Von der Krise hin zur Kunst
Die bisherige Interims-Intendantin Karin Bergmann hat sich gegen 21 Kandidaten durchgesetzt und bleibt Chefin des Wiener Burgtheaters. Susanne Burkhardt spricht in ihrem Kommentar von einer pragmatischen Entscheidung und von Aufschub bei der Suche nach einem neuen, vielleicht prominenteren Direktor.
Viel Lärm um Nichts? Das muss sich die versammelte Presse heute in Wien gedacht haben: Erst hieß es noch in Gerüchten, Regisseur Michael Thalheimer oder aber der Dresdner Staatsschauspielchef Wilfried Schulz könnten als neuer Burgtheaterdirektor vorgestellt werden. Und dann das: Karin Bergmann bleibt auf ihrem Platz.
Die Interimschefin jetzt also die erste Direktorin des Burgtheaters. Eine pragmatische Entscheidung. Seit vielen Jahren ist die Theaterexpertin dem Haus eng verbunden – kennt die internen Abläufe bestens. Sie hat schon als Pressesprecherin des einstigen Burgtheaterchefs Claus Peymann lernen können, mit Krisen umzugehen.
In den vergangenen sechs Monaten bewies sie, dass sie genau in solchen Zeiten zur Hochform auflaufen kann. Schon einen Monat nach Amtsantritt legte sie einen 100-Punkte-Plan vor, zur finanziellen Sanierung der Bühne, forderte höhere Eintrittspreise und reduzierte die Zahl der Premieren. Vier Millionen Euro will sie dem defizitären Haus damit einsparen.
Eine, die sich in den Dienst der Sache stellt
Die Schauspieler stehen hinter ihr. Sie hat ihr Vertrauen. Bergmann gilt als uneitel, als eine, die sich in den Dienst der Sache stellt. Anders als ihr Vorgänger Matthias Hartmann. Er wurde im März entlassen, wegen undurchsichtiger Buchführung und tiefroter Zahlen, an denen ihm eine Mitschuld zugeschrieben wird, wogegen er derzeit vor Gericht klagt.
Unklar bleibt, inwieweit Karin Bergmann nicht auch Teil des "alten Systems" war. Es dürfte der Politik also ganz genehm sein, dass es kein Kandidat von außen ist, der jetzt ins Burgtheater zieht. Aktuell wichtig ist derzeit vor allem, dass man Karin Bergmann zutraut, den Focus der Öffentlichkeit weg von der Krise – hin zur Kunst zu lenken.
Ihr Job: das Burgtheaterschiff zurück auf Kurs bringen
Sie selbst versteht sich als Team-Arbeiterin, die wie sie betonte "keinen Glanz brauche". Und genau diese Haltung ist es, die das Burgtheater in diesen Tagen dringender benötigt, als einen künstlerischen Selbstdarsteller an seiner Spitze.
Mit dem Hinweis darauf, dass der Vertrag von Karin Bergmann 2019 naturgemäß ausläuft – weil die Interimszeit mit eingerechnet wird – macht die Findungskommission vor allem eines ziemlich deutlich: Man hat sich Aufschub gewährt, bei der Suche nach einem neuen Burgtheaterdirektor.
Denn bei einigen der gerüchteweise gehandelten Hochkaräter der Theaterszene laufen in den nächsten Jahren derzeit noch bestehende Verträge aus – sie wären dann frei für den renommierten Intendantenposten. Bis dahin darf Karin Bergmann das Burgtheaterschiff zurück auf Kurs bringen. Besonders schmeichelhaft ist das nicht. Aber wie gesagt: Karin Bergmann geht es um die Sache. Sie ist eben keine Selbstdarstellerin.