Wohnen

Container mit Grillanschluss

Eine undatierte Computergrafik zeigt das geplante Containerdorf in Berlin-Plänterwald. Das Containerdorf soll bis zu 400 Studenten eine Bleibe bieten.
So soll es in Zukunft aussehen: das Containerdorf in Berlin-Plänterwald. © Holzer Kobler Architekturen Berlin GmbH
Von Verena Kemna |
Die Idee stammt aus Amsterdam und hat einen Berliner Investor inspiriert: Er lässt für Studenten der Hauptstadt ein riesiges Containerdorf bauen. Bislang sind aber erst 20 Container fertig.
Oktober 2013, Plänterwald im Berliner Südosten. Keine hippe Studentengegend, keine Kneipen, keine Cafés. Stattdessen ein Supermarkt mit Parkplatz, Plattenbauten und ein großes leeres Baugrundstück. Nur wenige Meter von der Straße entfernt hängen Plakate an einem Bauzaun. Hier entsteht Deutschlands erstes Containerdorf für Studenten, heißt es da.
Sechs Container stehen bereits nebeneinander, darüber hängt ein weiterer rostfarbener Frachtcontainer an einer Krankette. Noch ist das zukünftige Studentendorf eine Baustelle. Kathrin Wolf steht vor einem Schaucontainer, drückt ihr Gesicht gegen das Panoramafenster am schmalen Ende:
"Wir gucken ja jetzt durch die Scheibe in den Container, also von der kurzen Seite, dieses Fenster an der langen Seite muss man sich wegdenken und da gegenüber liegt das Bad. Wir können jetzt mal kurz rumgehen … Es ist winzig, aber eigentlich hat es alles drin. Es hat eine ebenerdige Dusche und ein Waschbecken und ein Klo, der Spiegel wird auch schon anmontiert, es ist eigentlich alles da."
Alle Container haben die gleichen Maße, zweieinhalb Meter breit, fast drei Meter hoch und zwölf Meter lang. 390 Euro Miete inklusive Heizung, Strom und W-LAN verlangt der private Investor. Ein gutes Angebot, findet die Studentin aus Hamburg. "Klein aber mein", sagt sie und lacht.
"Letzten Endes ist es die Hülle eines Containers und innen drin ist ein vollständig eingerichtetes 26-Quadratmeter-Apartment. Lieber Container als Platte, zumindest jetzt erstmal für mich."
Einzugstermin verschiebt sich von Monat zu Monat
Die 31-Jährige hat sich als eine der ersten Studierenden schon im Frühjahr 2013 für das Berliner Containerdorf beworben. Bereits im Oktober hat ihr Semester an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Oberschöneweide begonnen. Seitdem wartet Kathrin Wolf darauf, dass sie endlich einziehen kann. Sie übernachtet bei Freunden auf der Couch, findet schließlich ein Zimmer in einer WG.
Immer wieder sieht sie sich auf der Baustelle um. Die S-Bahn rauscht im Minutentakt direkt an dem Baugrundstück vorbei. Wo einmal ein Dorf aus 400 Hochseecontainern stehen soll, tut sich monatelang nicht viel. Kathrin Wolf kommt immer wieder vorbei. Sie kennt inzwischen jedes Detail des Schaucontainers.
Kathrin Wolf im neuen Container
Kathrin Wolf im neuen Container© Deutschlandradio / Verena Kemna
"Dieses ist sogar ein neuwertiger Schiffscontainer, auch wenn man das nicht glaubt, weil er schon so eingerostet ist, aber das gehört mit zum Konzept. Auch die Container in die wir einziehen, die ersten 15, das dürften noch benutzte sein und die danach, das wird nur noch Containeroptik. Also sie bauen die dann einfach günstig nach, weil so ein Container ist schon sehr teuer in der Anschaffung."
Der private Investor Jörg Duske hat etwa 16 Millionen Euro investiert. Auf animierten Bildern im Internet sind Schwimmteiche, begrünte Terrassen, Pflanzen- und Blumenbeete zu sehen. Doch Kathrin Wolf wird immer wieder vertröstet. Probleme mit der Statik, mit den Fenstern, mit den Bauvorschriften. Der Einzugstermin verschiebt sich von Monat zu Monat. Aus September 2013 wird schließlich März 2014.
311 Apartments für 400 Studenten
Es ist der letzte öffentliche Besichtigungstermin vor dem Einzug. Der erste quadratische Block mit vier Containerstockwerken steht. Davor blinkt ein Schild mit bunten Glühbirnen. Welcome to Fabulous Frankie and Jonny. Besucher aus ganz Berlin stehen Schlange, darunter viele Ältere, Familien mit Kindern, interessierte Architekten.
Investor Jörg Duske, 51 Jahre alt, lehnt im ersten Stockwerk an einem Geländer mit bunten Blumenkübeln aus Plastik. Die Treppen und Verbindungsgänge zwischen den Containermodulen sind aus durchsichtigen Metallgittern. Duske ist in der Menschenmenge leicht zu erkennen: Der Mann mit der giftgrünen Brille strahlt. Über Bauverzögerung, statische Probleme will er lieber nicht sprechen.
"Wir haben letztlich drauf los gebaut, um dieses Bauwerk fertig zu machen. Es lief nach einem groben Plan, jedes Detail musste hier vor Ort entschieden und gelöst werden - und das ist uns ja dann doch irgendwie gelungen. Gott sei Dank."

