Ein Buch, ein Exemplar, ein Leser
Der Schriftsteller Wolf Wondratschek soll seinen neuen Roman "Selbstbild mit Ratte" an einen Mäzen verkauft haben. Für 40.000 Euro. Der Öffentlichkeit bliebe das Werk damit vorenthalten. Müssen wir uns provoziert fühlen?
Der Autor Wolf Wondratschek soll laut "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" seinen neuen Roman "Selbstbild mit Ratte" dem Literaturbetrieb entzogen und ihn an einen Privatmann verkauft haben. 40.000 Euro soll er von einem Mäzen dafür erhalten haben. Es gibt jetzt also nur ein Exemplar und nur einen Leser.
Hat Wolf Wondratschek damit geschickt verhandelt oder ist das einfach nur eine Provokation?
Der Kulturwissenschaftler Wolfgang Ullrich sagte dazu im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur: In der Kunst sei so etwas "gang und gäbe" – dass nämlich "Sammler die Werke, die sie erwerben, nie öffentlich zeigen oder sogar verbieten, dass sie in Katalogen reproduziert werden".
Provoziert fühlten wir uns in diesem Fall, weil tief in uns die Vorstellung wohne, dass "Literatur eben nichts Exklusives" sei. Das drücke sich auch in einer Institution wie der "öffentlichen Leihbücherei" aus, die für alle und "nicht nur für eine Elite zugänglich" sei.
Wondratschek, der in den 70er- und 80er-Jahren mit seinen Gedichtbänden "Chuck's Zimmer", "Männer und Frauen", "Die Einsamkeit der Männer" und "Carmen oder Bin ich das Arschloch der achtziger Jahre" einer der erfolgreichsten deutschen Dichter war, erreichte im vergangenen Jahr mit seinem Gedichtband "For a Life without a Dentist" nur in eine Mini-Auflage von knapp 450 Stück im quartus-Verlag.