"Wir wollten nicht niedlich sein"
"Wir wollten uns nicht bei den Kindern einschmeicheln, wir wollten einfach sagen, was ist", erinnert sich Christoph Biemann an den Beginn der "Sendung mit der Maus" vor 40 Jahren. Von Pädagogen sei die Sendung stark kritisiert worden: "Zu bunt, zu laut, zu schnell" habe es geheißen.
Dieter Kassel: Zu modern, zu schnelle Schnitte, nicht pädagogisch genug, überhaupt nicht geeignet für Kinder, überfordert das Gehirn – so lautete die Kritik an einem völlig neuen Phänomen im Fernsehen, nein, nicht MTV, sondern "Die Sendung mit der Maus". Als sie vor 40 Jahren zum ersten Mal zu sehen war, gab es viele Bedenken. Heute gibt es viele Glückwünsche. Dieser hier kommt von Oliver Witt.
Oliver Witt über "Die Sendung mit der Maus". An ihrem heutigen 40. Geburtstag habe ich mit einem der Mausmacher geredet, mit Christoph Biemann, das ging allerdings nur vor der Sendung, denn inzwischen ist er auf dem Rosenmontagszug, auf dem Maus-Wagen. Aber heute Morgen habe ich ihn noch fragen können, was er eigentlich damit meint, wenn er immer mal wieder gesagt hat, dass man damals, Anfang der 70er-Jahre, eine solche Sendung einfach machen musste, wieso das muss.
Christoph Biemann: Die Sendung musste es geben, weil die Kinder einfach ferngesehen haben, und sie haben hauptsächlich Werbung gesehen und waren begeistert von den kleinen Animationen dazwischen, von den kleinen Trickfilmfiguren und von den, ja, sehr eingängigen, gut gemachten Werbespots. Gleichzeitig gab es bei uns den sozusagen aufklärerischen Impetus, halt den Kindern was zu erzählen, für die Türen zu öffnen, ihnen sozusagen auch ein bisschen die Welt zu zeigen, ja, das hat sich praktisch von selber angeboten.
Kassel: Gab es damals auch – wir reden ja über eine Zeit, da war die 68er-Revolte natürlich gerade passiert oder war in vollem Gange, da gab es aber natürlich auch noch starke konservative Strömungen –, gab es Diskussionen darüber, ob man damals eine Sendung so spielerisch, so locker-leicht machen durfte für Kinder oder ob man ein bisschen mehr Disziplin brauchte?
Biemann: Also es gab schon Diskussionen, also gerade Pädagogen haben da stark gewettert gegen die Maus, das wir irgendwie alles zukleistern, dass wir Musik machen, zu bunt, zu laut, zu schnell sind, da gab es viele Proteste. Aber die Kinder haben es trotzdem geguckt, und das war für uns das Wichtigste. Heute sehen die Leute das ganz anders.
Kassel: Ich habe so gelacht, weil ich finde, man könnte fast ein paar der Kritiken, die es damals gab – gerade was technische Angelegenheiten angeht – heute vorlesen, dann würde jeder sagen, das war bestimmt was über MTV, als es mit MTV losging, weil es tatsächlich auch hieß, das sind zu schnelle Schnitte, und der eine oder andere hat damals auch gesagt, Medienexperte hat gesagt: Das ist nicht gut für Kindergehirne. Sie waren ja selber damals ganz, ganz jung, so um die 20, als Sie angefangen haben. Kam Ihnen das manchmal auch sehr flott und sehr modern vor?
