Worte der Wende: Alte Seilschaften
Einem Menschen aus Bayern ist eine Alte Seilschaft immer schon ein Begriff. Einem Menschen, der eine Münchner Schule besuchte, ist eine alte Seilschaft immer Begriff und Anschauung. Eine alte Seilschaft ist ein doppelter Horror.
Die alten Vorankletternden, die alles verstopfen, dann im Berg hängen leiben und von Hubschraubern gerettet werden müssen. Will man nicht wirklich klettern, sondern nur so tun, ist das ideal: Man sitzt in der Sonne und beobachtet, wie die alte Seilschaft abgeseilt wird. Alte Seilschaften hatten übrigens immer sehr neues Material, sie standen gut im Geldsaft. Dann verstiegen sie sich und verbrauchten zu ihrer Rettung jede Menge Gemeinschaftsgeld.
So kam der Herbst '89. Kaum waren Honecker, Krenz, Schabowski und Co im Fernsehen zu sehen, wurde von alten Seilschaften gesprochen. Ich verstand das als zärtlichen Begriff. Man versuchte, die Genannten einzubayern. Gleich sah ich sie in Kniehosen und Strickstrümpfen in einem bayrischen Berg oder besser noch in der Plastikwand von Unterhanfling hängen, sie baumelten fröhlich unter- und übereinander wie Steinchen in einer Schnur, zappelten mit den Beinen, riefen sich Befehle zu. Da war klar: jetzt geht es darum, wer wen zuerst abschneidet.
Deutschland hat damals viel gelernt: heute achtet jeder darauf, immer jung auszusehen und ein Messer einzustecken, ehe er sich auf andere verlässt. Die Klettervereine zählen mehr Mitglieder als je zuvor. Bergwände krümeln, jene aus Plastik wachsen zur Sonne. Denn: Das Scheitern einer alten Seilschaft bedeutet immer das Aufleben einer neuen.
So zappeln wir wieder.
So kam der Herbst '89. Kaum waren Honecker, Krenz, Schabowski und Co im Fernsehen zu sehen, wurde von alten Seilschaften gesprochen. Ich verstand das als zärtlichen Begriff. Man versuchte, die Genannten einzubayern. Gleich sah ich sie in Kniehosen und Strickstrümpfen in einem bayrischen Berg oder besser noch in der Plastikwand von Unterhanfling hängen, sie baumelten fröhlich unter- und übereinander wie Steinchen in einer Schnur, zappelten mit den Beinen, riefen sich Befehle zu. Da war klar: jetzt geht es darum, wer wen zuerst abschneidet.
Deutschland hat damals viel gelernt: heute achtet jeder darauf, immer jung auszusehen und ein Messer einzustecken, ehe er sich auf andere verlässt. Die Klettervereine zählen mehr Mitglieder als je zuvor. Bergwände krümeln, jene aus Plastik wachsen zur Sonne. Denn: Das Scheitern einer alten Seilschaft bedeutet immer das Aufleben einer neuen.
So zappeln wir wieder.