Wilhelm von Boddien

Der Überredungskünstler

Wilhelm von Boddien, Geschäftsführer des Fördervereins des Berliner Schlosses
Wilhelm von Boddien, Geschäftsführer des Fördervereins des Berliner Schlosses © picture alliance / dpa / Lukas Schulze
Von Clauda van Laak |
Ohne ihn könnte am Berliner Stadtschloss in wenigen Tagen nicht Richtfest gefeiert werden: Wilhelm von Boddien. Der Schlossvereinsgeschäftsführer ist Initiator, Motor, Kommunikator und Strippenzieher. Und er ist auch eine veritable Nervensäge.
"Wie schön das aussieht!" ruft er. "Sehen Sie mal wie schick!" Wilhelm von Boddien – heller Sommeranzug, dunkler Schlips – zeigt auf den Holzfußboden in seinem kleinen Büro – "fantastisch, diese Dielen! Dielen, die aus den Pfählen der Fundamente des alten Schlosses gemacht wurden. Als hier die Grundlagen für das neue gelegt wurden, mussten ja die Pfähle, auch für den U-Bahn-Bau, herausgezogen werden."
Alles, was mit dem Barockschloss der Hohenzollern zu tun hat, weckt Begeisterungsstürme bei Wilhelm von Boddien. Die Kuppel, die Sandsteinfassade, die Skulpturen – oder eben die unterirdischen Pfähle."Der Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses ist mein Lebenswerk", sagt der 73jährige.

Das Richtfest in der nächsten Woche? - "Wenn ich ganz ehrlich bin, begreif ich´s immer noch nicht. Dieses Unglaubliche, auch jetzt, dass das Schloss jetzt gebaut wird, dass es aussehen wird wie das alte Schloss, das muss bei mir noch mental verarbeitet werden."
Eine 50 Jahre alte Liebe
Die Liebe des Hamburgers zu Berlin und seinem Stadtschloss sei mehr als 50 Jahre alt, beteuert er. Im Jahr des Mauerbaus 1961 besuchte der damalige Abiturient und Schülerzeitungsredakteur Ostberlin, bemerkte die große leere Fläche neben der Staatsoper Unter den Linden: "Dann habe ich gefragt, was da mal war, und dann hat mir jemand gesagt, dass da mal das große Schloss gestanden hat. Das hat mich so fasziniert, dass ich schon in meinem Bericht 1961 die Sprengung des Schlosses mit eingebaut habe."
Die Zeit ging ins Land, Boddien machte eine kaufmännische Lehre, übernahm die Landmaschinen-Firma seines Vaters. Doch preußische Geschichte und Architektur ließen den Spross eines mecklenburgischen Adelsgeschlechts nicht los. Mit der Wiedervereinigung sah er seine große Stunde gekommen. "Berlin muss sein Stadtschloss wieder aufbauen" – mit dieser Forderung zog er durch die Hauptstadt. Hatte Boddien Sehnsucht nach der Monarchie? Diesen Verdacht weist er zurück: "Nur in einer Demokratie können so verrückte Leute wie ich es wagen, in die Stadtdiskussion einzugreifen. Wir waren acht Leute, als wir 1991 anfingen, ein paar Prominente und ich, und haben uns vorgenommen: Wir wollen ein Wörtchen mitreden, wie die neue Mitte der Hauptstadt aussieht. Im Grunde Wahnsinn."
Wahnsinn, weil niemand in der Hauptstadt Wilhelm von Boddien kannte. Das sollte sich schnell ändern, ist doch der mittlerweile 73jährige nicht nur ein Überzeugungstäter, sondern auch ein begnadeter Kommunikator und Netzwerker. In Wolf-Jobst Siedler, Wolfgang Thierse und Joachim Fest fand er einflussreiche Persönlichkeiten, die sich für das Schloss einsetzten: "Ich als Landmaschinenhändler aus Hamburg. Das wäre ja eine Witznummer gewesen, wenn da so ein Treckerverkäufer kommt und sagt: 'Ich will wieder ein Schloss aufbauen.'"
Es wird "Humboldtforum" dran stehen, aber die Leute werden "Schloss" sagen
Sagt's und grinst verschmitzt. Wilhelm von Boddien verfügt über eine gehörige Portion Selbstironie und eine Menge taktisches Geschick. Als sich die öffentliche Meinung gegen das Schloss wendete, ließ er kurzerhand eine Attrappe in Originalgröße auf dem Schlossplatz errichten. Und er zeigte sich kompromissbereit. Drei historische und eine moderne Fassade? - Kein Problem. Nennen wir das Gebäude Humboldt-Forum und nicht Stadtschloss? - Damit hat er erkennbar ein Problem, aber er sträubt sich nicht dagegen, weil er glaubt, dass sich diese Angelegenheit sowieso von alleine in seinem Sinne regeln wird: "Nun steht dieses Haus ja auch noch auf dem Schlossplatz, und da können sie fünfmal Humboldtforum dranschreiben, was ja auch dranstehen wird. Und so, wie man sich schließlich damit abgefunden hat, dass die Berliner in den Reichstag, Sitz des Deutschen Bundestages, gehen, werden sie auch in ihr Schloss gehen. Also dieser Kompromiss wird sich durch die Leute durchsetzen. Sie werden ins Schloss gehen, weil sie den Begriff Humboldtforum noch nicht verstanden haben."
Ein anderes Problem ist das Geld: 105 Millionen Euro Spenden will er einwerben, um damit unter anderem die historischen Fassaden zu bezahlen. Die Hälfte davon fehlt noch. Seine Lösung dafür lautet "Optimismus verbreiten": "Also nach Aussage der Stiftung muss ich jetzt noch 52, 53 Millionen Euro liefern, und dann habe ich das Schloss so, wie wir es den Leuten versprochen haben."
In wenigen Tagen wird Richtfest gefeiert, in vier Jahren dann soll das Humboldtforum in der Hülle des Berliner Stadtschlosses eröffnet werden. Das Fazit von Wilhelm von Boddien: "Ich bin selber begeistert, dankbar, überrascht, aber auch unglaublich demütig geworden dabei."
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