"Women Fashion Power”

Kleider machen Powerfrauen

Eröffnung der Ausstellung "Women Fashion Power" im Londoner Design-Museum mit der Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo (r.)
Schwarz bleibt Trend: Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo (r.) eröffnete die Schau in schwarzer Lederjacke, Rock und Stiefeln. © AFP / Leon Neal
Von Wolfgang Bohnacker |
Wie frau sich über Kleidung Autorität und Einfluss verschaffen kann, zeigt die Schau "Women Fashion Power" im Londoner Design-Museum. Karrierefrauen spendeten ihre Lieblingsstücke - und das waren nicht bloß Businesskostüme.
"Women Fashion Power”- der Titel lässt sich deuten als Gleichung im Sinne von: Frauen plus Mode gleich Macht. Oder als Steigerung à la: gut, besser, am besten. Fragt sich nur: Was ist hier der Superlativ?
Eine "Mächtige” durfte die Schau heute Morgen eröffnen: Anne Hidalgo. Seit April ist die Sozialistin als erste Frau Bürgermeisterin von Paris. Zur Pressekonferenz erschien sie in schwarzer Lederjacke, schwarzem Rock und schwarzen Stiefeln.
Klar, in der Männerdomäne der Politik komme dem femininen Selbstverständnis zentrale Bedeutung zu, sagte sie. Und modisches Selbstbewusstsein sei eine Möglichkeit, sich als Frau Autorität und Einfluss zu verschaffen.
Für und Wider Power Dressing
Kuratorin Donna Loveday wollte Madame La Maire unbedingt mit an Bord haben. Hidalgos Wahl zur Bürgermeisterin, sagt sie, habe ja doch für einiges Aufsehen gesorgt.
Ist es das, worum es in der Ausstellung geht: um "Frauen-Power Dressing” und Mode als Emanzipation?
Loveday: "Nein, das Wort 'Power-Dressing' habe ich ganz bewusst vermieden. Die Frauen, die wir für diese Schau befragt haben, sagten alle: 'Ich trage, was mir gefällt.' Sie haben vielleicht ihre Lieblingsdesigner oder ihre bevorzugten Modehäuser, aber sie folgen nicht mehr strengen Vorschriften oder Konventionen. Statt für starre Businessanzüge entscheidet sich die Frau von heute lieber für auffällige Farben oder markante Muster.”
25 Karrierefrauen überließen der Kuratorin Stücke aus ihren Garderoben: Anwältinnen, Bankerinnen, TV-Moderatorinnen, Verlegerinnen, Modeschöpferinnen, Museumscheffinnen und sogar eine fürstliche Hoheit: Prinzessin Charlène von Monaco.
Neben ihren Kleidern, Kostümen und Schuhen in den Vitrinen hängen jeweils kurze Statements der "Leading Ladies”. Bei Hidalgos Hosenanzug mit Seidenbluse und Wollschal steht: "Zu allen Anlässen trage ich am liebsten Bequemes, das Eleganz mit Nüchternheit kombiniert.”
150 Jahre Damencouture
Die Schau ist ein thematisch und chronologisch gegliederter Rundgang durch 150 Jahre Damencouture. Aber es geht eigentlich schon sehr viel früher los.
Gleich zu Beginn erwarten den Besucher Bilder von Kleopatra, der Jungfrau von Orleans – in Rock und Ritterrüstung!, Elisabeth der Ersten und Queen Victoria. Schaut her, sagt man damit: Auch Frauen haben ihren Platz in der Geschichte! Aber bezweifelt das heute wirklich noch jemand?
Von der ersten Abteilung über die Epoche 1850 bis 1900 mit dem Titel "Freiheit von Zwängen” – hier geht's um Korsetts und den Kampf der Suffragetten um politische Gleichberechtigung – spannt sich der Bogen über die Themenbereiche Modemagazine und Sportkleidung weiter über die Kapitel Fitness und Gesundheit, Arbeitswelt, Erster und Zweiter Weltkrieg hinüber nach Hollywood und bis zur Protest-, Gegen- und Subkultur der sechziger und siebziger Jahre.
Nicht die Ausstatter, die Frauen selbst sind die Heldinnen der Geschichte, meint die Kuratorin D. Loveday:
"Modeschöpfer reagierten immer nur auf die sich wandelnde Rolle und Stellung der Frau in der Gesellschaft und Arbeitswelt. Insofern sind heute etwa die 'Power Suit'-Kreationen der siebziger und achtziger Jahre als männliche Modekonstrukte längst überholt, gerade weil sich das weibliche Selbstverständnis weiterentwickelt hat.”
Das dezente Understatement
Auf einem Foto strahlt Margaret Thatcher nach ihrer Wahl zur Parteichefin der britischen Konservativen 1975. Daneben – unter Glas – ist das hell-blaue Kostüm mit gestreiftem Krawattenschal ausgestellt, das die "Eiserne Lady” damals trug.
Und auch die Bundeskanzlerin strahlt auf einem Foto, in gewohnter Händepose und so wie man sie kennt – in Jacke und Hose. So präsentiert sich Macht heute: mit dezentem Understatement.
D. Loveday: "Angela Merkel ist ein interessanter Fall. Ihr Anzug demonstriert 'Soft Power'. Und dann diese riesige, überraschende Farbenpalette ihrer Jacken. So fühlt sie sich wohl, und damit beweist sie Stil. Beides entspricht ihrer Persönlichkeit, und genau darum ging's in der Mode schon immer. Eben das wollen wir hier zeigen.”
Das Design der Ausstellung besorgte Stararchitektin Zaha Hadid. Sie setzt den Akzent auf viel Glas und sehr, sehr viele Spiegel – auch an der Decke. Vor allem aber: die einzelnen Abteilungen fließen ohne Trennung ineinander über. Will sagen: in diesem Spiegelkabinett verläuft man sich leicht, gerade angesichts der Vielzahl an Themenbereichen und Exponaten. Ohne Wegweiser hinterlassen Hadids Laufstege ein irritierendes Zerrbild – der Mode und der Frau.
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