David Cay Johnston, "Die Akte Trump"
Ecowin, 2016, 352 Seiten, 24 Euro
"Er hat keine Ahnung, wie Regierungsgeschäfte funktionieren"
Donald Trump ist für den amerikanischen Wirtschaftsjournalisten David Cay Johnston weder ein guter Politiker noch ein guter Geschäftsmann. Er sei durch seine zahlreichen geschäftlichen Verstrickungen eine Gefahr für die nationale Sicherheit.
Das Urteil des amerikanischen Wirtschaftsjournalisten und Pulitzer-Preisträgers David Cay Johnston über Donald Trump ist eindeutig: "Donald Trump ist kein guter Geschäftsmann. Er schafft keinen Reichtum, sondern saugt alles nur aus."
Johnston beschäftigt sich seit fast 30 Jahren mit dem nächsten US-Präsidenten und hat das Buch "Die Akte Trump" geschrieben, das vor kurzem auch auf Deutsch erschienen ist.
Investitionen mit Wohlfahrtsgeldern
Die meisten der Trump-Wähler begründen ihre Entscheidung für den Milliardär gerade damit, dass er wegen seines Talentes als Geschäftsmann auch ein guter Präsident sein werde. Doch Trump habe nie einen Dollar in Geschäfte investiert, sondern überall hauptsächlich Geld abgesaugt, sagt Johnston. "Er schafft es immer, sich Geldern zu bedienen – zum Beispiel öffentlicher Gelder -, deren er habhaft werden kann. Er hat es zum Beispiel immer geschafft, sich Wohlfahrtsgelder zu beschaffen."
Außerdem habe er sich immer mit Mafiosi umgeben und mit Drogendealern – "das waren echte Kriminelle". Beunruhigend findet Johnston auch die Folgen, die sich aus Trumps zahlreichen Kontakten als Geschäftsmann mit diversen Regierungen anderer Länder ergeben könnten.
"Die Geschäfte, die Trump macht, bergen jetzt schon Interessenkonflikte, auch Fragen der nationalen Sicherheit werden dabei berührt, weil es sich dabei nicht nur um einen Reichtum in Aktien handelt, den man mal kurz auslagern könnte."
Trump ist angreifbar
Keines der Gebäude, auf denen sein Name stehe, gehöre ihm noch – er bekomme dafür jedoch Geld ausgezahlt. Das bedeute wiederum, das er über solche Geschäfte beispielsweise Verbindungen zur aserbaidschanischen Regierung oder anderen Regierungen des Nahen Ostens habe, die diesen wiederum die Möglichkeit gäben, Druck auf die Trump-Familie auszuüben und diese zu bedrohen.
Ohnehin, sagte Johnston weiter, sei er sich nicht sicher, wie Trump "unter Druck" mit streng vertraulichen Informationen und Staatsgeheimnissen umgehen werde. Er besitze definitiv nicht die Abgeklärtheit eines Barack Obama. Und das mache einen Präsidenten Trump gefährlich. Zumal er ohnehin kein wirkliches Interesse an dem Job habe – es sei ihm um nichts anderes gegangen als darum zu gewinnen.
Lachhaft findet Johnston, wie Trump sich als Anwalt der kleinen Leute aufgespielt habe – und zugleich äußere, er halte die Löhne in Amerika für viel zu hoch.
Das Interview im Wortlaut:
Korbinian Frenzel: Wer ist dieser Mann wirklich? Donald Trump, the Real Donald Trump? Seit anderthalb Wochen ist klar, dass wir uns mit dieser Frage ernsthaft beschäftigen müssen, und da sind alle sachdienlichen Hinweise hilfreich, die über das Gepolter des Wahlkampfes hinausreichen, und die kriegen wir an dieser Stelle hoffentlich von einem Mann, der sich seit bald 30 Jahren mit Donald Trump beschäftigt hat und jetzt bei uns zu Gast ist. David Cay Johnston, einer der bekanntesten Investigativjournalisten der USA und Autor des gerade auch auf Deutsch erschienenen Buches "Die Akte Trump". David Cay Johnston, welcome!
