Superheldinnen im Patriarchat
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Mit "X-Men: Dark Phoenix" läuft nach "Wonder Woman" und "Captain Marvel" innerhalb von zwei Jahren der dritte Blockbuster über eine Superheldin im Kino. Ist das der Beginn einer Ära der Superheldinnen? Filmkritikerin Sophie Charlotte Rieger meint: Jein.
Seit Kurzem läuft mit "X-Men: Dark Phoenix" nach "Wonder Woman" und "Captain Marvel" innerhalb von zwei Jahren der dritte Blockbuster über eine Superheldin im Kino. Der Film erzählt die Entstehungsgeschichte der Comic-Figur Phoenix, die durch den Einfluss einer außerirdischen Energiequelle zu vorübergehend unkontrollierbaren Superkräften gelangt.
Eine größere Bühne für weibliche Hauptfiguren - es erscheint wie eine bewusste Bemühung der großen Comic-Häuser Marvel und DC im Zuge des Diskurses um eine gleichberechtigte Repräsentation von Frauen und Männern auf der Kinoleinwand.
"Es ist auf jeden Fall ein guter Anfang"
Wird die Helden-Landschaft im Kino endlich vielfältiger, endlich diverser? "Jein", meint Sophie Charlotte Rieger, Journalistin, Filmkritikerin und Betreiberin des feministischen Filmmagazins Filmloewin.de. "Es ist auf jeden Fall ein guter Anfang." Sie freue sich sehr, dass es jetzt Raum gebe für solche Heldinnen.
Man solle dabei aber nicht vergessen, dass in den letzten zwei Jahren sehr viele Blockbuster mit männlichen Superhelden in die Kinos gekommen seien. "Wenn wir das zahlenmäßig vergleichen, dann können wir diese drei Filme nur als Anfang werten. Und 'X-Men' ist natürlich auch ein Ensemble-Film und kein klassischer singulärer Heldinnen-Film. Frauen alleine machen auch noch keine richtige Vielfalt."
Die drei Heldinnen seien sich sehr ähnlich. "Sie sind alle weiß, alle cis-geschlechtlich, vermutlich heterosexuell, so genau wissen wir es nicht", sagt Rieger. Auch wenn es Andeutungen auf lesbische Liebesbeziehungen gebe. "Ein diverses, vielfältiges Bild würde sich um solche Aspekte auch bemühen."
Es bleibt ein Mann an der Spitze des Systems
Zudem gebe es in den Heldinnen-Filmen weiterhin starke, präsente männliche Figuren. Das mache es jedoch auch spannend, auch im Blick auf "Dark Phoenix", wo der große Patriarch, Professor Charles Xavier, entthront werde. "Die Geschichte stellt sein hierarchisches Führen der Organisation in Zweifel, die Figuren kritisieren ihn direkt, es wird klar, es ist eine Fremdbestimmung, und er ist auch verantwortlich für den Leidensweg von Phoenix", beschreibt Rieger.
"Aber am Ende ist der Film dann doch zu vorsichtig damit, das patriarchale System ändert sich eigentlich nicht. Die Führung wird zwar gewechselt, aber es bleibt hierachisch, es bleibt ein Mann an der Spitze, da wurde viel verschenkt."
Im Hinblick auf Heldinnen- und Heldenfilme insgesamt meint Rieger, "einerseits sollte feministisches Filmemachen so konsequent sein, das Prinzip der Heldenreise auch aufzubrechen, dass es nicht nur um eine Figur geht, um eine Geschichte."
"Dann sollten sich alle Menschen repräsentiert sehen"
Andererseits finde sie es wichtig, im Mainstream zu arbeiten, um viele Menschen zu erreichen. "Wir haben jetzt Superhelden-Filme als Trend, und dann sollten sich da auch alle Menschen repräsentiert sehen als Heldinnen- und Helden-Figuren, egal welches Geschlecht sie haben, welche sexuelle Orientierung, welchen Hintergrund."
(cwu)