"Wo ist das Recht der Frau?"
Kompromisslos hat Anita Augspurg ihre Meinung vertreten - zum Beispiel, wenn sie das politische Stimmrecht forderte, das man den Frauen im Deutschen Kaiserreich hartnäckig verweigerte.
"Erst wenn Frauen in den Parlamenten sitzen, werden die Summen gestrichen werden, welche die Bewaffnung der Völker unfruchtbar verschlingt. Erst wenn Frauen in den Parlamenten sitzen, werden die Regierungen zur Rechenschaft gezwungen werden über gewissenlose Kriegshetze und verbrecherische Diplomatenränke."
Kompromisslos hat Anita Augspurg ihre Meinung vertreten –-zum Beispiel, wenn sie das politische Stimmrecht forderte, das man den Frauen im Deutschen Kaiserreich hartnäckig verweigerte. Am 22. September 1857 in Verden an der Aller geboren, war die Anwaltstochter der bürgerlichen Enge schon früh entflohen. Sie machte ihr Lehrerinnenexamen, absolvierte eine Schauspielschule. In München gründete sie 1888 mit einer Freundin ein Photoatelier, 1893 wechselte sie zum Jurastudium nach Zürich, weil Frauen in Deutschland auch der Zugang zur Universität verschlossen war. In die Heimat zurückgekehrt nahm Augspurg als promovierte Juristin das veraltete Ehe- und Familienrecht ins Visier.
"Für eine Frau von Selbstachtung, welche die gesetzlichen Wirkungen der bürgerlichen Eheschließung kennt, ist es nach meiner Überzeugung unmöglich, eine legitime Heirat einzugehen: ihr Selbsterhaltungstrieb, ihre Achtung vor sich selbst und ihr Anspruch auf die Achtung ihres Mannes lässt ihr nur die Möglichkeit einer freien Ehe offen."
Dass ihr ausgerechnet Frauen in den Rücken fielen, konnte Augspurg zur Verzweiflung bringen.
"Dieser Typus von höherer Gans ist trostlos."
Man kann diese Frau für ihren Mut nur bewundern – auch heute noch. Bei größeren Versammlungen saß immer ein Polizist im Publikum, der sich Notizen machte.
"Der Verein ist mit Rücksicht auf die Frage, ob er nicht als politischer Verein zu betrachten ist, im Auge zu behalten."
Die damaligen Vereinsgesetze waren streng.
"Frauenspersonen, Schüler und Lehrlinge dürfen politischen Vereinen nicht angehören, welche beabsichtigen, öffentliche Angelegenheiten in Versammlungen zu erörtern."
Doch Augspurg übte sich – auch als öffentliche Rednerin.
"'Wo ist das Recht der Frau?' Diese mit selten klangvoller Stimme in den mächtigen Saal gerufene Frage traf mich tief, ließ mich aufhorchen und aufschauen."
So erinnerte sich Lida Gustava Heymann, Anita Augspurgs spätere Arbeits- und Lebensgefährtin, an die erste Begegnung mit der Ikone der radikalen Emanzipationsbewegung.
"Am Rednerpult stand ein Mensch in an griechische Art erinnerndem Gewande aus braunem Sammet. Schon ergrauendes kurzes Haar umrahmte eine hohe Stirn, unter der zwei klar schauende Augen blitzten. Die Klarheit ihrer frei gehaltenen Rede, die Schärfe ihrer Beweiskraft – das imponierte mir restlos. Hier vereinte sich starkes Selbstbewusstsein mit einer völlig natürlichen, uneitlen Art, sich zu geben."
Gemeinsam reisten die beiden Frauen ins Ausland, gaben Zeitschriften heraus, trotzten dem Wind, der ihnen aus der Männerwelt entgegen blies.
"Seine Bestimmung weist das weibliche Geschlecht darauf hin, Hausfrau und Mutter zu werden und den schwersten aller Berufe zu erfüllen: Menschen zu erziehen." - so ein Kommentar in der Vossischen Zeitung. Manchen Männern haben diese Frauenpersönlichkeiten aber auch imponiert – wie Thomas Mann, der Anita Augspurg in München begegnete.
"Ich habe einmal in München einer Frauenversammlung beigewohnt, auf mein Wort, ich bin hingegangen. Auf der Tagesordnung stand die Frage: 'Können Frauen philosophieren?’ Es war ein wild bewegter Abend; sogar ein Universitätsprofessor griff ein, und das Ergebnis war die sieghafte Bejahung der Frage, ob Frauen philosophieren können."
Als 1918 die Novemberrevolution endlich auch das Frauenstimmrecht mit sich brachte, war Augspurgs Begeisterung grenzenlos. Übermütig rechnete sie mit einem Club von ewiggestrigen Männern ab, die allen Ernstes forderten, das frisch geschaffene Frauenwahlrecht wieder abzuschaffen.
"Mögen sie in sanfter Trauer dahinsinken über die auf immer verlorenen Güter weiblicher Einfalt und Entsagung – ihres Bleibens ist nicht mehr in dieser Welt, die sie nicht verstehen, mit der sie sich nicht mehr abfinden können."