David Cay Johnston: Thank you for having me!
Frenzel: Wer diese Akte liest, wer Sie und Ihre Erfahrungen hört jetzt auf Ihrer Reise, die Sie gerade durch Deutschland machen – wird er etwas beruhigter auf die nächsten vier Jahre schauen, oder wird ihm eher das Gegenteil passieren?
Johnston: Wir betreten dort unbekannte Gewässer, und das ist sehr beunruhigend, denn Donald Trump ist ein sehr erratischer Mensch. Donald Trump hat überhaupt keine Erfahrung mit öffentlichen Ämtern, und er ist ein Ignorant. Er wusste zum Beispiel nicht, als er Präsident Obama besucht hat im Weißen Haus, dass die Praktikanten, die dort herumschwirrten oder selbst diejenigen, die die Fotokopiermaschinen bedienen, politisch ausgewählt sind. Er dachte, er würde sie sozusagen erben.
Frenzel: Sie haben schon vor Jahren, vor Jahrzehnten angefangen, sich mit diesem Donald Trump zu beschäftigen. Geht es Ihnen auch nach all diesen Jahren der Beschäftigung noch so damit, dass Sie diesen Donald Trump nicht einschätzen können, oder gibt es schon gewisse Linien, die Sie einordnen können?
Johnston: Ich habe Donald Trumpf im Juni 1988 das erste Mal kennengelernt, kurz nachdem ich die "Los Angeles Times" verlassen hatte und für den "Philadelphia Inquirer" schrieb. Und zwar ging es darin um Spielkasinos, die sich überall in Amerika ausbreiten sollten. Das hatte ich richtig geahnt. Also war ich in Atlantic City und lernte diesen Mann kennen und fand ihn durchaus faszinierend, und wollte überhaupt nicht glauben, als mir viele Leute in seinem Umfeld und auch andere, die sich mit dem Casino-Betrieb auskannten, erzählten, Donald Trump habe überhaupt keine Ahnung von Spielkasinos. Das erschien mir unmöglich. Donald Trump ist jemand, der immer Erfolg haben möchte, der nach Anerkennung regelrecht giert. Und er will siegen. Er will ein Winner sein.
Trump will den Erfolg um jeden Preis
Er will für Frauen attraktiv sein, eine Art Don Juan, und auch als Präsident wird er es auf den Erfolg abzielen und sich mit Leuten umgeben, die ihm absolute Loyalität schwören. Und hat überhaupt keine Ahnung von den Mechanismen der Macht, wie Regierungsgeschäfte funktionieren. Wenn man sich beispielsweise anschaut, was könnte passieren, wenn Trump einmal unter Druck steht – das ist das, was mich wirklich beunruhigt, weil er kennt jetzt viele Geheimnisse, die im nationalen Sicherheitsinteresse liegen, und über die er nicht reden darf. Und ob er die psychische Stärke hat, damit umzugehen, diese Abgeklärtheit, wie sie beispielsweise Präsident Obama hat, das wage ich zu bezweifeln.
Frenzel: Dann versuchen wir mal über die Dinge zu sprechen, bei denen er Qualitäten hat oder wo man zumindest vermutet, dass er Qualitäten haben könnte. Donald Trump hat immer wieder selbst damit gewuchert, dass er ein erfolgreicher Businessman ist, dass er Erfolg hat im Geschäft. Nach Ihren Recherchen, würden Sie sagen, das stimmt? Ist Donald Trump ein guter Geschäftsmann?
Johnston: Also eine Sache versteht Donald Trump meisterhaft, und das ist es, Cash abzusaugen, abzuziehen. Er investiert niemals auch nur einen einzigen Dollar in ein Geschäft, sondern er schafft es immer, sich Gelder zu bedienen, die schon – beispielsweise öffentliche Gelder, derer er habhaft werden kann. Er hat es zum Beispiel immer geschafft, sich Wohlfahrtsgelder zu besorgen. Dann hat er sich immer mit Mafiosos umgeben, von der russischen Mafia, von der amerikanischen Mafia, mit Drogendealern, und das waren auch echte Kriminelle. Ich würde abschließend sagen, nein, er ist kein guter Geschäftsmann, weil er keinen Reichtum schafft, sondern eigentlich alles nur aussaugt. Und wenn dann ein Deal wieder tot ist, ja, dann geht er zum nächsten und saugt den wieder aus.