Biemann: Nein, gar nicht. Also ich hatte selber überhaupt kein Problem damit, weil ich habe eigentlich mehr auch dann damals Kino geguckt, und im Kino war das ganz normal, und diese Werbespotwelt war mir auch nicht so ganz fremd. Ich hatte überhaupt kein Problem damit, also ich dachte dann auch schon eher, na ja, manchmal ist es doch ein bisschen betulich. Und wenn man heute die Sendungen von vor 40 Jahren anguckt, dann finde ich das erst recht, weil es doch sehr ... es war sehr herb im Prinzip. Also wir wollten nicht niedlich sein, wir wollten uns nicht bei den Kindern einschmeicheln, wir wollten einfach sagen, was ist. Also "Die Sendung mit der Maus", der Titel "Die Sendung mit der Maus" ist ja auch ein Zeichen dafür, dass wir eben einfach Klartext reden wollten, auf Augenhöhe, nicht den Kindern sagen, ach, das ist ganz niedlich, das ist für euch, das sind niedliche kleine Tiere, schön, sondern eben ganz ... auch die harte Wirklichkeit zeigen.
Kassel: Wie politisch durfte das denn am Anfang werden? Ich glaube, Ihr allererstes Erklärstück hat erklärt, wie man Gummibärchen macht – ist ja noch nicht so politisch. Das, was mich viele Jahre später beeindruckt hat, war mal eine Sachgeschichte, wo man ein Wohnzimmer sah, aus dem hintereinander immer die Möbel und der Fernseher und alles Mögliche verschwanden, weil damals erklärt wurde, was alles aus Erdöl hergestellt wird. Fand ich auf eine gewisse Art und Weise sehr politisch, weil ... ich muss gerade nachrechnen, es ist glaube ich 36 Jahre her, und ich kann mich noch daran erinnern, oder 35. Wie politisch durften die Erklärstücke sein?
Biemann: Also wir haben Sendungen gemacht über Wahlen, über Atomkraft zum Beispiel, das ist natürlich politisch ein sehr kontroverses Thema gewesen, aber auch so, dass man praktisch gezeigt hat, was ist, ohne es zu werten. Wir haben gesagt, es gibt Leute, die sind dagegen, und es gibt Leute, die sagen, damit kann man leben. Da sind wir dann stehengeblieben. Wir haben eine Sendung gemacht, mit der auch ein Kind leben kann, dessen Vater im Atomkraftwerk arbeitet, und wir haben immer nur gezeigt, was die Tatsachen sind und gesagt, die Schlüsse daraus, die müsst ihr selber ziehen.
Kassel: Gab es darüber dann auch manchmal Diskussionen? Ich erinnere mich, beim "Scheibenwischer" sind damals noch nicht mehrere Sender, ein Sender, der Bayrische Rundfunk, ausgestiegen. Gab es Sendungen mit der Maus, wo der BR oder andere gesagt haben, noch so ein Ding und wir senden das nicht mehr?
Biemann: Nein, nein, hat es nie gegeben.
Kassel: Sie haben selber gesagt, wenn Sie zurückgucken so auf die ganz frühen Stücke, die Sie und auch Kollegen damals gemacht haben, dann kommt Ihnen das sehr altmodisch vor. Die Medienwelt, gerade auch die von Kindern und Jugendlichen, hat sich ja in den letzten Jahren durch das Internet, durch 100 Digitalfernsehprogramme ganz, ganz stark verändert. Musste die "Sendung mit der Maus" da auch drauf reagieren?
Biemann: Wir haben ... heute wird von uns gesagt, und das finden wir auch ganz gut, ein wohltuendes Adagio in der Maus, weil wir müssen ja Sachen erklären, und zum Erklären braucht es einfach manchmal ein bisschen Zeit. Das muss auch jenseits von irgendwelchen Effekten passieren, weil wenn man ehrlich erklärt und auch die Bilder zeigt, die es dazu braucht, dann braucht man das nicht, weil der Spaß kommt einfach daher, dass man was versteht, da braucht man keine Effekte, die das irgendwie aufmöbeln. Da sind wir selbstbewusst genug.
Kassel: Wir reden im Deutschlandradio Kultur gerade heute Vormittag, am 40. Geburtstag der Maus, der Maus aus der "Sendung mit der Maus", mit Christoph Biemann, einem der Mausmacher, und Herr Biemann, wenn Sie irgendjemand fragt, welcher von den Dreien sind denn Sie, dann würde ich einfach sagen, der mit dem grünen Pullover, dafür sind Sie legendär. Warum eigentlich, wie kam eigentlich der grüne Pullover?
