Was tun gegen Antibiotikaresistenz?
Offiziellen Schätzungen zufolge sterben in Deutschland jährlich 7.500 bis 15.000 Menschen an Infektionen, die überwiegend durch antibiotikaresistente Erreger verursacht wurden. Dagegen vorzugehen, ist schwer. Wir diskutieren mit den Experten Katja de With und Tim Eckmanns über mögliche Lösungen.
Sie sind die wichtigste Waffe gegen gefährliche Bakterien: Antibiotika. Doch diese Waffe droht unwirksam zu werden. Immer mehr Erreger sprechen nicht mehr auf die Behandlung an, sie sind antibiotikaresistent. Offiziellen Schätzungen zufolge sterben in Deutschland jährlich 7.500 bis 15.000 Menschen an Infektionen, die überwiegend durch antibiotikaresistente Erreger verursacht wurden. "Das Problem ist so ernst, dass es die Errungenschaften der modernen Medizin bedroht", warnt die Weltgesundheitsorganisation. Das Weltwirtschaftsforum zählt Antibiotikaresistenz mittlerweile zu den größten Risiken für die Weltwirtschaft.
"Es geht darum, Antibiotika sorgfältiger auszuwählen und so Infektionen effektiver zu behandeln", sagt Dr. Dr. Katja de With. Die Pharmazeutin und Medizinerin leitet den Zentralbereich Klinische Infektiologie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden. Sie ist eine der wenigen Expertinnen auf dem Gebiet und berät Krankenhäuser und niedergelassene Ärzte im richtigen Umgang mit Antibiotika.
Ärzte müssten genauere Diagnosen stellen
Ihre Erfahrung: "Beim Einsatz von Antibiotika behandeln Sie die Gesellschaft mit, weil Sie einen dritten Player haben: das Bakterium - und sie nicht wissen, was es ist." Die Folge: Es würden zu viele Antibiotika, oft Breitband-Medikamente, verschrieben, zu schnell und zu unspezifisch - man schieße mit Kanonen auf Spatzen. Dies erhöhe die Gefahr von Resistenzen. Ärzte, so die Expertin, müssten lernen, genauere Diagnosen zu stellen. Sie müssten wissen, welchen Keim sie bekämpfen, welche Resistenzen es in ihrer Region gibt, um dann die Arzneien seltener und gezielter einzusetzen.
"Wir haben es hier mit einem globalen Gesundheitsproblem zu tun", sagt Dr. Tim Eckmanns. Der Mediziner leitet die Abteilung Infektionsepidemiologie am Robert-Koch-Institut in Berlin. Er und sein Team analysieren die Daten von Laboren und Krankenhäusern in Bezug auf Antibiotikaverbrauch- und Resistenzen. "Wir leben in einer globalisierten Welt, das ist auch gut so, aber dadurch werden auch die Erreger ausgetauscht." Beispiel Südostasien: "Bis zu 70 Prozent der Reisenden haben resistente Erreger, wenn sie zurückkommen, bei uns sind es circa sieben Prozent. Die verlieren sich auch wieder relativ schnell, aber es ist durchaus ein Weg, wie ein solcher Erreger zu uns kommen kann."
Zu viele Antibiotika in der Tiermast
Tim Eckmanns hinterfragt aber auch den hohen Einsatz von Antibiotika in der Tiermast: "Ein Huhn, was so billig ist, muss viele Antibiotika gesehen haben - und es hat viele Antibiotika gesehen." Auch dadurch würden Resistenzen gefördert - und exportiert, zum Beispiel durch Fleischreste, die nach Afrika verschifft werden. "Sie werden von reichen europäischen Ländern entsorgt - auch das ist Globalisierung. Es geht in beide Richtungen, und es ist ein Beispiel von Risiken, wo wir definitiv nicht nur Opfer, sondern auch Täter sind. Und das ist nicht mehr zurückzudrehen."
Darüber diskutiert Gisela Steinhauer heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr mit Katja de With und Tim Eckmanns. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 0800 2254 2254, per E-Mail unter gespraech@deutschlandfunkkultur.de - sowie auf Facebook und Twitter.
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