"Will alles sein, ist aber nichts richtig"
Der Journalist und Netz-Label-Betreiber Christian Grasse sieht als Hauptproblem von Myspace, dass es gar nicht darauf ausgelegt war, so groß zu werden. In der Zeit des Booms habe Myspace dann versäumt, in Technik, Sicherheit und Usability zu investieren, im falschen Glauben, keine Konkurrenz zu haben.
Dieter Kassel: Christine Watty über den Aufstieg und Niedergang des Internetportals Myspace. Bei mir im Studio ist jetzt Christian Grasse, er ist Journalist, arbeitet unter anderem auch für unsere Sendung "Breitband" am Samstagnachmittag und, in diesem Zusammenhang nicht unwichtig, hat auch ein eigenes Netzmusiklabel. Schönen guten Tag!
Christian Grasse: Hallo!
Kassel: Ich war ja ehrlich gesagt ein bisschen überrascht, als ich vor ein paar Tagen merkte, dass es Myspace überhaupt noch gibt. Was hat denn die Seite in ihrem Jetztzustand sowohl Musikern als auch Musikfreunden überhaupt noch zu bieten?
Grasse: Ja, also Myspace, hat man so mittlerweile den Eindruck, will alles sein, ist aber nichts richtig. Also man kann dort natürlich Musik immer noch entdecken, man kann dort Spiele spielen, man kann dort Videos sich anschauen, das heißt, es ist so ein bisschen Youtube, ein bisschen Portale, die mittlerweile eine viel größere Rolle spielen für Musiker wie zum Beispiel Soundcloud oder auch Bandcamp, und so ein bisschen Facebook hat es halt auch noch, da man halt schon immer noch mit Leuten in Kontakt treten kann.
Aber all das hat Myspace nie wirklich gut beherrscht, und das ist auch der Grund, weshalb Myspace Stück für Stück untergeht.
Kassel: Sie waren ja selber mal mit Ihrem Label da auch vertreten. Wann und warum haben Sie sich entschlossen, bei Myspace wieder abzuhauen?
Grasse: Das ist eigentlich eine recht witzige Geschichte. Es gab so Ende 2009 in einem US-amerikanischen Musikblog so eine Art offenen Brief an Myspace, wo so ein bisschen zusammengefasst wurde, wo die Probleme liegen, was Myspace verändern sollte, und Myspace ist doch quasi das Zuhause von allen Bands weltweit, und es wurde quasi so ein Ultimatum gestellt: Wenn ihr innerhalb eines Jahres irgendwie die Sachen nicht verbessert für uns Künstler und Labels, dann steigen wir kollektiv aus.
Und das hat sich so innerhalb des Jahres im Netz verbreitet, diese Ansicht, und betitelt wurde das Ganze mit dem Quit-Myspace-Day, das war glaube ich der 24. Oktober 2010 dann letztendlich. Und da sich innerhalb dieses Jahres gar nichts getan hatte, im Gegenteil, alles nur noch schlimmer wurde, haben dann ganz viele Leute sich entschieden, auszusteigen, und wir unter anderem auch.
Kassel: Aber es kann ja, was sonst im Internet oft ein Problem ist, gar nicht so an der Ausstattung gelegen haben. Die hatten vorübergehend mal, jetzt werden die Leute ja entlassen, aber relativ viele Mitarbeiter für so eine Internetfirma.
Grasse: Tausend glaube ich sogar.
Kassel: Ja, sie hatten auch Geld, spätestens nach der Murdoch-Übernahme, auf die kommen wir gleich noch. Woran lag denn das? War das Arroganz? Haben die sich einfach auf ihrem Erfolg ausgeruht?
Grasse: Es hat unterschiedliche Gründe, also es hat definitiv auch technische Gründe: Myspace war eigentlich gar nicht dafür ausgelegt, so groß zu werden – die Software, die hinter Myspace steckt, die war dafür nicht ausgelegt. Und als Newscorp Myspace kaufte, da waren es ungefähr 20 Millionen Nutzer auf der Plattform, und nach dem Kauf sind die auch noch rapide angestiegen, die Nutzerzahlen.
Und in der Zeit, als der große Boom war, wo vor allen Dingen auch über 100 Millionen Menschen dort waren, da hätte Myspace eigentlich investieren müssen in Technik, die Sicherheit verbessert, die die Usability, also die Benutzung der Webseite, verbessert. All das wurde versäumt, weil man sich halt sagte, hey, wir haben eh keine Konkurrenz, die Leute kommen zu uns wie verrückt, warum sollten wir was ändern? Und genau das war der Fehler: Es wurde nicht in Innovationen investiert.