Biemann: Das hängt mit Atom-Maus zusammen, da wusste ich, das dauert lange, bis der Film fertig ist, und damals war es Mode, so bunte Sweatshirts zu tragen, und von den grünen hatte ich zwei, und da wusste ich, wenn eins in der Wäsche ist, dann habe ich immer noch den anderen, weil beim Film ist es ja so, wenn man verschiedene Szenen zusammenschneidet und der Darsteller hat dann verschiedene Sachen an, dann ist das einfach ein handwerklicher Fehler. So ist es zu dem grünen Sweatshirt gekommen, und irgendwann gingen zwei Kinder hinter mir her und sagten, ach, da ist der Christoph aus der Maus, und das andere Kind sagte dann, ja, und sein grünes Sweatshirt hat er auch an. Da war mir klar: Da war irgendwas passiert, ein Markenzeichen entstanden.
Kassel: Seitdem – wie viele grüne Sweatshirts, Pullover und T-Shirts haben Sie verbraucht?
Biemann: Verbraucht eigentlich keine, also es gibt ein paar, die sind irgendwie bei Auktionen dann versteigert worden. Ich habe im Moment 14, davon sind vier etwas ausgebleicht, die anderen sind parat für Drehaufnahmen.
Kassel: 40 Jahre Maus, wie ich mir vorstellen kann, es hat ja schon einen kleinen Generationswechsel auch gegeben, die nächsten 40 Jahre könnten funktionieren, aber Sie haben schon gesagt, bei aller Vorsicht, dabei nicht Trends hinterherzulaufen, muss die Maus sich auch an die Zeit anpassen. Es gibt ja ein bisschen in der Pädagogik jetzt diesen Trend – neben anderen Trends –, zurück zu alten Werten. Leute wie Bernhard Bueb stehen dafür, international gab es auch Bücher, die gesagt haben, wir brauchen mehr Disziplin, die alten Tugenden. Glauben Sie, das könnte sich vielleicht auch aufs Kinderfernsehen auswirken, dass irgendjemand gerade jetzt wieder sagt, keine spielerische Maus, alles wieder ernsthafter?
Biemann: Also ich denke, die Maus ist weder zu spielerisch noch zu ernsthaft. Ich denke, das Beste ist, auch für die Pädagogen ins Stammbuch geschrieben, ist, authentisch zu sein, so wie man ist. Also im Prinzip spiegelt sich in meinen Filmen in der Maus meine eigene Neugierde wider.
Kassel: Okay, nun ist gerade - das muss man zum Schluss schon noch sagen, deshalb zeichnen wir dieses Gespräch ja auch auf, das wir hier gerade führen, heute gerade der Tag, wo man nicht ganz authentisch sein muss oder eben doch mehr als den Rest des Jahres – das ist eine philosophische Frage. Heute ist Rosenmontag, deshalb müssen Sie auch früh los. Was machen Sie und was macht die Maus auf dem Rosenmontagszug?
Biemann: Wir fahren auf einem Wagen mit, der so ein bisschen mausmäßig gestaltet ist. Ich weiß nicht genau, wie es geht, aber ich bin schon mal mit dem Rosenmontagszug mitgefahren, und das ist eine Höllenfahrt sozusagen, weil es vier Stunden lang sehr laut ist, sehr turbulent und man Muskelkater hat vom Kamelle schmeißen und von dem, was man da so in die Leute reinwirft.
Kassel: Christoph Biemann, dann sage ich natürlich, herzlichen Glückwunsch zum Maus-Jubiläum, aber am heutigen Tag sage ich dann auch, Maus alaaf!
Biemann: Maus alaaf, danke schön!
