Wohnst du noch oder zeltest du schon?
Die Internetunternehmen im Silicon Valley fahren Millionengewinne ein. Doch San Francisco mangelt es an Geld, genug Wohnraum für die Zugezogenen zu schaffen. Dort kann man sogar mit einem Zelt im Garten ein gutes Geschäft machen.
John Potter ist Anfang 20 und freiberuflicher Web-Entwickler in Mountain View, mitten im Silicon Valley. Wie ein Magnet zieht die Gegend südlich von San Francisco Leute aus aller Welt an: Arbeitskräfte für Apple, Facebook & Co. Potter lebt noch bei seinen Eltern und scherzte vor kurzem:
"Ich sagte neulich zu jemandem, vermutlich könnte man auch einfach ein Zelt in den Garten stellen und Leute würden dafür zahlen. Und es hat funktioniert."
Gesagt, getan. Potter stellte sein Angebot auf die Online-Plattform airbnb. Für eine Nacht in seinem drei mal zwei Meter großem Zelt mit Blick auf den elterlichen Garten verlangt er umgerechnet 41 Euro. Dazu bietet er Schlafsack und Kissen sowie eine Dusche im Haus an. Und tatsächlich, es funktioniert: Einige Interessenten wollen gern sogar einen Monat oder länger in seinem Zelt wohnen. Knapp 900 Euro pro Monat für ein Zelt? Potter hat Erfolg, weil im Silicon Valley Wohnungsnot herrscht. So sei seine Idee zwar dreist, sagt Potter, aber vielleicht sollten sie in Mountain View einfach mal mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen.
Google-Mitarbeiter: Keiner kann es sich leisten, nahe der Arbeit zu wohnen
Mountain View, Menlo Park, San Francisco – da, wo Google, Facebook und Twitter zu Hause sind, gibt es zwar viele Arbeitsplätze, aber immer weniger erschwinglichen Wohnraum, selbst für Menschen, die gut verdienen. Brandon Jones ist Software-Entwickler bei Google, sein Jahreseinkommen liegt im sechsstelligen Bereich. Trotzdem sagte er gegenüber dem Lokalsender KPIX:
"Überall auf der Welt wäre das ein ordentliches Einkommen, aber hier reicht es kaum für mich und meine Familie. Es ist ein Running Gag bei uns Google-Angestellten: keiner von uns kann es sich leisten, in der Nähe unseres Büros zu wohnen, weil die Mieten so astronomisch hoch sind."
In San Francisco sieht die Situation nicht besser aus, sagt David Campos:
"Unsere Wohnungspolitik ist am Ende und ganz ehrlich: die Behörden, die Wohnungen bauen müssten, haben nicht die Mittel und Wege dies zu tun."
Campos vertritt den District 9 der Stadt, darunter der Mission District, lange das Zuhause vieler Latinos. Nun sind hier die jungen Gutverdiener des Silicon Valley hergezogen, Alt-Eingesessene werden immer weiter Richtung Stadtrand verdrängt. Das sorgt für Spannungen in der Stadt. Die Internetunternehmen in der Umgebung fahren Gewinne in Milliardenhöhe ein – doch San Francisco mangelt es an ausreichend Geld, genug zusätzlichen Wohnraum für alle Zugezogenen zu schaffen, erzählt der Stadtverordnete Scott Wiener.
Die hohen Immobilienpreise haben nun auch das amerikanische Reality-Fernsehen hergelockt. In der Show "Million Dollar Listings" konkurrieren drei Immobilienmakler um die reichsten Kunden und teuersten Abschlüsse.
Während früher in Kalifornien Gold geschürft wurde, findet der neue Goldrausch im Technologiebereich statt, sagt einer der drei Makler. Und dafür sind manche Menschen sogar bereit, zumindest eine zeitlang in einem Zelt im Vorgarten zu wohnen.