Ich habe geheult. Das weiß ich noch. Und ich habe mir nichts sehnlicher gewünscht, als meine Kinder wieder im Arm zu haben. Aber meine Kinder, die haben mich angeguckt, als wäre ich ein Fremder.
Unerfüllte Lebensziele
Wolfgang führt ein erfülltes Leben. Nur ein Wunsch blieb unerfüllt. Doch für die Liebe ist es nie zu spät. © Getty Images / iStock / Iryna Alekseienko
Der Unverheiratete
27:59 Minuten
Schon als junger Mann träumt Wolfgang von der Frau fürs Leben. Auch Heiraten gehört für ihn dazu. Geklappt hat es nie. Inzwischen ist Wolfgang in Rente und fragt sich: „Kriegst Du das noch auf die Reihe?" Doch für die Liebe ist es nie zu spät.
Fragt man Wolfgang nach seiner Vorstellung von der Liebe, fällt ihm ein älteres Ehepaar ein, das er als junger Mann kennenlernte: „Die waren bestimmt um die achtzig und so liebevoll und achtungsvoll. Für mich war das ein Zeichen: So möchtest du im Alter auch mal leben, mit deiner Frau gemeinsam.“
Wolfgang lebt in den 1970er-Jahren in Rostock. Schon damals ist ihm Familie wichtiger als Karriere. Obwohl er studieren kann und später auch einen guten Job hat: „Ich hatte keine beruflichen Ziele. Ich war Abteilungsleiter und habe auch für DDR-Verhältnisse ganz gut verdient, ohne Genosse zu sein. Und ich hatte keinerlei berufliche Ambitionen.“
"Ich hatte die Frau meines Lebens gefunden"
Mit 32 trifft er Bettina: „Ich hatte die Frau meines Lebens gefunden. Das ging dann relativ schnell, dass wir eine Familie gegründet haben. Dann waren zwei Kinder da.“
Doch es kommt anders, als Wolfgang es sich wünscht: Die Familie will raus aus der DDR. Wolfgang besucht seine Schwester im Westen, bleibt dort, und als Bettina und die Kinder endlich nachkommen dürfen, ist ein Jahr vergangen.
Die Familie findet nicht mehr richtig zusammen. Wolfgang und Bettina trennen sich. „Meine wichtigsten Ziele im Leben, die waren nun zerbrochen", erinnert sich Wolfgang. "Ich wusste auch nicht, wie ich damit umgehen soll – meine Kinder nur noch nach Absprache zu sehen. Das war für mich das Schlimmste, was mir im Leben passieren konnte.“
Das Leben mit jemandem teilen
Später geht Wolfgang neue Beziehungen ein. Doch so richtig klappen will es nicht. Also widmet er sich anderen Dingen: Er läuft viel, reist, lenkt sich ab, klettert mit sechzig auf den Kilimandscharo.
Aber der Wunsch nach der Frau fürs Leben bleibt: „Ich habe ein erfülltes Leben geführt. Ich habe dann nicht mehr gelitten. Aber der Wunsch war da, das Leben mit einer Frau zu teilen.“
Mit 63 geht Wolfgang in Rente, im Frühjahr 2017 zieht er nochmal um: von seinem Häuschen am Berliner Stadtrand zurück in die Stadt. Was er zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß: Es wird einer der schönsten Sommer seines Lebens.
Die Journalistin Teresa Sickert erzählt in dieser Ausgabe von „Plus Eins“ die Geschichte des Rentners Wolfang. Es geht um die großen Lebenswünsche und darum, wie sich im Laufe der Zeit der Blick darauf verändert. Es geht ums Lernen und Loslassen und darum, dass es für die Liebe nie zu spät ist.