Vittorio Magnago Lampugnani, geboren 1951, ist Architekt sowie Architekturhistoriker und –theoretiker. Er lehrte seit 1994 bis zu seiner Emeritierung 2016 Geschichte des Städtebaus an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich und war von 1990 – 1995 Direktor des Deutschen Architektur-Museums in Frankfurt am Main. 1993 löste er mit einem Beitrag im "Spiegel" den sogenannten "Berliner Architekturstreit" aus. In seinem Artikel hatte Lampugnani für eine an der Tradition der Vorkriegsarchitektur orientierte Neubebauung der Berliner Innenstadt nach der Wiedervereinigung plädiert, worauf Kritiker ihm sogar Nähe zur "Neuen Rechten" unterstellten – ein Vorwurf, den Lampugnani entschieden zurückwies. Derzeit ist Lampugnani Fellow am Wissenschaftskolleg Berlin.
Die Geschichte der Nachhaltigkeit im Städtebau
Wir tun immer so, als sei Nachhaltigkeit im Städtebau etwas ganz Neues, kritisiert der Architekt und Architekturhistoriker Vittorio Lampugnani. Dabei gebe es entsprechende Diskussionen bereits seit Jahrhunderten.
In unserer Reihe "Woran arbeiten Sie gerade" befragen wir heute den Architekten und Architekturhistoriker Vittorio Lampugnani, derzeit Fellow am Wissenschaftskolleg Berlin. Sein Thema: die Geschichte der Nachhaltigkeitsdiskussion im Städtebau.
"Der Hintergrund ist: Wir tun jetzt so, als ob die Diskussion ganz neu sei. Wir tun so, als ob wir die Problematik der Nachhaltigkeit neu entdeckt hätten", sagte Lampugnani im Deutschlandfunk Kultur. Tatsächlich sei Nachhaltigkeit aber eine "Urproblematik des Bauens" und zu dem Zeitpunkt virulent geworden, als die Städte angefangen hätten, sehr groß zu werden. "Das ist etwas, das es bereits im spätimperialen Rom gibt", betont der Architekt. "Rom war ja eine Millionenstadt und hatte ganz große, wir würden heute sagen, ökologische Probleme."
Das Wachstum in vernünftige Bahnen lenken
Im 17. Jahrhundert hätten dann Überlegungen begonnen, wie man das Wachstum moderner Städte in vernünftige Bahnen lenken könne, so Lampugnani unter Verweis auf John Evelyns Pamphlet "Fumifugium" von 1661. Darin kritisiere Evelyn die schlechte Luft und die schlechten hygienischen Verhältnisse Londons und schlage eine Reihe von Gegenmaßnahmen vor: von der Begradigung der Straßen über die Umsiedlungen von Friedhöfen und emissionsstarken Gewerbebetrieben bis zur Pflanzung von Bäumen.
"Schon damals versucht man, Maßnahmen zu treffen oder Maßnahmen vorzuschlagen, die die Stadt zu etwas Beständigem, zu etwas machen, in dem viele Menschen möglichst angenehm zusammenleben können", sagt Lampugnani. "Und ich denke, das ist letztendlich das, was wirklich unsere Nachhaltigkeitsdiskussion prägen sollte."
(uko)
Hören Sie aus unserer Reihe "Woran arbeiten Sie gerade?" auch die Interviews mit der Schauspielerin Maren Kroymann und dem Künstler und Architekten Yadegar Asisi.