"Deutschland hat sich etwas ausgeruht"
11:42 Minuten

Die Zehnerjahre waren für Deutschland die Dekade der "strategielosen Selbstgefälligkeit", meint der Ökonom Henrik Enderlein. Es sei nicht genügend investiert worden: "Wir wissen nicht, wohin wir im nächsten Jahrzehnt laufen werden."
Die Zehnerjahre waren ein Krisenjahrzehnt der Austerität und des Sparens, sagt Henrik Enderlein, Präsident der Hertie School of Governance. Erst jetzt habe Europa die ökonomischen Folgen der großen Euro- und Schuldenkrise seit 2010 verdaut, während die politische Krise mit vielen populistischen, extremen Regierungen noch charakteristisch für die Gegenwart sei.
Deutschland habe sich in den vergangenen zehn in ökonomischer Hinsicht "etwas ausgeruht", meint Enderlein. Es sei das Jahrzehnt der "strategielosen Selbstgefälligkeit" gewesen, eine Zeit der Konsolidierung auf hohem Niveau, "wo wir vor uns hergelaufen sind", während um uns herum die Welt in vielen Bereichen zusammengebrochen sei. Das Jahrzehnt habe uns nicht weitergebracht in Fragen des Bildungssytems und der Unternehmen: "Wir haben nicht viel investiert, nicht viel getan, um unser Land strukturell zu erneuern." Wir wüssten nicht, wohin wir im nächsten Jahrzehnt laufen werden.
Die Korrektur kommt - schon 2020?
Enderlein erwartet eine "Korrektur" an den Märkten, darauf würden viele Indikatoren hindeuten: "Die Frage ist, ob noch mal eine Krise kommt, die diese weitreichenden strukturellen Effekte nach sich zieht, wie wir es 2007, 8, 9, 10 und dann noch weiter in Europa gesehen haben. Das würde ich im Augenblick nicht sehen, aber wir müssen uns schon auf Korrekturen einstellen." Wir lebten in einer ganz besonderen, beispiellosen ökonomischen Zeit, meint Enderlein: Negativzinsen, eine niedrige Inflationsrate, viel Ungleichheit bei Immobilienpreisen und Mieten: "Da findet eine Umschichtung in der Gesellschaft statt, deren politische Effekte wir noch nicht verstanden haben."
(cre)