"Wir Schwarzen müssen zusammenhalten" - Eine Erwiderung
Münchner Kammerspiele
Von und mit: Ramsès Alfa, Dr. Kokou Azamede, Jeannine Dissirama Bessoga, Danaye Kalanféi, Nancy Mensah-Offei, Michael Pietsch, Komi Togbonou, Martin Weigel
Regie: Jan-Christoph Gockel
Uraufführung ist am 20. März 2021 im Livestream, weitere Informationen hier.
Nachwehen der deutschen Kolonialgeschichte
13:02 Minuten
Mit der deutsch-togoischen Produktion "Wir Schwarzen müssen zusammenhalten" werfen die Münchner Kammerspiele einen Blick auf das koloniale Verhältnis zwischen beiden Ländern. Der Titel des Stücks geht auf ein Zitat von Franz-Josef Strauß zurück.
Die Coronazahlen steigen wieder, zugleich wächst die Ungeduld nicht zuletzt bei den immer noch geschlossenen Theatern. In einem offenen Statement der Intendantengruppe des Deutschen Bühnenvereins wird an die Politik appelliert, Kultureinrichtungen bei Öffnungen vorrangig zu behandeln. Bis dahin wird weiterhin auf Online-Produktionen ausgewichen, so auch bei den Münchner Kammerspielen.
Der Titel ist ein Zitat von Franz-Josef Strauß
Regisseur Jan-Christoph Gockel, seit dieser Spielzeit Teil des künstlerischen Leitungsteams, ist dort an einer bayerisch-togoischen Zeitreise beteiligt, einer Stückentwicklung der besonderen Art.
"Wir Schwarzen müssen zusammenhalten" lautet der Titel, ein Zitat, mit dem ausgerechnet Franz-Josef Strauß seine Freundschaft zu dem ehemaligen togoischen Präsidenten Gnassingbé Eyadéma beschrieben hat.
Jan-Christoph Gockel hat sich von diesem Satz ausgehend auf eine Recherche zu der Stadt begeben, in der er jetzt tätig ist.
"Ich bin schier umgefallen, als ich diese Zusammenhänge Bayern-Togo aufgespürt habe", berichtet Gockel. "Ich habe das dann in die Runde gegeben und dann war uns eigentlich relativ schnell klar, dass wir diesen Kontext bearbeiten wollen, dass wir international mit Künstler*innen aus Togo zusammenarbeiten, aber natürlich auch versuchen wollen, ein Stück unserer Geschichte hier vor Ort zu erzählen."
"Eine korrupte Spetzl-Wirtschaft"
So führt die Arbeit direkt in die Nachwehen der deutschen Kolonialgeschichte – genauer: zur Hundertjahrfeier der deutsch-togoischen Freundschaft, die 1984 gefeiert wurde.
Aber Gockel macht klar: "Das war ja keine Freundschaft von 1884, sondern das war eine koloniale Eroberung. Und damit öffnet sich so ein bisschen die Tür zum Thema, dass unter dem Schirm von Strauß deutsche Unternehmer nach Togo gegangen sind und er unter dem Deckmantel von Zusammenarbeit eine korrupte Spetzl-Wirtschaft gedeckt hat."
"Digital geht viel, aber nicht alles"
Wegen der Pandemie wird die Aufführung nun live Performerinnen und Performer aus Togo und München miteinander verbinden – in einem Mix aus Puppenspiel, Schauspiel, Comic und Film.
Das sei mehr als nur ein ästhetischer Kompromiss, wie der Regisseur betont. "Ich glaube, mit dem Digitalen geht viel, aber es geht nicht alles. Miteinander spielen im Live-Moment über Leitungen funktioniert. Aber ich glaube, gerade der Blick in die Welt und auf Lebensumstände, die nicht die unsrigen sind, funktioniert zum gewissen Teil nur, wenn man das selbst in Augenschein nimmt."
Corona führt zur Nabelschau
Auch diese Erfahrung verdichtet sich für das Team durch die Corona-Beschränkungen.
"Ich glaube, das hat die Pandemie uns sehr gelehrt", sagt Jan-Christoph Gockel. "Wie leicht sich der Blick einfach verengt auf die Situation: Wie geht es uns hier? Wann ist der Impfstoff da? Und dass so der Blick auf das Leben an anderen Orten dieser Welt eigentlich völlig verloren geht."
Wie war der Abend? Unser Kritiker Christoph Leibold hat sich die Performance angesehen. In unserer Sendung "Fazit" haben wir mit ihm gesprochen: