Wirtschaft

Umgang mit Russland-Sanktionen

Ein Gemüse-Korb mit Fenchel, Schnitt-Lauch, Kürbissen und Auberginen.
Russland kauft kein Gemüse mehr aus der EU und den USA © picture-alliance / dpa / Jens Büttner
Von Thomas Franke |
Das Russlandgeschäft westlicher Unternehmen leidet unter den Wirtschaftssanktionen, die die EU verhängt hat. Ein Ende der Beschränkungen ist nicht in Sicht. Firmenberater suchen nach Schlupflöchern.
Das sei alles sehr kompliziert, sagt Ulf Schneider, geschäftsführender Gesellschafter von Russia Consulting in Moskau:
"Wir könnten jetzt einfache Formulierungen mal durchgehen, und Sie werden feststellen: Sie verstehen gar nichts."
Bandwurmsätze mit Anlage
Dann liest er einen Paragraphen der Sanktionsverordnung der EU vor. Es ist ein absolut unverständlicher Bandwurmsatz mit Verweisen auf Unterpunkte und Anlagen.
"Das allgemeine Verständnis auf dem Markt ist, dass eigentlich jeglicher Geschäftsverkehr mit den sanktionierten Personen und Organisationen verboten ist."
Dann würde ein Blick in die Liste genügen. So einfach ist es aber nicht, erläutert Ulf Schneider.
"Ich habe einen Geschäftspartner in Russland, der selber wird so erstmal nicht auf der Liste unbedingt drauf sein. Aber die Frage ist: Hat er als Eigentümer eine auf der Liste enthaltende Person. Das muss untersucht werden."
Auch, wer die Büroräume besitzt in denen die Firma ihr Russlandgeschäft macht, kann relevant sein.
"Nehmen wir das einfache Beispiel: Eine russische Gesellschaft per se unterliegt nicht den Sanktionen, auch wenn sie eine Tochtergesellschaft einer westlichen, eines deutschen Unternehmens zum Beispiel ist. Könnte also de facto eigentlich weiter Geschäfte mit einer sanktionierten Person machen."
Ist der Generaldirektor aber EU-Bürger, dann darf er das nicht.
"Die gesamten Unterlagen darüber liegen natürlich in Russland, und sie liegen eigentlich auch nur in Russland, denn es ist ja ein Deal zwischen zwei russischen Gesellschaften. Und in sofern für die deutschen Behörden sehr schwer nachzuvollziehen. Der eine oder andere mag das natürlich als ein Schlupfloch ansehen, das ist aber eindeutig etwas nicht Erlaubtes, und insofern sollte man das natürlich auch nicht machen."
Knifflige Geschäfte auf der Krim
Kniffliger noch sind Geschäfte auf der im Frühjahr von Russland annektierten Krim. Sergej Sumlenny, Mitarbeiter von Russia Consulting:
"Zum Beispiel wir dürfen keine Buchhaltung machen für ein Bauunternehmen, das zum Beispiel ein Flughafen auf der Krim baut."
Schneider:
"Jegliche Maßnahmen, die ein EU-Bürger vollzieht, die zum Aufbau der Infrastruktur auf der Krim beitragen, sind untersagt. Das kann bedeuten: Lieferungen von Baumaterialien zum Bau einer großen Brücke. Das kann aber auch bedeuten: Beratung in steuerlichen Fragen. Oder das kann bedeuten: die Buchhaltung für ein Unternehmen zu führen, das im Infrastrukturbereich auf der Krim tätig ist."
Russlands Gegensanktionen
Die Gegensanktionen Russlands sind einfacher. Drei bis vier Seiten Produkte aus der EU, aus den USA, Kanada, Norwegen, Australien. Ein Erlass des Präsidenten Russlands, einer der Regierung. Das Schlupfloch ist Weißrussland. Dort wird "weiterverarbeitet" oder einfach nur neu verpackt.
Sumlenny:
"Wenn man Lachs nach Weißrussland bringt und aus Weißrussland weiter nach Russland bringt, dann ist es natürlich ein Verstoß gegen die Sanktionen, aber ist sehr schwer zu kontrollieren. Aber was passiert, wenn man aus diesem Lachs Fischstäbchen produziert? In Weißrussland? Dann kann diese Ware schon als weißrussische Produktion eingestuft werden oder bleibt die Herkunft der Fische wichtig? Mit großer Wahrscheinlichkeit kann man sagen, dass es schon als eine weißrussische Ware eingestuft werden kann. Die russischen Supermärkte sind jetzt voll von Miesmuscheln zum Beispiel, angeblich weißrussische Produktion, oder die anderen Waren, die in Weißrussland nicht so verbreitet sind, weil Weißrussland keinen Zugang zu den Meeren hat."
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