Kassel: Christoph Biemann, einer der großen Mausmacher, zum 40-jährigen Jubiläum der "Sendung mit der Maus", und während er jetzt schon längst auf dem Rosenmontagszug herumtobt, kann ich daran erinnern, dass es die eigentliche Jubiläumssendung erst noch gibt, die haben Sie noch nicht verpasst, denn die Sendung ist ja immer an einem Sonntag, und deshalb gibt es die offizielle 40-Jahre-Maus-Jubiläumsshow am kommenden Sonntag, ausnahmsweise schon um 11 Uhr, und zwar eine ganze Stunde lang dann zu sehen im ersten Fernsehprogramm und gleichzeitig auch im Kinderkanal.
Oliver Witt über "Die Sendung mit der Maus". An ihrem heutigen 40. Geburtstag habe ich mit einem der Mausmacher geredet, mit Christoph Biemann, das ging allerdings nur vor der Sendung, denn inzwischen ist er auf dem Rosenmontagszug, auf dem Maus-Wagen. Aber heute Morgen habe ich ihn noch fragen können, was er eigentlich damit meint, wenn er immer mal wieder gesagt hat, dass man damals, Anfang der 70er-Jahre, eine solche Sendung einfach machen musste, wieso das muss.
Christoph Biemann: Die Sendung musste es geben, weil die Kinder einfach ferngesehen haben, und sie haben hauptsächlich Werbung gesehen und waren begeistert von den kleinen Animationen dazwischen, von den kleinen Trickfilmfiguren und von den, ja, sehr eingängigen, gut gemachten Werbespots. Gleichzeitig gab es bei uns den sozusagen aufklärerischen Impetus, halt den Kindern was zu erzählen, für die Türen zu öffnen, ihnen sozusagen auch ein bisschen die Welt zu zeigen, ja, das hat sich praktisch von selber angeboten.
Kassel: Gab es damals auch – wir reden ja über eine Zeit, da war die 68er-Revolte natürlich gerade passiert oder war in vollem Gange, da gab es aber natürlich auch noch starke konservative Strömungen –, gab es Diskussionen darüber, ob man damals eine Sendung so spielerisch, so locker-leicht machen durfte für Kinder oder ob man ein bisschen mehr Disziplin brauchte?
Biemann: Also es gab schon Diskussionen, also gerade Pädagogen haben da stark gewettert gegen die Maus, das wir irgendwie alles zukleistern, dass wir Musik machen, zu bunt, zu laut, zu schnell sind, da gab es viele Proteste. Aber die Kinder haben es trotzdem geguckt, und das war für uns das Wichtigste. Heute sehen die Leute das ganz anders.
Kassel: Ich habe so gelacht, weil ich finde, man könnte fast ein paar der Kritiken, die es damals gab – gerade was technische Angelegenheiten angeht – heute vorlesen, dann würde jeder sagen, das war bestimmt was über MTV, als es mit MTV losging, weil es tatsächlich auch hieß, das sind zu schnelle Schnitte, und der eine oder andere hat damals auch gesagt, Medienexperte hat gesagt: Das ist nicht gut für Kindergehirne. Sie waren ja selber damals ganz, ganz jung, so um die 20, als Sie angefangen haben. Kam Ihnen das manchmal auch sehr flott und sehr modern vor?
Biemann: Nein, gar nicht. Also ich hatte selber überhaupt kein Problem damit, weil ich habe eigentlich mehr auch dann damals Kino geguckt, und im Kino war das ganz normal, und diese Werbespotwelt war mir auch nicht so ganz fremd. Ich hatte überhaupt kein Problem damit, also ich dachte dann auch schon eher, na ja, manchmal ist es doch ein bisschen betulich. Und wenn man heute die Sendungen von vor 40 Jahren anguckt, dann finde ich das erst recht, weil es doch sehr ... es war sehr herb im Prinzip. Also wir wollten nicht niedlich sein, wir wollten uns nicht bei den Kindern einschmeicheln, wir wollten einfach sagen, was ist. Also "Die Sendung mit der Maus", der Titel "Die Sendung mit der Maus" ist ja auch ein Zeichen dafür, dass wir eben einfach Klartext reden wollten, auf Augenhöhe, nicht den Kindern sagen, ach, das ist ganz niedlich, das ist für euch, das sind niedliche kleine Tiere, schön, sondern eben ganz ... auch die harte Wirklichkeit zeigen.
