Wodka und Wurzelpflege
Dass Musik eine gemeinsame Heimat sein kann, beweist der Integrationschor Katjuscha im brandenburgischen Wittstock. Hier treffen sich regelmäßig Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion und Einheimische. Sie singen vorwiegend in russischer Sprache und teilen dabei Erinnerungen an eine vergangene Zeit und an ein fernes Land. Und wachsen bei der Wurzelpflege mehr und mehr zusammen.
"Die Deutschen haben nur ein Herz, aber die Russen haben noch eine Seele dazu, und wenn man mal Kontakt zu den Russen hatte, dann versteht man die russische Seele, und die spürt man hier. Also die singen nicht nur mit dem Herzen, die singen auch mit ihrer Duschi, mit ihrer Seele."
Bernd Nagel hat mal in Russland studiert, und daran erinnert er sich gern. So geht es allen bei Katjuscha. Vor allem den Aussiedlerinnen aus Kasachstan, aus der Ukraine, aus Russland.
Jeden Mittwochnachmittag, wenn die alte Wanduhr im Wittstocker Begegnungszentrum vier schlägt, treffen sie sich. Alle schwatzen durcheinander, mal Deutsch mal Russisch. Olga, Luba, Ludmilla, Maria, jede stellt eine Schüssel oder eine Platte auf den Tisch. Geröstetes Brot mit Mayonnaise und Thunfisch, Eiersalat, Wodka. Heute wird gegrillt.
"Das ist eben auch Teil der Integration. Jeder Geburtstag wird hier groß gefeiert, jede zweite Probe beginnen wir mit einem bisschen Sekt, und das Zusammensein der Aussiedlerinnen unter einander aber eben auch mit alten Wittstockern oder Zugezogenen, die hier gemischt im Chor singen. Man lernt sich kennen und trifft sich dann auch mal außerhalb und auf der Straße und gehört dazu."
Marion Duppel von der Wittstocker Kirchengemeinde hat den Chor mitinitiiert, im März 2008 war das. Ein Jahr später kam dann Peter Kaping mit seinem Akkordeon dazu.
"Ich hatte in meiner Jugendzeit in einer Pfadfindergruppe seinerzeit als Stöppke schon russische Lieder gekannt, natürlich mit deutschem Text. Und so waren so von dem großen Angebot her gleich spontan von den Titeln gleich zehn da, die mir vertraut waren."
Nach dem Essen sind alle Mägen gefüllt, noch ein Glas Wodka, dann schieben alle ihre leeren Teller in die Tischmitte und klappen die Ordner auf. Sechs deutsche Lieder und dreißig aus der alten Heimat. Ein Festschmaus für die russische Seele.
"Ich denke auch, wenn wir ein Konzert machen, dann möchten die Leute mehr russische Folklore hören, aber zwischendurch gehört's auch dazu, ist auch ein gutes Üben der deutschen Sprache, ein deutsches Lied zu singen."
"Aber wir haben entscheiden, wir singen das hohe C nicht. Entweder es kommt sauber, dann ist es gut, aber da es meistens nicht sauber kommt, lassen wir es weg."
Peter Kaping ist der musikalische Kopf von Katjuscha. Nur selten gibt er ein paar Hinweise oder er erinnert an frühere Absprachen. Das wichtigste ist die Gesangsfreude, und die lässt sich schwer zügeln. Egal ob fröhlich und wild oder melancholisch.
Dieses Lied beschreibt die Stimmung bei Sonnenaufgang in einem russischen Dorf. Bei Olga Diehl weckt das Erinnerungen an Kasachstan. Vor 15 Jahren hat die Lehrerin für Deutsch und Russisch ihre Heimat in der Steppe verlassen und ist nach Wittstock gekommen, eine Kleinstadt an der Autobahn zwischen Berlin und Hamburg.
"Und dann ist das über Sehnsucht nach der Heimat vielleicht, nach der Mutter, weil: Kennt man das alles von Kindheit an und deshalb ist das so vertraut an der Seele oder so, von der Seele."
Der Chor Katjuscha ist Tankstelle für die Seele, zwei Stunden Lebensfreude, Wurzelpflege, Brücke zwischen zwei Kulturen.
Ungefähr 30 Konzerte pro Jahr geben die 16 Mitglieder. Bei Geburtstagen, Ausstellungseröffnungen, Dorffesten. Dabei tragen die Frauen alle einen traditionellen russischen Serafan, erzählt Ludmilla Kildau, die Geschichtslehrerin war, in Kasachstan.
"Haben wir hier in Deutschland gekauft, mit Marion zusammen, einen wunderschönen Stoff und dann haben wir genäht."
Samtrote lange Umhänge mit breiten Borten für die Frauen, für die Männer tiefrote Hemden mit weiten Ärmeln, ein bewegendes Bild, vor allem, weil der Chor bei den Auftritten nicht stillsteht.
"Wir singen nicht nur, wir tanzen auch, ja tanzen auch… und dann ist das so eine Stimmung und das gefällt allen."
