Wohnen in Ikonen - Mariners Village in Los Angeles

Leben wie in einer Filmkulisse

Mariners Village in Los Angeles Yachthafen Marina Del Rey
Eine Ikone, die noch nicht in Architektur-Bänden auftaucht: Mariners Village in Los Angeles © Sabine Müller
Von Sabine Müller |
Als wäre man am Set eines "Fluch der Karibik"-Films gelandet: Kleine Häuser, Holzbrücken und Wasserfälle bestimmen das Mariners Village in Los Angeles. Der Architekt, ein gebürtiger Berliner, soll ein Fischerdorf vor Augen gehabt haben.
Das "Mariners Village" taucht nicht in berühmten Architektur-Bänden auf und hat keine großen Design-Preise gewonnen, aber die Bewohner von Los Angeles sehen es definitiv als Ikone:
"Wenn Leute mich fragen, wo ich wohne und ich sage 'Mariners Village', weiß eigentlich immer jeder sofort, was das ist, wo das ist."
Mariners Village in Los Angeles
Überall plätschern Wasserfälle: Mariners Village in Los Angeles.© Sabine Müller

"Manche vergleichen es mit Disneyland"

Die Journalistin Anna Barbara Tietz wohnt seit sechs Jahren in der großen Anlage am Yachthafen Marina Del Rey, die 1970 fertiggestellt wurde.
"Man hat nicht das Gefühl, dass man in Los Angeles ist", sagt Dean Donofrio, der gerade vom Joggen am Meer kommt und seit 2004 im 'Mariners Village' lebt. Manche Leute vergleichen es mit Disneyland."
Das kann ich gut nachvollziehen, denn die Anlage hat etwas Surreales, auf mich wirkt sie wie eine Filmkulisse. Üppige Vegetation, ein regelrechter Dschungel – aber natürlich gepflegt – 1000 große, alte Bäume, wuchernde Hecken, kleine Bambuswäldchen.
Überall plätschern Wasserfälle, leuchten türkisblaue Pools. Die meisten Holzbrücken haben dicke Taue als Handläufe, in der Mitte der Anlage ragt ein hölzerner Aussichtsturm empor. Es fühlt sich an, als wäre man am Set eines "Fluch der Karibik"-Films gelandet, findet Anna Barbara Tietz:
"Es ist tatsächlich so, dass man sich vorstellen könnte, dass jeden Moment eine Horde Piraten um die Ecke springt."

Dorf ohne Gemeinschaft

Die 931 Apartments sind auf dem tortenstück-förmigen Gelände, das direkt ans Meer grenzt, in vielen kleinen, zwei- bis dreistöckigen Einzelgebäuden untergebracht. Alles ist in verschiedenen Brauntönen gehalten: Die Holzverkleidung der Fassaden, die Holzschindeln auf den Dächern, die Balkongeländer. Wie soll man diesen Baustil nennen? Der Architekt Peter Kamnitzer, ein gebürtiger Berliner, der in die USA auswanderte, hatte angeblich ein europäisches Fischerdorf vor Augen, als er die Anlage schuf.
"Das finde ich überhaupt nicht. Aber dieser kleine Marktplatz, das Village, da könnte man wirklich denken, man sei an der amerikanischen Ostküste, Cape Cod, so ein kleines Fischerdorf."
Der Marktplatz ist das Herz der Anlage, genau in der Mitte gelegen. In den einstöckigen Häuschen mit der Holzschindel-Fassade findet man unter anderem einen Friseur und ein Café, das sogar ins Apartment liefert. "Man muss hier gar nicht weg", sagt Dean Donofrio. "Es gibt hier eine Reinigung, ein Kino, einen kleinen Lebensmittelladen."
Die Anlage soll Dorf-Charakter haben, aber es gibt keine Dorfgemeinschaft. Man kennt sich untereinander kaum, erzählt Donofrio: "Jeder bleibt hier für sich, ich kenne meine Nachbarn nicht gut und die sich untereinander auch nicht, jeder macht sein eigenes Ding."

Wilde Geschichten in den 70ern

Auch der große Gemeinschaftsraum, der mit der rauen Steinwand und dem riesigen Kamin an eine edle Ski-Lodge erinnert, ist kein gemeinschaftlicher Treffpunkt. Falls sie sich jetzt fragen: Was ist eigentlich mit dem Inneren der Gebäude? Das ist ehrlich gesagt nicht der Rede wert: Die Flure seelenlos und teppichbestückt wie in amerikanischen Hotels, die Ein- bis Drei-Zimmer-Apartments wirklich nett mit weißgestrichener Holzvertäfelung, großen Fenstern und Balkonen, aber insgesamt sehr unspektakulär. Der Ikonen-Status des "Mariners Village" rührt auch daher, dass sich um den Komplex wilde Geschichten aus den 70ern ranken, als Fluglinien hier Piloten und Stewardessen unterbrachten, erzählt Anna Barbara Tietz:
"Da gab's wohl immer ziemlich viele Partys, mir ist mal gesagt worden, dass es in den 70er-Jahren hier der größte Swinger-Club in Los Angeles war. Also da muss es ziemlich abgegangen sein."
Und heute? Heute ist es zum Glück nicht mehr wild, sagt Dean Donofrio und wedelt abwehrend mit den Händen: "Deshalb mögen es die Leute hier auch. Das lauteste, was man hier hört, sind die Kinder."
Und manchmal machen die Vögel ein bisschen Lärm. Genauer gesagt: der geschützte Graureiher:
"Der nistet in großen Bäumen. Es gab früher sehr viele dieser großen Bäume im Hafengebiet, aber die sind nach und nach gefällt worden. Und auf diesem Grundstück sind die letzten Nester von diesem Vogel."
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