"Wir gehen nicht nach New York"

Von Martina Zimmermann |
Lange Zeit galt Paris als verlassen während der Sommermonate. Doch auch in der Hauptstadt ist eine Menge los, Konzerte aller Musikstile in Parks und Gärten oder Open-Air-Kinos und "Paris Plage" - der Strand an der Seine mit Kulturveranstaltungen. Und: Es gibt mehrere wichtige Jazzfestivals.
"Wir gehen nicht nach New York". So lautet das Motto des Festivals, denn die Pariser brauchen nur ein Metroticket, um die amerikanischen Stars zu sehen. Sie spielen im Rahmen des Festivals in Jazzclubs oder Konzerthallen. Der Sänger José James eröffnete das Festival, das bis zum Ende des Monats geht. Er lebt in Brooklyn, New York:

"New York ist definitiv wichtig wegen der Geschichte des Jazz und wegen der Musiker. Die meisten Kids in anderen Ländern wollen nach New York oder auf die Berkley School in Boston. Und selbst wer auf diese Schule geht, hängt in New York herum, wenn er ausgeht. In New York kommt man leicht zusammen, spielt auf Jam Sessions, probiert musikalische Ideen aus. Das passiert in New York mehr als anderswo, weil da so viele Musiker leben."

José James trat mehrere Tage im "Duc des Lombards" auf, der liegt im Herzen von Paris, auf der so genannten Jazzmeile, weil in dieser Straße in drei Clubs Konzerte und Jamsessions stattfinden. Auf dem Programm des Festivals steht auch Gretchen Parlato, Tochter des Bassisten von Frank Zappa. Die Sängerin wird für ihre Musik von Wayne Shorter oder Herbie Hancock in höchsten Tönen gelobt. Gretchen Parlato gehört zur neuen Generation, sie spricht von einer "stillen Revolution" im Jazz:

"Wir kennen das Alte und machen Neues. Wir kennen die Tradition und bewahren die Geschichte, aber wir bringen Neues und Frische. Unsere Generation ist mit vielen Musikstilen aufgewachsen, und wir haben keine Angst, die einzubringen. Die Jazzpolizei wird sagen, das kannst du nicht machen, das ist kein Jazz! Aber ich denke, jeder ist einfach authentisch und ehrlich, wir können mit unserer Kunst outside the box denken. Es geht um Emotion, Menschen müssen untereinander in Verbindung treten und die Musik fühlen."

Das Festival findet nicht nur im Club, sondern auch in großen Hallen statt, zum Beispiel gibt es eine sog. "Gitarrennacht" am 17. Juli im Olympia mit Mike Stern und Richard Bona, Larry Coryell und Bireli Lagrène, um nur ein paar der teilnehmenden Stars zu nennen. Am darauffolgenden Tag spielen der kubanische Pianist Roberto Fonseca und der aus Armenien stammende Tigran Hamasyan um die Wette. Roberto Fonseca:

"Für mich ist es nicht wichtig, ob ich auf einem großen Festival spiele oder in einem kleinen Club. Mein Vater brachte mir bei: "Wenn die Halle voll ist, musst du wirklich gut spielen. Aber wenn nur zwei Leute im Club sind musst du genauso gut spielen, denn diese beiden Leute geben ihre Zeit um dich zu sehen!""

Auch im legendären Pariser Club New Morning findet im Sommer ein Festival statt, und das seit fast 30 Jahren. Die meisten Künstler auf Europatournee reisen über Paris, und in der französischen Hauptstadt kommen alle gerne ins New Morning. Daher der Name des Festivals: New Morning All Stars. Der aus Guadeloupe stammende und in New York lebende Saxofonist Jean-Jacques Schwartzbart eröffnete es. Christine Badier, die das Programm zusammenstellt:

"Einen Monat lang haben wir jeden Abend große Stars, die sonst nur auf riesigen Festivals vor Tausenden von Menschen spielen. ... Ich denke an Eddy Palmieri. Er kommt schon seit langem ins New Morning, diesmal feiert er seinen 70. Geburtstag und hat die Crème der latinoamerikanischen und kubanischen Musiker eingeladen, zum Beispiel Jimmy Bosch an der Posaune. "

Jazz, Salsa, Blues, Funk, Groove, Afrostile... Roy Hargrove, John Lee Hooker oder Mory Kante und auch die "Band des Jahres" aus Kuba, Havana d Primera... das All Star Festival geht bis zum 3. August! Das besondere an diesem legendären Jazzclub ist, dass er ausschließlich von Frauen geleitet wird. Vielleicht schaffe das die Atmosphäre, meint Christine Badier:

"Eine feminine Seele... so möchten wir es zumindest. Wenn die Musiker kommen sage ich Fühlt euch wie zu hause und macht und spielt, was ihr wollt. Es gibt oft schöne Überraschungen, Musiker, die zufällig da sind und auf die Bühne steigen. Gäste, die keiner erwartet hat, denn es kommen auch viele Musiker aus Paris, um ihre Freunde anzuhören. Und dann steigen auch sie auf die Bühne! "

Wie an diesem Abend, als der Trompeter Stéphane Belmondo sich zum Saxofonisten Jean-Jacques Schwartzbart gesellt, unter dem begeisterten Applaus des Publikums, in dem übrigens auch die Justizministerin Taubira sitzt.

Jazz à la Villette
Jazzfestival Paris