Mehr zu den Gesprächen mit Kulturschaffenden über die Corona-Krise und ihre möglichen Folgen gibt es auch auf der Internetseite des Goethe-Instituts.
Das Busseln verschwindet, die Maske bleibt
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Die Coronakrise wird auch langfristige Folgen haben: So glaubt der Leiter des Wien Museums, Matti Bunzl, dass das Küssen und Händeschütteln zu Begrüßung wegfallen wird. Das Tragen einer Gesichtsmaske wird auch nach der Krise bleiben, ist er überzeugt.
Dass das Maskentragen eine Maßnahme der Nächstenliebe und gegenseitigen Wertschätzung sei, erkenne man jetzt durch die Coronakrise, meint Matti Bunzl, Kulturwissenschaftler, Anthropologe und Leiter des Wien Museums, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, mit einem Sammlungsprojekt zur Stadtgeschichte Corona in Wien abzubilden.
Das Maskentragen als altruistische Geste
Das Tragen von Masken sei für uns eine "vollkommen neue kulturelle Praxis", meint Bunzl, und eine Geste, die "symbolisch, aber auch gesundheitlich hochinteressant" sei. In Ostasien würden Gesichtsmasken schon seit langen getragen und uns werde erst jetzt klar, was das eigentlich heiße. Nämlich: "Dass es da gar nicht um den Schutz meiner selbst geht, wenn ich eine Maske trage, sondern um den Schutz von anderen. Und eine altruistischere Geste kann es eigentlich nicht geben."
Auch auf mehreren Einsendungen für das Sammlungsprojekt des Museums wird der Mund-Nasen-Schutz thematisiert. Sein Lieblingsobjekt ist eine Maske mit einer politischen Botschaft, so Bunzl:
"Eine Gruppe hat Masken genäht, mit dem Aufspruch #leavenoonebehind. Also ein Aufruf, auch die Flüchtlingskrise weiter zu bedenken, für mich ein unglaublich spannendendes Objekt, wenn es gleichzeitig natürlich als Mund-Nasen-Maske sozusagen suggeriert, nicht sprechen zu können, aber trotzdem mit einem politischen Slogan die ganze Frage der Ungerechtigkeit gegenüber Flüchtigen weiterträgt."
Das Ende des "Bussi-Bussi-Gesellschaft"
Aber es gibt auch Dinge, die aufgrund des Abstandhaltens in der Coronakrise wegfallen, von denen Matti Bunzl glaubt, dass sie auch in Zukunft nicht mehr stattfinden: Die "Bussi-Bussi-Gesellschaft, also diese ständig sich abbusseln müssen im öffentlichen und halböffentlichen Raum". Da hätte sich ein "viel stärkeres Bewusstsein entwickelt, dass das einfach immer die Möglichkeit von Transmission in sich birgt". Ein ähnliches "Auslaufmodell" sei das Händeschütteln.
Die fehlende Nähe wird auch einem künstlerischen Beitrag zu "Corona in Wien" aufgegriffen: "Wir haben auch ein Kunstwerk, das jemand geschickt hat. Das da nennt sich eine Covid-Bank, und das ist eine ganz normale Parkbank, in der das Mittelstück rausgeschnitten wurde, um so die erforderlichen einen Meter Abstand zu gewährleisten."
Doch sein absoluter Favorit unter den Einsendungen sei "kleiner, gehäkelter Virus, der aus dieser sehr abstrakten Gefahr fast ein niedliches, kleines Monster macht". Das sei auch kulturhistorisch interessant, weil "es zeigt, dass wir in unserem endlich kollektiven Verständnis irgendwie auch die Mikrobiologie des Ganzen verstehen."
(kpa)