Doch es brachen auch wieder düstere Zeiten an. 1923 beantragte Anita Augspurg, zusammen mit Heymann, beim baye¬rischen Innenminister die Ausweisung von Adolf Hitler wegen Volksverhetzung. Mit der Folge, dass sich beide Frauen nach der Machtergreifung auf der "schwarzen Liste" der zu liquidierenden Personen wiederfanden. Gemeinsam gingen sie 1933 ins Schweizer Exil, wo Anita Augspurg am 20. Dezember 1943, fünf Monate nach dem Tod ihrer Lebensgefährtin, im Alter von 86 Jahren starb.
Kompromisslos hat Anita Augspurg ihre Meinung vertreten –-zum Beispiel, wenn sie das politische Stimmrecht forderte, das man den Frauen im Deutschen Kaiserreich hartnäckig verweigerte. Am 22. September 1857 in Verden an der Aller geboren, war die Anwaltstochter der bürgerlichen Enge schon früh entflohen. Sie machte ihr Lehrerinnenexamen, absolvierte eine Schauspielschule. In München gründete sie 1888 mit einer Freundin ein Photoatelier, 1893 wechselte sie zum Jurastudium nach Zürich, weil Frauen in Deutschland auch der Zugang zur Universität verschlossen war. In die Heimat zurückgekehrt nahm Augspurg als promovierte Juristin das veraltete Ehe- und Familienrecht ins Visier.
"Für eine Frau von Selbstachtung, welche die gesetzlichen Wirkungen der bürgerlichen Eheschließung kennt, ist es nach meiner Überzeugung unmöglich, eine legitime Heirat einzugehen: ihr Selbsterhaltungstrieb, ihre Achtung vor sich selbst und ihr Anspruch auf die Achtung ihres Mannes lässt ihr nur die Möglichkeit einer freien Ehe offen."
Dass ihr ausgerechnet Frauen in den Rücken fielen, konnte Augspurg zur Verzweiflung bringen.
"Dieser Typus von höherer Gans ist trostlos."
Man kann diese Frau für ihren Mut nur bewundern – auch heute noch. Bei größeren Versammlungen saß immer ein Polizist im Publikum, der sich Notizen machte.
"Der Verein ist mit Rücksicht auf die Frage, ob er nicht als politischer Verein zu betrachten ist, im Auge zu behalten."
Die damaligen Vereinsgesetze waren streng.
"Frauenspersonen, Schüler und Lehrlinge dürfen politischen Vereinen nicht angehören, welche beabsichtigen, öffentliche Angelegenheiten in Versammlungen zu erörtern."
Doch Augspurg übte sich – auch als öffentliche Rednerin.
"'Wo ist das Recht der Frau?' Diese mit selten klangvoller Stimme in den mächtigen Saal gerufene Frage traf mich tief, ließ mich aufhorchen und aufschauen."
So erinnerte sich Lida Gustava Heymann, Anita Augspurgs spätere Arbeits- und Lebensgefährtin, an die erste Begegnung mit der Ikone der radikalen Emanzipationsbewegung.
"Am Rednerpult stand ein Mensch in an griechische Art erinnerndem Gewande aus braunem Sammet. Schon ergrauendes kurzes Haar umrahmte eine hohe Stirn, unter der zwei klar schauende Augen blitzten. Die Klarheit ihrer frei gehaltenen Rede, die Schärfe ihrer Beweiskraft – das imponierte mir restlos. Hier vereinte sich starkes Selbstbewusstsein mit einer völlig natürlichen, uneitlen Art, sich zu geben."
Gemeinsam reisten die beiden Frauen ins Ausland, gaben Zeitschriften heraus, trotzten dem Wind, der ihnen aus der Männerwelt entgegen blies.
"Seine Bestimmung weist das weibliche Geschlecht darauf hin, Hausfrau und Mutter zu werden und den schwersten aller Berufe zu erfüllen: Menschen zu erziehen." - so ein Kommentar in der Vossischen Zeitung. Manchen Männern haben diese Frauenpersönlichkeiten aber auch imponiert – wie Thomas Mann, der Anita Augspurg in München begegnete.
"Ich habe einmal in München einer Frauenversammlung beigewohnt, auf mein Wort, ich bin hingegangen. Auf der Tagesordnung stand die Frage: 'Können Frauen philosophieren?’ Es war ein wild bewegter Abend; sogar ein Universitätsprofessor griff ein, und das Ergebnis war die sieghafte Bejahung der Frage, ob Frauen philosophieren können."
Als 1918 die Novemberrevolution endlich auch das Frauenstimmrecht mit sich brachte, war Augspurgs Begeisterung grenzenlos. Übermütig rechnete sie mit einem Club von ewiggestrigen Männern ab, die allen Ernstes forderten, das frisch geschaffene Frauenwahlrecht wieder abzuschaffen.
"Mögen sie in sanfter Trauer dahinsinken über die auf immer verlorenen Güter weiblicher Einfalt und Entsagung – ihres Bleibens ist nicht mehr in dieser Welt, die sie nicht verstehen, mit der sie sich nicht mehr abfinden können."
Doch es brachen auch wieder düstere Zeiten an. 1923 beantragte Anita Augspurg, zusammen mit Heymann, beim baye¬rischen Innenminister die Ausweisung von Adolf Hitler wegen Volksverhetzung. Mit der Folge, dass sich beide Frauen nach der Machtergreifung auf der "schwarzen Liste" der zu liquidierenden Personen wiederfanden. Gemeinsam gingen sie 1933 ins Schweizer Exil, wo Anita Augspurg am 20. Dezember 1943, fünf Monate nach dem Tod ihrer Lebensgefährtin, im Alter von 86 Jahren starb.