Verlorene Kunstschätze aus dem 3D-Drucker
Ein Video über die Zerstörung von Kunstwerken durch IS-Kämpfer brachte Moreshin Allahyari auf die Idee: Kopien der Originale auf dem 3D-Drucker zu erstellen. "Zeitkapseln" nennt sie die Objekte. Denn ein Chip speichert gleichzeitig alle wichtige Informationen zum Objekt.
Moreshin Allahyari hält eine fast durchsichtige Figur in der Hand, sie ist ungefähr zehn Zentimeter groß:
Diese Figur nennt man den "Unbekannten König von Hatra", erzählt sie, "aber in einigen Texten, die ich gefunden habe, heißt er "König Uthall". Ihr kleiner König ist in einem 3D-Drucker entstanden, dafür hat Moreshin ein Modell am Computer entworfen. Youtube hat sie auf die Idee gebracht. Dort hatte sie eines der Videos gesehen, das Kämpfer der Terrormiliz IS zeigt, die antike Statuen in der nordirakischen Stadt Mossul zerstören. Allahyari ist im Iran geboren und kam 2007 zum Studium in die USA. Jetzt lebt und arbeitet sie in San Francisco:
"Ich denke oft darüber nach, wie die Politik mein Leben und meine Arbeit als Künstlerin beeinflusst. Ich möchte, dass meine Kunst die Themen unserer Zeit widerspiegelt."
Doch von der ersten Idee bis zu der Figur des König Uthall in ihrer Hand lagen viele Hürden:
"Ich stellte sehr schnell fest, dass es zum Beispiel vom Mossul Museum gar keinen richtigen Katalog gibt. Es gab nur ganz vereinzelt Informationen über die Stücke, die von den IS-Kämpfern zerstört worden waren. Ich hatte nur wenige Bilder zur Verfügung. Welche Stücke waren Originale, welche Kopien, wie waren die Maße, die korrekten Namen - alles war komplizierter, als ich mir vorgestellt hatte."
Recherche- und Übersetzer-Netzwerk
Sie stellte sich ein Netzwerk von Leuten zusammen, die ihr bei der Recherche halfen oder bei Übersetzungen von Büchern und Artikeln aus dem Arabischen oder Persischen ins Englische.
Dann entwarf sie die Modelle am Computer. Jede Figur ihrer Reihe "Material Speculation: ISIS" hat eine Besonderheit: Es ist ein kleiner Schacht, in den sie einen Speicherstick steckt:
Auf diesem Stick packt Allahyari alle E-Mails, Informationen, Videos und Bilder, die sie zu dem Objekt gesammelt hat:
"Für mich sind das Zeitkapseln. Die historischen Informationen sind nicht unbedingt nur für die jetzige Bevölkerung, sondern für künftige Generationen. Das ist ein ganz wichtiger Teil meiner Arbeit."
Allahyari zeigt ein weiteres Modell, mit dem sie aber noch nicht ganz zufrieden ist:
Die Details stimmen noch nicht, sie müsse auch nochmal an den Augen arbeiten. Natürlich können ihre Stücke aus dem 3D-Drucker die Originale nicht ersetzen, sagt Allahyari.
Aber zumindest helfe ihr Projekt, dass nicht auch noch das Wissen über diese Kulturgüter verloren gehe.