Wo die Elite lernt

Von Uschi Götz |
Nicht nur lernschwache sondern auch besonders begabte Kinder brauchen eine ganz spezielle Förderung. Deshalb entstand vor drei Jahren in Schwäbisch Gmünd ein Internat für Hochbegabte. Mit zusätzlichen Angeboten wie Chinesisch-, Geigen- und Computerunterricht versuchen die Lehrer, ihre Schüler optimal zu fördern.
Gemeinschaftsunterricht am Landesgymnasium in Schwäbisch Gmünd. Die letzte Reihe gähnt im Wechsel, in der Mitte drapiert eine Schülerin ihre imposante Haarpracht. Alles ziemlich normal. Und doch nicht: Die Schülerinnen und Schüler sind hochbegabt, ermittelt in einer sogenannten Potenzialanalyse. Das heißt:

"Wir sind nicht hier, weil wir gute Leistungen haben, sondern weil wir Potenzial haben. Ob das genutzt wird, ist wieder eine ganz andere Frage. Wenn man sagt, ja die Hochbegabten lernen den ganzen Tag, das ist absoluter Blödsinn. Sondern wir haben durchaus sogenannte 'Underachiever', die durchaus das Potenzial hätten, aber es halt doch vorziehen, in ihrer Freizeit Computer zu spielen oder was auch immer."

Die Schüler kommen aus ganz Deutschland. Im Vergleich zu Privatschulen für Hochbegabte entscheidet in Schwäbisch Gmünd weder die Herkunft, noch der Geldbeutel darüber, wer einen Platz an der Internatsschule bekommt. Der Schulbesuch ist kostenlos, der Besuch des Internats beträgt monatlich 440 Euro. Zuschüsse sind möglich. Der Stundenplan ist ähnlich wie an anderen Gymnasien, der wesentliche Unterschied liegt in der Nachmittagsbetreuung:

"Da haben wir halt Angebote von Tennis über Klettern und Tanzen bis hin zu Chinesisch und Russisch und alle möglichen Instrumente, Mathematik, also da kann man richtig viel machen und da reicht oftmals auch die Zeit einfach nicht, um das ganze auszuschöpfen an dieser Schule."

Zurzeit besuchen 150 Schüler das Gymnasium, in den kommenden Jahren soll ihre Zahl verdoppelt werden. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie eine begabungsgerechte Förderung von hochbegabten Schülern an Schulen umgesetzt werden kann. Schulleiterin Annette von Manteuffel:

"Man hat gute Ergebnisse für die Didaktik von schwächer Begabten, aber man hat überhaupt keine für die Didaktik von Hochbegabten. Also von diesen Kindern, die eben am anderen Ende der Begabungsskala sind. Und jetzt hat man angefangen, sich auch um diese Kinder zu kümmern, und wenn sie wollen ist es jetzt auch eine gewisse Modeerscheinung, aber sie ist jetzt auch ideologisch zugelassen."

"Ich habe schon von Elite gesprochen, als das andere noch ganz schlimm fanden", sagt CDU-Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Mittlerweile ist das Wort kein Tabu mehr.

"Wir müssen uns dem Begriff stellen und wir tun das auch sehr offensiv. Natürlich hat es etwas elitäres an sich, das würde ich nie abstreiten. Und das an sich ist ja schon dem Begriff elitär immanent. Aber ich würde sagen: An erster Stelle steht unser Anspruch, nämlich das sich jedes Kind positiv entwickeln darf."

Drei Mal am Tag treffen sich Schüler und Lehrer in der Mensa. Informationen werden ausgetauscht, auch Probleme erörtert. Die überwiegend jungen Lehrerinnen und Lehrer leben gemeinsam mit ihren Schülern auf dem campusähnlichen Gelände

"Also es ist von mir eine ganz bewusste Entscheidung gewesen. Ich habe mich für dieses Konzept entschieden - leben auf dem Campus, weil ich finde, dass es viele Vorteile für mich hat, in meinem Beruf und auch hier in meiner Berufung als Lehrer auf dem Hochbegabteninternat. Das nehme ich also an, als Teil der Aufgabe, die man hier hat. Das ich also nicht nur meinen Unterricht mach und danach verschwinde von hier, dem Leben- und Lernraum Campus, sondern, dass ich eben die ganze Zeit hier anwesend bin."

Die Lehrer stehen den Schülern als Mentoren zu Verfügung. Gleichzeitig bieten sie an Nachmittagen von Fechtunterricht bis zu Tanzkursen alle möglichen Aktivitäten an. Dabei verdienen sie nicht besser als ihre Kollegen an vergleichbaren Schulen. Doch für viele von ihnen ist eben der Beruf noch Berufung, wie für viele ihrer Schüler die Schule noch ein Ort der Freude ist:

"Man sieht unser Tag ist schon ziemlich vollgepackt. Das ist auch ein Teil dessen, was mich an der Schule gereizt hat, dass ich den Tag besser nutze, als an meiner alten Schule. Da ging es bis um zwei, und dann kam ich nach Hause und dann hat man so ein bisschen vor sich hin vegetiert."