Kassel: Wir reden im Deutschlandradio Kultur – für mich überraschenderweise bis vor ein paar Tagen noch mal – über Myspace, die große Erfolgsgeschichte des Internets, die offenbar langsam zu Ende geht. Christian Grasse ist bei uns im Studio, Journalist und auch selber Netzlabelbetreiber. Kann man aber trotzdem feststellen, dass Musiker, auch Musikhörer Myspace eine Menge zu verdanken haben?
Grasse: Sicherlich, also das ist ganz klar. Myspace war generell so die erste Stelle im Internet, bei der man mit wenigen Klicks sich registrieren konnte und als Künstler dort seine Musik präsentieren konnte, natürlich auch Tourdaten und all das, was wir schon auch im Vorsetzer gehört haben. Aber das hat halt irgendwann nicht mehr gereicht.
Das Problem war auch, dass, je mehr Nutzer zu Myspace kamen, desto undurchsichtiger das Ganze wurde. Die Seite wurde immer mehr überladen durch Werbebanner zum Beispiel. Auch seit Newscorp Myspace gekauft hat, gab es auch Werbedeals mit Google, dann wurden noch mehr Werbebanner draufgepackt, dann gab es riesengroße Spamprobleme, die Myspace nicht unter Kontrolle bekam – und all das hat dazu geführt, dass es immer schwieriger wurde, die Seite zu benutzen.
Aber nichtsdestotrotz war es für Künstler so eigentlich der Einstiegspunkt, da es eben so einfach zu bedienen war, Musik dort zu präsentieren. Und anfänglich war es auch so, dass Fans dort für Künstler Accounts angelegt haben, Musik hochgeladen haben und dort quasi Werbung für die Lieblingsband gemacht haben. Das hat wiederum natürlich erste große Diskussionen angeregt, was Urheberrecht angeht im digitalen Zeitalter, und das hat letztendlich auch dazu geführt, dass professionelle Agenturen und Labels erkannt haben, hey, da ist ein Markt, da sind sehr viele Menschen, die sich für Musik begeistern – wir müssen dort präsent sein.
Und dieser Schritt ist sicherlich Myspace zu verdanken, dadurch, dass jetzt die komplette Musikindustrie vom kleinen Independent-Künstler bis zum großen Major-Label im Netz aktiv präsent ist, das haben wir sicherlich Myspace zu verdanken.
Kassel: Und auch diese Frage nach den Urheberrechten, die Frage nach dem Geld verdienen, wenn man irgendwas umsonst ins Netz stellt, die ist eigentlich damit das erste Mal aktuell geworden.
Grasse: Kann man so sagen, also nicht nur die Urheberrechtsdebatte, natürlich auch die Privatsphäre-Debatten, die kamen damals auch erstmalig auf, weil eben Myspace die erste große Plattform war, die wirklich international vertreten war, in diversen Sprachen existent, wie gesagt, über 100 Millionen Menschen weltweit dort vernetzt.
Und das war sozusagen so der erste Schritt in so einer international vernetzten digitalen Gesellschaft, in der sich auch in Anführungszeichen so Parallelgesellschaften gebildet haben, wo Independent-Künstler und Underground-Fans sich vernetzt haben aus verschiedenen Teilen der Welt, die vorher nie Kontakt zueinander bekommen hätte können – und das waren schon so erste Signale, die auch Experten damals erstaunt haben: Hey, hier geht ja was im Internet, Menschen weltweit vernetzen sich, und das über Musik.
Kassel: Acht Jahre ist es ungefähr her, dass die angefangen haben, sagen wir mal so fünf, sechs Jahre so dieser große Höhepunkt, wo sie wirklich die unumstrittene Nummer eins in dem Genre waren. Wenn man ehrlich ist, muss man sagen: Für Internetverhältnisse ist das nun auch wieder kein so kurzer Zeitraum: Das ganze Netz gibt es ja noch nicht ewig.
Was bedeutet es aber für die großen Player im Moment, zum Beispiel Facebook, unbestritten die Nummer eins der sozialen Netzwerke? Andererseits – gerade jetzt versucht Google, denen Konkurrenz zu machen mit einem eigenen sozialen Netzwerk, ein mächtiger, reicher Player. Heißt das, die Zeiten von Anbietern wie Facebook, Twitter, Youtube gehen vielleicht auch irgendwann zu Ende?
