Wolfgang Ischinger: Pro-europäische Kräfte in Serbien durch Visumsfreiheit stärken

Wolfgang Ischinger, neuer Leiter der Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik und deutscher Botschafter in Großbritannien, plädiert dafür, den Serben das visumsfreie Reisen ins Ausland zu ermöglichen. Damit könne die Europäische Union (EU) einen Beitrag leisten, die pro-europäischen Kräfte nach den vor kurzem statt gefundenen Parlamentswahlen in Serbien zu stärken. Zugleich bekräftigte er sein Eintreten für ein unabhängiges Kosovo.
Im Deutschlandradio Kultur sagte der ehemalige EU-Vertreter bei den Kosovo-Gesprächen: "Viele hier in Deutschland und in anderen westeuropäischen Staaten haben gar nicht mitverfolgen können, dass eine negative Auswirkung der Erweiterung der Europäischen Union ist, dass Serben, die früher ohne Visum in ihre Nachbarländer reisen konnten, sich jetzt plötzlich für eine kleine Reise über die Grenze einen Pass besorgen müssen und ein Visum." Für viele Serben sei dies eine Erschwernis ihres Lebens. "Deshalb ist die Visumsfrage eine eminent politische Frage", so Ischinger. Man könne damit auch bei der serbischen Bevölkerung eine Wirkung "mit hohem Symbolwert" erzielen.

Bezogen auf das Inkrafttreten der Verfassung für ein unabhängiges Kosovo Mitte Juni sagte Wolfgang Ischinger: "Ich halte es nach wie vor für alternativlos richtig, das Kosovo in eine Unabhängigkeit zu entlassen, aber in eine überwachte Unabhängigkeit." Alle "Unkenrufe" über schreckliche Folgen einer solchen Unabhängigkeit hätten sich als unberechtigt heraus gestellt.

Ferner erklärte Ischinger, er hoffe, dass es zu einem Kompromiss zwischen Belgrad und Priština komme: Ein Abkommen nach dem Vorbild des deutschen-deutschen Grundlagenvertrages zwischen der BRD und der damaligen DDR von 1972 sei wünschenswert. Dies jedoch setze voraus, dass man in Serbien eine Regierung habe, die entsprechende Prioritäten setze und für die die Regelung des alltäglichen Umgangs mit dem Kosovo nicht "in der Abschottung, sondern in der Öffnung" liege.

Sie können das vollständige Gespräch mit Wolfgang Ischinger mindestens bis zum 17.10.2008 in unserem Audio-on-Demand-Angebot hören. MP3-Audio