Kassel: Wie politisch durfte das denn am Anfang werden? Ich glaube, Ihr allererstes Erklärstück hat erklärt, wie man Gummibärchen macht – ist ja noch nicht so politisch. Das, was mich viele Jahre später beeindruckt hat, war mal eine Sachgeschichte, wo man ein Wohnzimmer sah, aus dem hintereinander immer die Möbel und der Fernseher und alles Mögliche verschwanden, weil damals erklärt wurde, was alles aus Erdöl hergestellt wird. Fand ich auf eine gewisse Art und Weise sehr politisch, weil ... ich muss gerade nachrechnen, es ist glaube ich 36 Jahre her, und ich kann mich noch daran erinnern, oder 35. Wie politisch durften die Erklärstücke sein?
Biemann: Also wir haben Sendungen gemacht über Wahlen, über Atomkraft zum Beispiel, das ist natürlich politisch ein sehr kontroverses Thema gewesen, aber auch so, dass man praktisch gezeigt hat, was ist, ohne es zu werten. Wir haben gesagt, es gibt Leute, die sind dagegen, und es gibt Leute, die sagen, damit kann man leben. Da sind wir dann stehengeblieben. Wir haben eine Sendung gemacht, mit der auch ein Kind leben kann, dessen Vater im Atomkraftwerk arbeitet, und wir haben immer nur gezeigt, was die Tatsachen sind und gesagt, die Schlüsse daraus, die müsst ihr selber ziehen.
Kassel: Gab es darüber dann auch manchmal Diskussionen? Ich erinnere mich, beim "Scheibenwischer" sind damals noch nicht mehrere Sender, ein Sender, der Bayrische Rundfunk, ausgestiegen. Gab es Sendungen mit der Maus, wo der BR oder andere gesagt haben, noch so ein Ding und wir senden das nicht mehr?
Biemann: Nein, nein, hat es nie gegeben.
Kassel: Sie haben selber gesagt, wenn Sie zurückgucken so auf die ganz frühen Stücke, die Sie und auch Kollegen damals gemacht haben, dann kommt Ihnen das sehr altmodisch vor. Die Medienwelt, gerade auch die von Kindern und Jugendlichen, hat sich ja in den letzten Jahren durch das Internet, durch 100 Digitalfernsehprogramme ganz, ganz stark verändert. Musste die "Sendung mit der Maus" da auch drauf reagieren?
Biemann: Wir haben ... heute wird von uns gesagt, und das finden wir auch ganz gut, ein wohltuendes Adagio in der Maus, weil wir müssen ja Sachen erklären, und zum Erklären braucht es einfach manchmal ein bisschen Zeit. Das muss auch jenseits von irgendwelchen Effekten passieren, weil wenn man ehrlich erklärt und auch die Bilder zeigt, die es dazu braucht, dann braucht man das nicht, weil der Spaß kommt einfach daher, dass man was versteht, da braucht man keine Effekte, die das irgendwie aufmöbeln. Da sind wir selbstbewusst genug.
Kassel: Wir reden im Deutschlandradio Kultur gerade heute Vormittag, am 40. Geburtstag der Maus, der Maus aus der "Sendung mit der Maus", mit Christoph Biemann, einem der Mausmacher, und Herr Biemann, wenn Sie irgendjemand fragt, welcher von den Dreien sind denn Sie, dann würde ich einfach sagen, der mit dem grünen Pullover, dafür sind Sie legendär. Warum eigentlich, wie kam eigentlich der grüne Pullover?