Grasse: Das würde ich nicht sagen, also der große Unterschied zwischen Facebook und Myspace oder auch Google und Myspace ist der, dass vor allem Google irgendwie ... Also wenn man jetzt sehen will, dass das neue Projekt Google Plus so ein Weg in ein soziales Netzwerk ist – das ist nur ein Projekt von Google.
Google ist quasi so die Mutter der Infrastruktur im Internet, kann man fast sagen, und deshalb würde ich nicht sagen, dass Google darunter leiden könnte, falls es jetzt nicht funktioniert. Und genauso Facebook: Facebook ist ein Unternehmen, das von Computernerds entwickelt wurde, die wissen, wie das Internet funktioniert, und vor allen Dingen entwickeln beide großen Unternehmen, Google und Facebook, immer in Innovationen. Mittlerweile ist Facebook auch so der beliebteste Arbeitgeber in der Szene, das heißt, die holen sich wirklich die guten Leute ran und versuchen ständig, neue Features zu bringen, um die Leute bei der Stange zu halten. Und genauso auch Youtube, also Youtube ist mittlerweile fast schon wie Wikipedia so eine Art Kulturarchiv, das wird nicht mehr verschwinden.
Der einzige kritische Punkt, den ich dabei sehen würde, ist, dass natürlich Facebook riesengroß ist. Wenn Google jetzt auch mit einem eigenen sozialen Netzwerk kommt, das ähnlich groß wird, stellt sich natürlich die Frage: Können zwei so große Unternehmen existieren? Deshalb gibt es auch immer wieder Kritiker, die sagen: Das müsste eigentlich ein technologischer Standard sein, so wie die E-Mail. Wenn ich bei Google bin und bei gmx, kann ich trotzdem von Google zu gmx eine E-Mail schicken, weil es ein technischer Standard ist.
Vielleicht könnte so was auch in den sozialen Netzwerken stattfinden, dass eben egal ist, wo man ist: Man kann trotzdem miteinander kommunizieren, auch wenn man bei Facebook oder bei Google Plus bald. Wir werden sehen.
Kassel: Die Zukunft der sozialen Netzwerke, vor allem die neuen sozialen Netzwerke, die jetzt Druck auf Facebook ausüben, sind übrigens großes Thema auch in unserer Sendung "Breitband" am nächsten Samstag ab 14.05 Uhr. Unser Thema jetzt war der wohl nicht mehr richtig aufzuhaltende Niedergang der einst so mächtigen Seite Myspace. Wir haben darüber geredet mit dem Journalisten und selber Netzlabelbetreiber Christian Grasse. Herr Grasse, vielen Dank!
Mehr zum Thema:
MySpace vor dem Ende - Preis für Netzwerk deutlich gesenkt
Christian Grasse: Hallo!
Kassel: Ich war ja ehrlich gesagt ein bisschen überrascht, als ich vor ein paar Tagen merkte, dass es Myspace überhaupt noch gibt. Was hat denn die Seite in ihrem Jetztzustand sowohl Musikern als auch Musikfreunden überhaupt noch zu bieten?
Grasse: Ja, also Myspace, hat man so mittlerweile den Eindruck, will alles sein, ist aber nichts richtig. Also man kann dort natürlich Musik immer noch entdecken, man kann dort Spiele spielen, man kann dort Videos sich anschauen, das heißt, es ist so ein bisschen Youtube, ein bisschen Portale, die mittlerweile eine viel größere Rolle spielen für Musiker wie zum Beispiel Soundcloud oder auch Bandcamp, und so ein bisschen Facebook hat es halt auch noch, da man halt schon immer noch mit Leuten in Kontakt treten kann.
Aber all das hat Myspace nie wirklich gut beherrscht, und das ist auch der Grund, weshalb Myspace Stück für Stück untergeht.
Kassel: Sie waren ja selber mal mit Ihrem Label da auch vertreten. Wann und warum haben Sie sich entschlossen, bei Myspace wieder abzuhauen?
Grasse: Das ist eigentlich eine recht witzige Geschichte. Es gab so Ende 2009 in einem US-amerikanischen Musikblog so eine Art offenen Brief an Myspace, wo so ein bisschen zusammengefasst wurde, wo die Probleme liegen, was Myspace verändern sollte, und Myspace ist doch quasi das Zuhause von allen Bands weltweit, und es wurde quasi so ein Ultimatum gestellt: Wenn ihr innerhalb eines Jahres irgendwie die Sachen nicht verbessert für uns Künstler und Labels, dann steigen wir kollektiv aus.