"Und eben für die Wittstocker hier oder in der ganzen Region, wo wir auftreten, dass die Leute merken, die Menschen, die hierher gezogen sind, die bringen uns ganz viel mit: An Kultur, an schöner Musik, an schöner Sprache. Das find ich auch einen wichtigen Moment der Integration, dass wir zeigen können, dass die neuen Mitbürgerinnen und Mitbürger unser Leben hier bereichern."
Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.
Bernd Nagel hat mal in Russland studiert, und daran erinnert er sich gern. So geht es allen bei Katjuscha. Vor allem den Aussiedlerinnen aus Kasachstan, aus der Ukraine, aus Russland.
Jeden Mittwochnachmittag, wenn die alte Wanduhr im Wittstocker Begegnungszentrum vier schlägt, treffen sie sich. Alle schwatzen durcheinander, mal Deutsch mal Russisch. Olga, Luba, Ludmilla, Maria, jede stellt eine Schüssel oder eine Platte auf den Tisch. Geröstetes Brot mit Mayonnaise und Thunfisch, Eiersalat, Wodka. Heute wird gegrillt.
"Das ist eben auch Teil der Integration. Jeder Geburtstag wird hier groß gefeiert, jede zweite Probe beginnen wir mit einem bisschen Sekt, und das Zusammensein der Aussiedlerinnen unter einander aber eben auch mit alten Wittstockern oder Zugezogenen, die hier gemischt im Chor singen. Man lernt sich kennen und trifft sich dann auch mal außerhalb und auf der Straße und gehört dazu."
Marion Duppel von der Wittstocker Kirchengemeinde hat den Chor mitinitiiert, im März 2008 war das. Ein Jahr später kam dann Peter Kaping mit seinem Akkordeon dazu.
"Ich hatte in meiner Jugendzeit in einer Pfadfindergruppe seinerzeit als Stöppke schon russische Lieder gekannt, natürlich mit deutschem Text. Und so waren so von dem großen Angebot her gleich spontan von den Titeln gleich zehn da, die mir vertraut waren."
Nach dem Essen sind alle Mägen gefüllt, noch ein Glas Wodka, dann schieben alle ihre leeren Teller in die Tischmitte und klappen die Ordner auf. Sechs deutsche Lieder und dreißig aus der alten Heimat. Ein Festschmaus für die russische Seele.
"Ich denke auch, wenn wir ein Konzert machen, dann möchten die Leute mehr russische Folklore hören, aber zwischendurch gehört's auch dazu, ist auch ein gutes Üben der deutschen Sprache, ein deutsches Lied zu singen."
"Aber wir haben entscheiden, wir singen das hohe C nicht. Entweder es kommt sauber, dann ist es gut, aber da es meistens nicht sauber kommt, lassen wir es weg."
Peter Kaping ist der musikalische Kopf von Katjuscha. Nur selten gibt er ein paar Hinweise oder er erinnert an frühere Absprachen. Das wichtigste ist die Gesangsfreude, und die lässt sich schwer zügeln. Egal ob fröhlich und wild oder melancholisch.
Dieses Lied beschreibt die Stimmung bei Sonnenaufgang in einem russischen Dorf. Bei Olga Diehl weckt das Erinnerungen an Kasachstan. Vor 15 Jahren hat die Lehrerin für Deutsch und Russisch ihre Heimat in der Steppe verlassen und ist nach Wittstock gekommen, eine Kleinstadt an der Autobahn zwischen Berlin und Hamburg.
"Und dann ist das über Sehnsucht nach der Heimat vielleicht, nach der Mutter, weil: Kennt man das alles von Kindheit an und deshalb ist das so vertraut an der Seele oder so, von der Seele."
Der Chor Katjuscha ist Tankstelle für die Seele, zwei Stunden Lebensfreude, Wurzelpflege, Brücke zwischen zwei Kulturen.
Ungefähr 30 Konzerte pro Jahr geben die 16 Mitglieder. Bei Geburtstagen, Ausstellungseröffnungen, Dorffesten. Dabei tragen die Frauen alle einen traditionellen russischen Serafan, erzählt Ludmilla Kildau, die Geschichtslehrerin war, in Kasachstan.
"Haben wir hier in Deutschland gekauft, mit Marion zusammen, einen wunderschönen Stoff und dann haben wir genäht."
Samtrote lange Umhänge mit breiten Borten für die Frauen, für die Männer tiefrote Hemden mit weiten Ärmeln, ein bewegendes Bild, vor allem, weil der Chor bei den Auftritten nicht stillsteht.
"Wir singen nicht nur, wir tanzen auch, ja tanzen auch… und dann ist das so eine Stimmung und das gefällt allen."
"Und eben für die Wittstocker hier oder in der ganzen Region, wo wir auftreten, dass die Leute merken, die Menschen, die hierher gezogen sind, die bringen uns ganz viel mit: An Kultur, an schöner Musik, an schöner Sprache. Das find ich auch einen wichtigen Moment der Integration, dass wir zeigen können, dass die neuen Mitbürgerinnen und Mitbürger unser Leben hier bereichern."
Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.