"Wo die Moral fehlt, fehlt die Kunst"
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat eine weitere Klage gegen den inzwischen verbotenen Roman "Esra" von Maxim Biller abgewiesen. Das Karlsruher Gericht lehnte einen eigenen Unterlassungsanspruch der Mutter von Billers Ex-Freundin ab und urteilte, die Kunstfreiheit habe Vorrang. Diese war im Roman als herrschsüchtige, psychisch kranke Alkoholikerin Lale geschildert worden und sah sich dadurch diffamiert.
Lesen bildet, sagt der Volksmund. Literaturkritiker können das nur bestätigen: Nach der Wende mussten sie sich mit der Stasi beschäftigen, dann immer mal wieder mit NSDAP- und SS-Mitgliedschaften, und seit geraumer Zeit begeben sie sich in Gerichtssäle. Wer nicht ein wenig mit Eigentums- und Persönlichkeitsrecht vertraut ist, muss den Computer bei Fällen wie dem Aufbau- oder dem Suhrkamp Verlag und Büchern wie "Meere" von Alban Nikolai Herbst und "Esra" von Maxim Biller gar nicht erst anwerfen.
Wenigstens der Fall "Esra" neigt sich jetzt seinem Ende zu. Die in jeder Hinsicht unglückliche Liebesgeschichte wurde verboten, weil sich zwei Frauen, die ehemalige Freundin von Biller und ihre Mutter, darin in verletzend herabsetzender Weise durch viele, auch sexuelle Details aus der Privat- und Intimsphäre beschrieben sahen. Zudem waren sie durch Angaben zu Herkunft, Beruf und Auszeichnungen mühelos zu identifizieren. Biller berief sich stur, aber erfolglos auf die "Freiheit der Kunst". Das Bundesverfassungsgericht bestätigte das Verbot endgültig, sah jedoch allein die Persönlichkeitsrechte der Tochter verletzt. Über die der Mutter musste erneut der Bundesgerichtshof entscheiden, und der befand heute, die Mutter sei stärker verfremdet als die Tochter, ihre Persönlichkeitsrechte würden weniger schwer verletzt. Die Klage der Mutter auf 50.000 Euro Schmerzensgeld, die der Tochter bereits zugesprochen wurden, dürfte nun wenig Aussicht auf Erfolg haben.
Das ist ein später Erfolg für Maxim Biller. Allerdings ist schon das Schmerzensgeld für die Tochter schmerzhaft hoch. Autoren erhalten für einen Roman, in dem zwei, drei Jahre Arbeit stecken, in der Regel ein vierstelliges Honorar. Mitleid ist jedoch unangebracht. Wer wie Biller gern und heftig alles und jeden geißelt, muss auch einstecken können. "Wo es keine Feindschaften gibt", hat Biller einmal gewohnt markig gesagt, "gibt es keine Moral. Und wo die Moral fehlt, fehlt die Kunst." Nun hat er sich Feinde gemacht, die ihn nach allen Regeln der juristischen Kunst zur Strecke gebracht haben. Die Justiz hat Biller wahrscheinlich vor dem Offenbarungseid bewahrt – und vor der Rolle des Märtyrers für die Kunstfreiheit. Für letzteres ist ihr herzlich zu danken. Und für den Hinweis, dass zwischen der Freiheit der Kunst und der Freiheit des Einzelnen immer im Einzelfall abgewogen werden muss.
Wenigstens der Fall "Esra" neigt sich jetzt seinem Ende zu. Die in jeder Hinsicht unglückliche Liebesgeschichte wurde verboten, weil sich zwei Frauen, die ehemalige Freundin von Biller und ihre Mutter, darin in verletzend herabsetzender Weise durch viele, auch sexuelle Details aus der Privat- und Intimsphäre beschrieben sahen. Zudem waren sie durch Angaben zu Herkunft, Beruf und Auszeichnungen mühelos zu identifizieren. Biller berief sich stur, aber erfolglos auf die "Freiheit der Kunst". Das Bundesverfassungsgericht bestätigte das Verbot endgültig, sah jedoch allein die Persönlichkeitsrechte der Tochter verletzt. Über die der Mutter musste erneut der Bundesgerichtshof entscheiden, und der befand heute, die Mutter sei stärker verfremdet als die Tochter, ihre Persönlichkeitsrechte würden weniger schwer verletzt. Die Klage der Mutter auf 50.000 Euro Schmerzensgeld, die der Tochter bereits zugesprochen wurden, dürfte nun wenig Aussicht auf Erfolg haben.
Das ist ein später Erfolg für Maxim Biller. Allerdings ist schon das Schmerzensgeld für die Tochter schmerzhaft hoch. Autoren erhalten für einen Roman, in dem zwei, drei Jahre Arbeit stecken, in der Regel ein vierstelliges Honorar. Mitleid ist jedoch unangebracht. Wer wie Biller gern und heftig alles und jeden geißelt, muss auch einstecken können. "Wo es keine Feindschaften gibt", hat Biller einmal gewohnt markig gesagt, "gibt es keine Moral. Und wo die Moral fehlt, fehlt die Kunst." Nun hat er sich Feinde gemacht, die ihn nach allen Regeln der juristischen Kunst zur Strecke gebracht haben. Die Justiz hat Biller wahrscheinlich vor dem Offenbarungseid bewahrt – und vor der Rolle des Märtyrers für die Kunstfreiheit. Für letzteres ist ihr herzlich zu danken. Und für den Hinweis, dass zwischen der Freiheit der Kunst und der Freiheit des Einzelnen immer im Einzelfall abgewogen werden muss.