Erscheint voraussichtlich Ende Januar:
Bude, Heinz: "Adorno für Ruinenkinder. Eine Geschichte von 1968"
Hanser-Verlag, 17 Euro
Die Erfahrungen der "Ruinenkinder"
Kriegserfahrung als Grunderfahrung: Diese frühkindliche Prägung der 68er-Generation habe zu ihrer Bereitschaft geführt, viele Dinge in Frage zu stellen, sagt der Soziologe Heinz Bude. Sein neues Buch "Adorno für Ruinenkinder" widmet er einer Generation, die aus der Kraft lebte, dass "das Schlimmste" hinter ihr liegt.
Im kommenden Jahr wird die Zäsur 1968 ein halbes Jahrhundert zurückliegen. Die Studentenunruhen dieses Jahres und deren Folgen haben die deutsche Geschichte geprägt. "Fünfzig Jahre 1968" - für den Sozialwissenschaftler Heinz Bude ist damit die Zeit für eine Revision gekommen.
"Eine Art Remix"
Für sein neues Buch "Adorno für Ruinenkinder" habe er aus Interviews, die er vor 30 Jahren mit Protagonisten und Protaginistinnen der 68er-Bewegung geführt habe, "so eine Art Remix" gemacht, sagte Bude im Deutschlandfunk Kultur.
Dabei sei ihm klar geworden, wie sehr die deutsche Gesellschaft eigentlich eine Nachkriegsgesellschaft sei. Die 68er seien alle so um 1940 geboren und hätten in ihrer frühen Kindheit "eigentlich eine apokalyptische Erfahrung" gemacht, sagte Bude.
Bude berichtete von einer späteren Feministin, die als kleines Mädchen an der Hand der Mutter durch das völlig zerstörte Berlin gegangen ist. Die Kindheit der 68er war eine Kriegskindheit, sagt Bude. Daraus leite sich vieles ab - zum Beispiel habe die "Bereitschaft, Dinge in Frage zu stellen", sehr viel damit zu tun,
"ob man am Beginn seines Lebens eine Erfahrung gemacht hat, wo alles in Frage gestanden hat, wo man (…) übers Nichts gegangen ist".
"Dann kommt der Schröder und haut auf die Pauke"
Typisch für die Frauen und Männer der 68er-Bewegung sei auch, dass sie mit der rot-grünen Schröder-Fischer-Regierung 1998 ihre "zweite Chance" bekommen hätten. Aber auch die harten Einschnitte in den deutschen Sozialstaat durch die Hartz-Gesetze unter dieser Regierung erklärte Bude aus der frühen Kriegserfahrung und der Bereitschaft der 68er-Generation, "alles aufs Spiel zu setzen" -
"dann kommt der Schröder und haut auf die Pauke: Wir verändern den Sozialstaat auf eine Weise, was vielen, vielen Leuten sehr, sehr an den Kragen gegangen ist."
Generationenfragen
Prägend für diese Generation sei die Grunderfahrung, dass Krieg und Völkermord vorbei sind. "Die Grunderfahrung war: Das Schlimmste, was einem passieren kann, liegt hinter uns", so Bude.
Für die jüngere Generation, auch unter den Politikern, sei hingegen die gegenteilige Sicht der Dinge zur Wirklichkeit geworden:
"Für Christian Lindner und alle anderen – wenn es denn etwas Schlimmstes gibt – gilt, dass es VOR uns liegt und nicht mehr hinter uns. Das ist eine ganz andere Situation: Sie können quasi nicht mehr schöpfen daraus – das ist ja auch eine Kraft – etwas hinter sich zu lassen (...)".
(huc)