Und das hat sich so innerhalb des Jahres im Netz verbreitet, diese Ansicht, und betitelt wurde das Ganze mit dem Quit-Myspace-Day, das war glaube ich der 24. Oktober 2010 dann letztendlich. Und da sich innerhalb dieses Jahres gar nichts getan hatte, im Gegenteil, alles nur noch schlimmer wurde, haben dann ganz viele Leute sich entschieden, auszusteigen, und wir unter anderem auch.
Kassel: Aber es kann ja, was sonst im Internet oft ein Problem ist, gar nicht so an der Ausstattung gelegen haben. Die hatten vorübergehend mal, jetzt werden die Leute ja entlassen, aber relativ viele Mitarbeiter für so eine Internetfirma.
Grasse: Tausend glaube ich sogar.
Kassel: Ja, sie hatten auch Geld, spätestens nach der Murdoch-Übernahme, auf die kommen wir gleich noch. Woran lag denn das? War das Arroganz? Haben die sich einfach auf ihrem Erfolg ausgeruht?
Grasse: Es hat unterschiedliche Gründe, also es hat definitiv auch technische Gründe: Myspace war eigentlich gar nicht dafür ausgelegt, so groß zu werden – die Software, die hinter Myspace steckt, die war dafür nicht ausgelegt. Und als Newscorp Myspace kaufte, da waren es ungefähr 20 Millionen Nutzer auf der Plattform, und nach dem Kauf sind die auch noch rapide angestiegen, die Nutzerzahlen.
Und in der Zeit, als der große Boom war, wo vor allen Dingen auch über 100 Millionen Menschen dort waren, da hätte Myspace eigentlich investieren müssen in Technik, die Sicherheit verbessert, die die Usability, also die Benutzung der Webseite, verbessert. All das wurde versäumt, weil man sich halt sagte, hey, wir haben eh keine Konkurrenz, die Leute kommen zu uns wie verrückt, warum sollten wir was ändern? Und genau das war der Fehler: Es wurde nicht in Innovationen investiert.
Kassel: Wir reden im Deutschlandradio Kultur – für mich überraschenderweise bis vor ein paar Tagen noch mal – über Myspace, die große Erfolgsgeschichte des Internets, die offenbar langsam zu Ende geht. Christian Grasse ist bei uns im Studio, Journalist und auch selber Netzlabelbetreiber. Kann man aber trotzdem feststellen, dass Musiker, auch Musikhörer Myspace eine Menge zu verdanken haben?
Grasse: Sicherlich, also das ist ganz klar. Myspace war generell so die erste Stelle im Internet, bei der man mit wenigen Klicks sich registrieren konnte und als Künstler dort seine Musik präsentieren konnte, natürlich auch Tourdaten und all das, was wir schon auch im Vorsetzer gehört haben. Aber das hat halt irgendwann nicht mehr gereicht.
Das Problem war auch, dass, je mehr Nutzer zu Myspace kamen, desto undurchsichtiger das Ganze wurde. Die Seite wurde immer mehr überladen durch Werbebanner zum Beispiel. Auch seit Newscorp Myspace gekauft hat, gab es auch Werbedeals mit Google, dann wurden noch mehr Werbebanner draufgepackt, dann gab es riesengroße Spamprobleme, die Myspace nicht unter Kontrolle bekam – und all das hat dazu geführt, dass es immer schwieriger wurde, die Seite zu benutzen.
Aber nichtsdestotrotz war es für Künstler so eigentlich der Einstiegspunkt, da es eben so einfach zu bedienen war, Musik dort zu präsentieren. Und anfänglich war es auch so, dass Fans dort für Künstler Accounts angelegt haben, Musik hochgeladen haben und dort quasi Werbung für die Lieblingsband gemacht haben. Das hat wiederum natürlich erste große Diskussionen angeregt, was Urheberrecht angeht im digitalen Zeitalter, und das hat letztendlich auch dazu geführt, dass professionelle Agenturen und Labels erkannt haben, hey, da ist ein Markt, da sind sehr viele Menschen, die sich für Musik begeistern – wir müssen dort präsent sein.
Und dieser Schritt ist sicherlich Myspace zu verdanken, dadurch, dass jetzt die komplette Musikindustrie vom kleinen Independent-Künstler bis zum großen Major-Label im Netz aktiv präsent ist, das haben wir sicherlich Myspace zu verdanken.
Kassel: Und auch diese Frage nach den Urheberrechten, die Frage nach dem Geld verdienen, wenn man irgendwas umsonst ins Netz stellt, die ist eigentlich damit das erste Mal aktuell geworden.