Kein wirkliches Interesse am Job
Frenzel: Aber trotz all dieser Defizite, es gibt Dutzende große Gebäude in den Vereinigten Staaten, an denen groß sein Name steht, Donald Trump – wie kann das sein? Ist Donald Trump am Ende der Profiteur eines betrügerischen Systems, eines rigged system?
Johnston: Donald Trump hat es immer verstanden, öffentliche Gelder, aber auch Vertreter öffentlicher Ämter für seine Zwecke zu benutzen. Und er hat auch immer damit geprahlt, dass Politiker das tun, was er möchte und zu ihm kommen, um von ihm irgendwelche Vorteile zu bekommen. Er hat von diesem System durchaus profitiert und hat es gleichzeitig geschafft, sich zu einem Anwalt des einfachen Amerika zu stilisieren, also derjenigen, deren Einkommen eben nicht gestiegen ist. Und das sagt jemand, der immer wieder behauptet hat, eigentlich seien die Löhne in Amerika viel zu hoch. Und das ist natürlich absurd, und da kann ich eigentlich nur drüber lächeln.
Frenzel: Sie haben anfangs gesagt, Donald Trump geht es vor allem um eins, er möchte gewinnen. Nun hat er gewonnen. Er hat die Präsidentschaft, er wird der 45. Präsident der Vereinigten Staaten im Januar. Was passiert jetzt? Ich gebe Ihnen drei Optionen: Reicht es diesem Donald Trump, einfach nur in der Air Force One rumzujetten? Wird er politisch einen Weg gehen, den wir von den Reagan-Jahren kennen? Oder, dritte Variante – oder vielleicht kriegen wir auch alles zusammen – er wird sich vor allem, sich und seine Familie, weiter bereichern?
Johnston: Es ist schon klar geworden während der gesamten Wahlkampagne, dass Donald Trump gesagt hat, er wird Leute ernennen, die die Regierungsgeschäfte dann übernehmen, weil er ehrlich gesagt daran kein wirkliches Interesse hat. Und er ist auch gar nicht in der Lage, so einen wichtigen Job so auszuüben, wie man das normalerweise tut. Die Geschäfte, die Trump macht, bergen jetzt schon Interessenskonflikte, aber auch Fragen der nationalen Sicherheit werden dabei berührt, weil es sich hier nicht nur um einen Reichtum in Aktien handelt, den man mal kurz irgendwie auslagern könnte oder so, sondern all diese Gebäude, an denen der Name von Trump beispielsweise drauf steht, gehören ihm meistens gar nicht, aber er bekommt dafür noch Gelder ausgezahlt, also er profitiert davon, dass sein Name vermarktet worden ist.
Das heißt aber im Klartext, dass zum Beispiel die Regierung von Aserbaidschan oder andere Regierungen im Nahen Osten einen Einfluss auf die Trump-Familie haben, und er könnte auch zum Beispiel dazu ausgenutzt werden, die Trump-Familie zu bedrohen. Da es sich hier aber eindeutig nur um Privatvermögen handelt, werden wir niemals herausbekommen, was da wirklich abläuft, und ich sehe vor allem die Probleme, die Korruption angehen, Fragen der nationalen Sicherheit betreffen, denke allerdings nicht, dass er diesen Job als Präsident angenommen hat, um sich persönlich zu bereichern. Ihm ging es darum, zu gewinnen, und das hat er jetzt getan.
Frenzel: Der Pulitzerpreisträger und Journalist David Cay Johnston, Autor des Buches "Die Akte Trump". Vielen Dank für Ihren Besuch im Studio!
Johnston: Danke!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.