Wozu Vorratsdatenspeicherung?
Im Jahr 2006 trat eine Richtlinie der Europäischen Union in Kraft, die die Mitgliedsländer zur Einführung der so genannten Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten verpflichtet.
Die bei Telefon- und Internetnutzung anfallenden Verkehrsdaten, die über Zeit, Dauer, Ort oder Ziel von Telekommunikationsverbindungen Auskunft geben, sollen danach für mindestens sechs und höchstens 24 Monate gespeichert werden.
Begründet wurde dies mit dem Bedarf an solchen Daten für eine effiziente Abwehr von terroristischen Anschlägen und der Strafverfolgung von Schwerstkriminalität, insbesondere der organisierten Kriminalität, ferner auch von Straftaten, die mit Hilfe von Telekommunikationsmitteln begangen werden. Der Bundestag hat Ende 2007 ein Gesetz erlassen, das die Richtlinie umsetzt und das die Anbieter von Telekommunikationsdiensten dazu verpflichtete, die Telekommunikationsverkehrsdaten für sechs Monate zu speichern.
Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht im März 2010 das Gesetz wegen eines unverhältnismäßigen Eingriffs in das Fernmeldegeheimnis für verfassungswidrig erklärt. Zwar hält das Bundesverfassungsgericht eine Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten für grundsätzlich zulässig. Doch waren nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts die den Schutz der Telekommunikationsdaten regelnden Vorschriften nicht detailliert und konkret genug. Sie reichten nicht aus, für einen angemessenen Datenschutz zu sorgen.
Immerhin handelt es sich um riesige Datenmengen, da in Deutschland allein mehr als 100 Millionen Mobiltelefone registriert sind und fast zwei Drittel der Haushalte einen Internetzugang besitzen. Diese Daten haben das Potenzial zur Erstellung aussagekräftiger Profile für alle, die Telekommunikationsdienste nutzen. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mussten alle bis dahin gespeicherten Vorratsdaten gelöscht werden. Der Zugriff auf die im normalen Geschäftsbetrieb der Telekommunikationsanbieter anfallenden Verkehrsdaten bleibt aber unter den Voraussetzungen der Strafprozessordnung nach wie vor zulässig.
Die rechtspolitischen Auseinandersetzungen gehen jetzt darum, ob es tatsächlich aus Gründen der Effizienz der Strafverfolgung und der Sicherheitsvorsorge Bedarf gibt, ohne konkreten Anlass, also ohne dass der Verdacht einer Straftat oder Anzeichen für eine sicherheitsrelevante Gefahr vorliegen, solche riesigen Telekommunikationsdatenmengen auf Vorrat zu speichern. Befürworter der Vorratsdatenspeicherung sagen, dass wegen zunehmender Flatrateangebote, der Nutzung von Prepaidtelefonkarten sowie der Verlagerung des Telefonierens auf das Internet, die im normalen Geschäftsbetrieb anfallenden und gespeicherten Daten nicht mehr ausreichen.
Denn bei Flatrate und Prepaidkarten gibt es für Telekommunikationsanbieter keinen Anlass, die Verkehrsdaten für Abrechnungszwecke zu speichern. In Internetverbindungen bereiten die so genannten dynamischen IP-Adressen Probleme der Identifizierung der hinter einer solchen nicht dauerhaft vergebenen Adresse stehenden Personen. Gegen die Notwendigkeit einer Vorratsdatenspeicherung wird vorgebracht, dass ein vor allem in Nordamerika, wo es bislang keine Vorratsdatenspeicherung gibt, benutztes Verfahren, nämlich das so genannte Quick Freeze Verfahren, für Strafverfolgungszwecke und Sicherheitsbelange ausreichend sei.
