Wilhelm Droste zum Tod von György Konrád

"Er wollte keine veränderte, er wollte eine andere Welt"

08:45 Minuten
Ein Schwarzweiß-Foto des ungarischen Schriftstellers György Konrád. Er blickt in die Kamera.
Der ungarische Schriftsteller György Konrád ist am 13. September im Alter von 86 Jahren gestorben. © Markus Scholz/dpa
Moderation: Susanne Burkhardt |
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Der ungarische Schriftsteller György Konrád ist im Alter von 86 Jahren gestorben. Der Literaturwissenschaftler Wilhelm Droste beschreibt ihn als einen ruhigen und sehr höflichen Menschen, der radikal im Denken war und wenn nötig, aneckte.
Der ungarische Schriftsteller György Konrád ist tot. Er wurde 86 Jahre alt. Seine Familie teilte mit, er sei schwer krank gewesen und am Freitag in seinem Haus in Budapest gestorben.
Von 1990 bis 1993 war er Präsident der internationalen Schriftstellervereinigung PEN und von 1997 bis 2003 Präsident der Akademie der Künste Berlin-Brandenburg. Der Literaturwissenschaftler Wilhelm Droste kannte Konrád sehr gut. Dieser sei "ein sehr ruhiger und höflicher Mensch" gewesen, so Droste, dabei in seinem Denken radikal. "Wenn es nötig war, hat er angeeckt."

Konrád überlebte den Holocaust dank eines Zufalls

Konráds Schriften waren allesamt biographisch verankert, sagt Droste. Dass Konrád den Holocaust überlebte, war reiner Zufall: Seine Mutter hatte ihn entgegen der herrschenden Ansicht, in den Provinzstädten sei es sicherer für Juden, mit nach Budapest genommen.
"In Budapest hat die Hälfte der Juden überlebt. Dem Umstand verdankt er sein Leben und das zieht sich durch sein ganzes Schreiben. Er sucht den ungarischen Ort für die Juden, die diese Katastrophe überlebt haben."
Droste berichtet ferner von Konráds Strahlkraft auf die linksliberale Opposition nicht nur in Ungarn. Der Schriftsteller prägte den Begriff "Mitteleuropa": "Konrád wollte nicht Osteuropäer sein, er wollte Mitteleuropäer sein. Das hat politisch unglaublich gewirkt und ausgestrahlt auf Länder wie Polen, Tschechien oder die Slowakei."

Sein Konzept der Antipolitik

Konrád sei einer der wichtigsten Denker gewesen, die die Mauer zu Fall gebracht haben, sagt Droste. Von ihm stammt der Begriff der Antipolitik, "dass man sich also nicht auf die bestehenden politischen Prozesse und Gewohnheiten beschränken soll, sondern die ganze politische Welt in Frage stellt, so wie sie ist". Das sei auch heute wieder ganz aktuell, sagt Droste.
Konrád war auch nie Parteimitglied, war immer auf Distanz, "weil ihm diese ganzen politischen Apparaturen verdächtig waren. Er wollte eine andere, nicht eine veränderte Welt", so Droste. Dass er anecken konnte, bewies er bis zuletzt. So habe er einmal erklärt, berichtet Droste, nicht alles, was Viktor Orbán sage, sei automatisch falsch. Konrád stimmte zum Beispiel mit dem ungarischen Ministerpräsidenten darin überein, die Grenzen zu schützen.
(ckr)
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