Investor Jörg Duske, 51 Jahre alt.
Investor Jörg Duske, 51 Jahre alt.© Deutschlandradio / Verena Kemna
Die ersten 20 Container sind fertig, insgesamt sollen hier einmal 311 Apartments für 400 Studenten stehen. Extra-Container zum waschen und kochen sind geplant. Für Jörg Duske ist die Zukunft bereits Gegenwart. Er beschreibt, was noch nicht zu sehen ist.
"Im Sommer, wenn das Wetter schön ist, kann man grillen und chillen, es ist massig viel grüne Wiese hier, es gibt eine Kletterwand, eine Boulebahn, es gibt alles was Spaß macht - und sogar einen kleinen Teich zum Schwimmen."
"Das wird schon, ich bin zuversichtlich"
Kathrin Wolf schlängelt sich durch die Menschenmenge, sie will nun endlich ihre Wohnung sehen. Sie hebt das rotweiße Absperrband, läuft über die Freilufttreppe hoch in den vierten Stock.
"Nebendran müsste der Doppelcontainer sein, und das sollte meiner sein. Eigentlich sollte ich hier wohnen. Oha, noch ein bisschen stickig, wobei von der Farbgestaltung kann es gar nicht meiner sein."
Türkis, ihre Wunschfarbe an den Wänden stimmt, doch vom versprochenen Fotomotiv aus London, das eine ganze lange Seite füllen soll, ist nichts zu sehen.
"Ich bin jetzt sehr gespannt wie es am Ende aussieht, doch das wird schon, ich bin zuversichtlich."
Am Freitag will sie endlich Bücher, Ordner, Bettwäsche und Kleider bringen. Möbel braucht sie keine. Ein Bett vor dem Panoramafenster mit Blick über den Supermarkt, der weiße quadratische Tisch mit Stuhl, die zwei Kochplatten in der winzigen Küchenzeile, der weiße Schrank, die Einrichtung ist in allen Apartments gleich. Investor Jörg Duske verteilt Flyer mit der Aufschrift: Leidenschaftlich wohnen, er lehnt noch immer neben einem pinkfarbenen Blumenkasten. Am Wochenende können die ersten 20 Studenten endlich einziehen.
"Die Bude ist voll, die Studenten sind zufrieden, die bestätigen uns, dass es ihren Vorstellungen und Erwartungen entspricht. Wir freuen uns drauf, wenn die dann alle einziehen, das wird bestimmt lustig werden."