Tilman Spengler, geboren 1947 in Oberhausen und promovierter Sinologe, hat am Max-Planck-Institut für Sozialwissenschaften sowie an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften geforscht. Er war 30 Jahre lang einer der Herausgeber des "Kursbuch", begleitete Politiker auf China-Reisen, arbeitete für Rundfunk und Fernsehen, drehte eine Reihe von Dokumentarfilmen und hat zahlreiche Bücher veröffentlicht, unter anderem die Romane "Lenins Hirn" und "Der Maler von Peking".
"Das ist eine Frage der Selbstcourage"
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Ob man bei Geschäften mit China einknicken müsse, sei eine Frage der Moral, sagt der Publizist und Sinologe Tilman Spengler. Er kritisierte die Bereitschaft sich anzupassen und den vorauseilenden Gehorsam in der Exportindustrie.
Fortschritte machen nach Einschätzung der Europäischen Union die Verhandlungen über ein Investitionsabkommen mit China. Jeden Monat gehe es voran und mittlerweile seien beide Seiten in einer entscheidenden Phase, sagte der EU-Botschafter in China, Nicolas Chapuis, in Peking. Die Gespräche laufen seit sechs Jahren und sollen 2020 abgeschlossen werden. Die EU will einen besseren Marktzugang für europäische Unternehmen in China erreichen. Sie sollen auf Augenhöhe mit heimischen Konzernen konkurrieren können.
Die Europäer beklagten sich darüber, in China nicht so frei investieren zu können, wie umgekehrt, erklärt der Publizist und Sinologe Tilman Spengler die Schwierigkeiten solcher Wirtschaftsverhandlungen.
Ob man bei Geschäften mit China einknicken müsse, sei eine Frage der Moral, sagt der Sinologe. Die US-Filmindustrie in Hollywood etwa veranstalte viel, um den Zensurbestimmungen in China zu entsprechen, wenn sie Filme exportiere. Als US-Basketballspieler ausgewiesen worden seien, habe ihr Verein das ruhig hingenommen, weil es um Millioneneinkünfte gegangen sei. "Das ist so ein bisschen auch eine Frage der Selbstcourage", sagt Spengler. "Die Bereitschaft, sich anzupassen und vorauseilenden Gehorsam zu leisten, ist in der Exportindustrie von einem geradezu poetischen Ausmaß."
Umgang mit Propaganda
Er habe sich über die Pläne des früheren chinesischen Botschafters Shi Mingde gewundert, bei deutschen Unternehmen Unterstützung für ein "China-Portal für Deutschland" einzuwerben. Es sollte dabei helfen, das China-Bild in der deutschen Öffentlichkeit zu verbessern. Über das inzwischen eingestellte Projekt hatte der Rechercheverbund von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" berichtet.
Wie merkwürdig man verfasst sein müsse, zu denken, dass eine andere Berichterstattung eines staatlichen China-Portals die Meinung ändern könnte, kritisiert Spengler. Er erinnert an den früheren deutschen Nationalspieler Mesut Özil, der sich kritisch über das Schicksal der Uiguren in China geäußert hatte. Eine solche öffentliche Erklärung wie von Özil mache 15 Jahre chinesische Propaganda über Nacht zunichte. Das werde in China nur sehr langsam verstanden.
(gem)