Grasse: Kann man so sagen, also nicht nur die Urheberrechtsdebatte, natürlich auch die Privatsphäre-Debatten, die kamen damals auch erstmalig auf, weil eben Myspace die erste große Plattform war, die wirklich international vertreten war, in diversen Sprachen existent, wie gesagt, über 100 Millionen Menschen weltweit dort vernetzt.
Und das war sozusagen so der erste Schritt in so einer international vernetzten digitalen Gesellschaft, in der sich auch in Anführungszeichen so Parallelgesellschaften gebildet haben, wo Independent-Künstler und Underground-Fans sich vernetzt haben aus verschiedenen Teilen der Welt, die vorher nie Kontakt zueinander bekommen hätte können – und das waren schon so erste Signale, die auch Experten damals erstaunt haben: Hey, hier geht ja was im Internet, Menschen weltweit vernetzen sich, und das über Musik.
Kassel: Acht Jahre ist es ungefähr her, dass die angefangen haben, sagen wir mal so fünf, sechs Jahre so dieser große Höhepunkt, wo sie wirklich die unumstrittene Nummer eins in dem Genre waren. Wenn man ehrlich ist, muss man sagen: Für Internetverhältnisse ist das nun auch wieder kein so kurzer Zeitraum: Das ganze Netz gibt es ja noch nicht ewig.
Was bedeutet es aber für die großen Player im Moment, zum Beispiel Facebook, unbestritten die Nummer eins der sozialen Netzwerke? Andererseits – gerade jetzt versucht Google, denen Konkurrenz zu machen mit einem eigenen sozialen Netzwerk, ein mächtiger, reicher Player. Heißt das, die Zeiten von Anbietern wie Facebook, Twitter, Youtube gehen vielleicht auch irgendwann zu Ende?
Grasse: Das würde ich nicht sagen, also der große Unterschied zwischen Facebook und Myspace oder auch Google und Myspace ist der, dass vor allem Google irgendwie ... Also wenn man jetzt sehen will, dass das neue Projekt Google Plus so ein Weg in ein soziales Netzwerk ist – das ist nur ein Projekt von Google.
Google ist quasi so die Mutter der Infrastruktur im Internet, kann man fast sagen, und deshalb würde ich nicht sagen, dass Google darunter leiden könnte, falls es jetzt nicht funktioniert. Und genauso Facebook: Facebook ist ein Unternehmen, das von Computernerds entwickelt wurde, die wissen, wie das Internet funktioniert, und vor allen Dingen entwickeln beide großen Unternehmen, Google und Facebook, immer in Innovationen. Mittlerweile ist Facebook auch so der beliebteste Arbeitgeber in der Szene, das heißt, die holen sich wirklich die guten Leute ran und versuchen ständig, neue Features zu bringen, um die Leute bei der Stange zu halten. Und genauso auch Youtube, also Youtube ist mittlerweile fast schon wie Wikipedia so eine Art Kulturarchiv, das wird nicht mehr verschwinden.
Der einzige kritische Punkt, den ich dabei sehen würde, ist, dass natürlich Facebook riesengroß ist. Wenn Google jetzt auch mit einem eigenen sozialen Netzwerk kommt, das ähnlich groß wird, stellt sich natürlich die Frage: Können zwei so große Unternehmen existieren? Deshalb gibt es auch immer wieder Kritiker, die sagen: Das müsste eigentlich ein technologischer Standard sein, so wie die E-Mail. Wenn ich bei Google bin und bei gmx, kann ich trotzdem von Google zu gmx eine E-Mail schicken, weil es ein technischer Standard ist.
Vielleicht könnte so was auch in den sozialen Netzwerken stattfinden, dass eben egal ist, wo man ist: Man kann trotzdem miteinander kommunizieren, auch wenn man bei Facebook oder bei Google Plus bald. Wir werden sehen.
Kassel: Die Zukunft der sozialen Netzwerke, vor allem die neuen sozialen Netzwerke, die jetzt Druck auf Facebook ausüben, sind übrigens großes Thema auch in unserer Sendung "Breitband" am nächsten Samstag ab 14.05 Uhr. Unser Thema jetzt war der wohl nicht mehr richtig aufzuhaltende Niedergang der einst so mächtigen Seite Myspace. Wir haben darüber geredet mit dem Journalisten und selber Netzlabelbetreiber Christian Grasse. Herr Grasse, vielen Dank!
MySpace vor dem Ende - Preis für Netzwerk deutlich gesenkt