Biemann: Das hängt mit Atom-Maus zusammen, da wusste ich, das dauert lange, bis der Film fertig ist, und damals war es Mode, so bunte Sweatshirts zu tragen, und von den grünen hatte ich zwei, und da wusste ich, wenn eins in der Wäsche ist, dann habe ich immer noch den anderen, weil beim Film ist es ja so, wenn man verschiedene Szenen zusammenschneidet und der Darsteller hat dann verschiedene Sachen an, dann ist das einfach ein handwerklicher Fehler. So ist es zu dem grünen Sweatshirt gekommen, und irgendwann gingen zwei Kinder hinter mir her und sagten, ach, da ist der Christoph aus der Maus, und das andere Kind sagte dann, ja, und sein grünes Sweatshirt hat er auch an. Da war mir klar: Da war irgendwas passiert, ein Markenzeichen entstanden.
Kassel: Seitdem – wie viele grüne Sweatshirts, Pullover und T-Shirts haben Sie verbraucht?
Biemann: Verbraucht eigentlich keine, also es gibt ein paar, die sind irgendwie bei Auktionen dann versteigert worden. Ich habe im Moment 14, davon sind vier etwas ausgebleicht, die anderen sind parat für Drehaufnahmen.
Kassel: 40 Jahre Maus, wie ich mir vorstellen kann, es hat ja schon einen kleinen Generationswechsel auch gegeben, die nächsten 40 Jahre könnten funktionieren, aber Sie haben schon gesagt, bei aller Vorsicht, dabei nicht Trends hinterherzulaufen, muss die Maus sich auch an die Zeit anpassen. Es gibt ja ein bisschen in der Pädagogik jetzt diesen Trend – neben anderen Trends –, zurück zu alten Werten. Leute wie Bernhard Bueb stehen dafür, international gab es auch Bücher, die gesagt haben, wir brauchen mehr Disziplin, die alten Tugenden. Glauben Sie, das könnte sich vielleicht auch aufs Kinderfernsehen auswirken, dass irgendjemand gerade jetzt wieder sagt, keine spielerische Maus, alles wieder ernsthafter?
Biemann: Also ich denke, die Maus ist weder zu spielerisch noch zu ernsthaft. Ich denke, das Beste ist, auch für die Pädagogen ins Stammbuch geschrieben, ist, authentisch zu sein, so wie man ist. Also im Prinzip spiegelt sich in meinen Filmen in der Maus meine eigene Neugierde wider.
Kassel: Okay, nun ist gerade - das muss man zum Schluss schon noch sagen, deshalb zeichnen wir dieses Gespräch ja auch auf, das wir hier gerade führen, heute gerade der Tag, wo man nicht ganz authentisch sein muss oder eben doch mehr als den Rest des Jahres – das ist eine philosophische Frage. Heute ist Rosenmontag, deshalb müssen Sie auch früh los. Was machen Sie und was macht die Maus auf dem Rosenmontagszug?
Biemann: Wir fahren auf einem Wagen mit, der so ein bisschen mausmäßig gestaltet ist. Ich weiß nicht genau, wie es geht, aber ich bin schon mal mit dem Rosenmontagszug mitgefahren, und das ist eine Höllenfahrt sozusagen, weil es vier Stunden lang sehr laut ist, sehr turbulent und man Muskelkater hat vom Kamelle schmeißen und von dem, was man da so in die Leute reinwirft.
Kassel: Christoph Biemann, dann sage ich natürlich, herzlichen Glückwunsch zum Maus-Jubiläum, aber am heutigen Tag sage ich dann auch, Maus alaaf!
Biemann: Maus alaaf, danke schön!
Kassel: Christoph Biemann, einer der großen Mausmacher, zum 40-jährigen Jubiläum der "Sendung mit der Maus", und während er jetzt schon längst auf dem Rosenmontagszug herumtobt, kann ich daran erinnern, dass es die eigentliche Jubiläumssendung erst noch gibt, die haben Sie noch nicht verpasst, denn die Sendung ist ja immer an einem Sonntag, und deshalb gibt es die offizielle 40-Jahre-Maus-Jubiläumsshow am kommenden Sonntag, ausnahmsweise schon um 11 Uhr, und zwar eine ganze Stunde lang dann zu sehen im ersten Fernsehprogramm und gleichzeitig auch im Kinderkanal.