Die Rowohlt-Autoren kehren ein fatales Muster um
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Rowohlt-Autoren wollen die Veröffentlichung von Woody Allens Biografie in ihrem Verlag verhindern. Sie hätten keinen Grund, Dylan Farrow nicht zu glauben, sagen sie. Catherine Newmark findet, damit durchbrächen sie ein langlebiges Verhaltensmuster.
Autorinnen und Autoren des Rowohlt Verlages haben in einem offenen Brief gegen die geplante Veröffentlichung der Autobiografie des Filmemachers Woody Allen in ihrem Verlag protestiert. Unterzeichnet haben den Brief unter anderen Margarete Stokowski, Sascha Lobo und Till Raether. Zuvor hatte der US-amerikanische Verlag Hachette nach Protesten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern davon abgesehen, das Buch zu veröffentlichen.
Allens Tochter Dylan Farrow hatte dem Regisseur vorgeworfen, sie sexuell missbraucht zu haben. Sein Sohn Ronan Farrow hatte kritisiert, dass das Buch in den USA ohne Überprüfung der Fakten erscheinen sollte.
Aus der #MeToo-Debatte lernen
Bücher zu verbieten sei ganz grundsätzlich schwierig, sagt Catherine Newmark, Autorin und Mitglied unserer Philosophie-Redaktion – aber die aktuelle Debatte über einen anderen Umgang mit sexualisierter Gewalt gegen Frauen einfach wegzuwischen, wie der Rowohlt Verlag dies getan habe, ebenfalls.
Das Buch sollte erscheinen, aber eben mit einer klaren Haltung des Rowohlt Verlages. Die #MeToo-Debatte der vergangenen Jahre müsse Eingang in diese Haltung finden, fordert Newmark.
Es geht darum, wem man ganz grundsätzlich Glauben schenkt: dem mutmaßlichen Opfer oder dem mutmaßlichen Täter, der Frau oder dem Mann. Newmark verweist auf das aktuelle Buch "Akteneinsicht" von Christina Clemm über Gewalt gegen Frauen und wie diese juristisch aufgeklärt wird. In 90 Prozent der Fälle werde bei Vergewaltigungsvorwürfen, die vor Gericht landen, dem Opfer misstraut. Das Klischee, dass Frauen in solchen Fällen lügen, sei immer noch weit verbreitet, so Newmark.
Umkehrung eines fatalen Musters
Und hier nähmen die Rowohlt-Autoren eine klare Position ein. Sie sagten: Sie hätten keinen Grund, Dylan Farrow nicht zu glauben. Das sei eine Lehre aus der #MeToo-Debatte, erklärt Newmark: dem Opfer also grundsätzlich zu vertrauen und nicht zu misstrauen. Als Umkehrung eines bisherigen fatalen Musters sei das wichtig.
(ckr)