Wortwahl in der Politik

Von der Scheu, Klartext zu reden

Bewohner betreten am 25.07.2016 in Aschaffenburg (Bayern) den gut gesicherten Eingang einer Flüchtlingsunterkunft des Freistaates Bayern in einer ehemaligen Kaserne, in der zur Zeit über 400 Menschen untergebracht sind.
Transitzentren? Offen oder geschlossen? Darum dreht sich in Deutschland die Debatte um die Zurückweisung von Flüchtlingen. © dpa / picture alliance / Frank Rumpenhorst
Andrea Römmele im Gespräch mit Ute Welty |
Transitzentren, fiktive Nichteinreise, Anlandeplattformen: Die Sprache der Politik ist voller unverständlicher Begriffe. Die Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele erklärt, warum das so ist. Und wann Worte "brandgefährlich" werden.
Um die Bundeskanzlerin zu verstehen, braucht es Zeit: Andrea Römmele beobachtet Angela Merkel seit Jahren - "und da lernt man einfach, die Sprache irgendwie zu identifizieren und auch die Art und Weise, wie Frau Merkel sich Türen aufhält". Und, ganz wichtig: den Rede-Kontext genau analysieren. Für die Bürger sei es "natürlich schwer", Merkel zu lesen, so die Professorin für politische Kommunikation an der Hertie School of Governance in Berlin.

Komplexe Sachverhalte in weniger als einer Minute

Generell gelte: "Kern müssen immer die Fakten, muss die Wahrheit sein. Politiker müssen auch komplexe Sachverhalte verständlich darlegen können in weniger als einer Minute." Juristische Begriffe wie "Grundlage der fiktiven Nichteinreise" - wie sie im Asylkompromiss der Union verwendet werden - sollten nach Ansicht Römmeles gar nicht verwendet werden, weil man über sie stolpere.
Politiker würden sich scheuen, Klartext zu reden, weil sie in ihren "eigenen Mechanismen gefangen" seien und es ihnen in erster Linie darum gehe, wiedergewählt zu werden:
"Da geht es einfach darum, vielleicht nicht zu weit vorzupreschen; es geht darum, es einer möglichst großen Zahl an Bürgern 'recht zu machen', aber auch noch anschlussfähig zu sein an viele andere in der Diksussion."
Diese Vorsicht sei falsch, weil die Debatte "das Fundament der Demokratie" sei, so Römmele. Doch plakative Begriffe wie die von AfD-Fraktionschefin Alice Weidel verwendeten "Burkamädchen" und "Messermänner" seien abzulehnen. Populistische Parteien würden oft das Faktische verlassen und noch "eine gehörige Portion Emotionen" in ihre Sprache hineinpacken: "Und das ist brandgefährlich." (bth)
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