königin unter den Kostümbildnerinnen ist zum dritten Mal in Folge Victoria Behr – für die Arbeiten mit Herbert Fritsch. Richtige Überraschungen gibt’s erst auf den weiteren Plätzen – das mächtig aufstrebende Schauspiel Dortmund etwa teilt sich Platz 2 bei der Wahl zum "Theater des Jahres" mit der wiedererstarkten Berliner Volksbühne und dem Maxim-Gorki-Theater, dem Topp-Hit der vorigen Saison. Und für das "beste ausländische Stück", "Alles muss glänzen!" von Noah Haidle, lohnt immerhin mal die Reise nach Hannover. Aber auch die Theater etwa in Kassel oder Essen zeigen Stücke dieses Autors.
Jenseits des allgemeinen Jubels über Wien verhandelt das "Theater heute"-Jahrbuch übrigens Thesen zum "Konsens Kultur"; und liegt damit nahe bei der konkurrierenden ‚Deutschen Bühne‘, deren Theater-Bilanz schon Anfang des Monats erschien. Einen Begriff wie "Theater des Jahres" gibt’s hier nicht; die meistgelobten Sprechtheaterbühnen waren hier das Schauspielhaus in Zürich und die Berliner Schaubühne. Hier ist etwas anderes wichtig: Mit immens breit gefächertem Blick wird auf die Regionen und Provinzen geschaut; auch die Off-Szene und die Theater abseits der Metropolen haben hier eigene Rubriken. 59 Jury-Stimmen sind gefragt, und auch die Theater-Arbeit in Mainz und Darmstadt, Nürnberg und Augsburg, Freiburg und Heidelberg erhielt lobende Voten.
Und das soll nicht vergessen werden bei allen Hit-Paraden: die Vielfalt, der Reichtum künstlerischer Qualitäten im deutschsprachigen Theater-Raum. Wer Lust hat, stolz zu sein, darf sich das mal leisten in diesen Tagen.