"Hasserfüllte Kampagne gegen Olaf Scholz"
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Der Parteitag der SPD ist vorbei, die Gräben sind offenbar tiefer denn je: Wolfgang Thierse macht dem neuen stellvertretenden Vorsitzenden der Partei, Kevin Kühnert, schwere Vorwürfe.
Die SPD bemüht sich um Kurskorrektur, um wieder mehr Anklang beim Wähler zu finden. Auf dem Parteitag in Berlin machten die Sozialdemokraten einen Schwenk nach links - und wählten zugleich Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken an die Spitze der Partei.
"Verletzungen angerichtet"
Doch das hat die Partei offenbar nicht befriedet. Der Streit um die künftige Ausrichtung und die Chef-Posten hat Wunden geschlagen. SPD-Urgestein Wolfgang Thierse wirft Kevin Kühnert eine "hasserfüllte Kampagne" gegen Olaf Scholz vor. Scholz sei unfair behandelt worden, so Thierse:
"Ich glaube, die beiden neuen Vorsitzenden und Kevin Kühnert haben da auch Verletzungen angerichtet. Es hat schon etwas Bitteres, wenn derjenige, der Inspirator einer hasserfüllten Kampagne gegen Olaf Scholz und die Minister war, dass der jetzt belohnt wird mit dem Amt des Vizeparteivorsitzenden. Die innere Befriedung der Partei ist schon noch etwas, was vor uns liegt."
"Rede von fast demagogischer Qualität"
Walter-Borjans und Esken müssten nun die ganze Breite der Partei repräsentieren, fordert Thierse - und nicht nur auf dem Thema "Aussstieg aus der Großen Koalition" herumreiten. "Denn dadurch wird keine Erlösung eintreten." Eine thematische Verengung, wie sie Kühnert vorschlage, sei falsch.
Auch die Rede von Kühnert auf dem Parteitag kritisiert Thierse scharf:
"Ich fand seine Rede nicht so beeindruckend wie viele andere. Dafür bin ich zu alt. Ich fand sie schon fast von demagogischer Qualität. Wir erleben ja, dass ein junger Mann - er ist 30, er hat noch nie etwas Anderes außer Politik gemacht - dass er gewissermaßen nach oben gejubelt wird und ihm doch - hoffe ich - ein bisschen schwindelig wird. Ich bin der altmodischen Ansicht, dass man - bevor man Politik vollends zu seinem Beruf macht - erst Mal ein gewisses Quantum beruflicher und sozialer Erfahrung gesammelt haben soll."
Er wünsche sich, "dass man Kevin Kühnert noch ein bisschen Zeit lässt, wichtig zu werden", sagt Thierse. Dieser sei auf eine "geradezu überbordende Weise selbstbewusst". Der Hype um Kühnert sei aber gefährlich für Kühnert selbst, für die SPD und auch für die politische Kultur.
(ahe)