Das Quick Freeze Verfahren bedeutet, dass Strafverfolgungsbehörden bei einem Tatverdacht von Telekommunikationsanbietern sofort das "Einfrieren", also das Speichern von Verkehrsdaten, verlangen dürfen. Der Zugriff wird dann von einer richterlichen Genehmigung abhängig gemacht. Obwohl die Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie aus dem Jahr 2006 eine Evaluation der Richtlinie bis zum Oktober 2010 vorgeschrieben hat, liegt eine solche Bewertung der praktischen Nützlichkeit der Vorratsdatenspeicherung bis heute nicht vor. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in den Mitgliedsstaaten der EU solche Daten ganz überwiegend gar nicht erhoben worden sind.
Hans-Jörg Albrecht, geboren 1950 in Esslingen, ist Professor für Strafrecht an der Universität Freiburg und Direktor am Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht in Freiburg. Seine Forschungsschwerpunkte sind strafrechtliche Sanktionen, Strafzumessung, Ermittlungsmethoden sowie empirische Strafverfahrens- und Sicherheitsforschung. Er befasst sich ferner mit dem Betäubungsmittelstrafrecht, kriminologischen Grundlagenfragen und Einzelthemen wie Jugendkriminalität, Umweltkriminalität, organisierte Kriminalität, Hasskriminalität und Strafrechtsreformen in Übergangsgesellschaften.
Begründet wurde dies mit dem Bedarf an solchen Daten für eine effiziente Abwehr von terroristischen Anschlägen und der Strafverfolgung von Schwerstkriminalität, insbesondere der organisierten Kriminalität, ferner auch von Straftaten, die mit Hilfe von Telekommunikationsmitteln begangen werden. Der Bundestag hat Ende 2007 ein Gesetz erlassen, das die Richtlinie umsetzt und das die Anbieter von Telekommunikationsdiensten dazu verpflichtete, die Telekommunikationsverkehrsdaten für sechs Monate zu speichern.
Allerdings hat das Bundesverfassungsgericht im März 2010 das Gesetz wegen eines unverhältnismäßigen Eingriffs in das Fernmeldegeheimnis für verfassungswidrig erklärt. Zwar hält das Bundesverfassungsgericht eine Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten für grundsätzlich zulässig. Doch waren nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts die den Schutz der Telekommunikationsdaten regelnden Vorschriften nicht detailliert und konkret genug. Sie reichten nicht aus, für einen angemessenen Datenschutz zu sorgen.
Immerhin handelt es sich um riesige Datenmengen, da in Deutschland allein mehr als 100 Millionen Mobiltelefone registriert sind und fast zwei Drittel der Haushalte einen Internetzugang besitzen. Diese Daten haben das Potenzial zur Erstellung aussagekräftiger Profile für alle, die Telekommunikationsdienste nutzen. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts mussten alle bis dahin gespeicherten Vorratsdaten gelöscht werden. Der Zugriff auf die im normalen Geschäftsbetrieb der Telekommunikationsanbieter anfallenden Verkehrsdaten bleibt aber unter den Voraussetzungen der Strafprozessordnung nach wie vor zulässig.
Die rechtspolitischen Auseinandersetzungen gehen jetzt darum, ob es tatsächlich aus Gründen der Effizienz der Strafverfolgung und der Sicherheitsvorsorge Bedarf gibt, ohne konkreten Anlass, also ohne dass der Verdacht einer Straftat oder Anzeichen für eine sicherheitsrelevante Gefahr vorliegen, solche riesigen Telekommunikationsdatenmengen auf Vorrat zu speichern. Befürworter der Vorratsdatenspeicherung sagen, dass wegen zunehmender Flatrateangebote, der Nutzung von Prepaidtelefonkarten sowie der Verlagerung des Telefonierens auf das Internet, die im normalen Geschäftsbetrieb anfallenden und gespeicherten Daten nicht mehr ausreichen.
Denn bei Flatrate und Prepaidkarten gibt es für Telekommunikationsanbieter keinen Anlass, die Verkehrsdaten für Abrechnungszwecke zu speichern. In Internetverbindungen bereiten die so genannten dynamischen IP-Adressen Probleme der Identifizierung der hinter einer solchen nicht dauerhaft vergebenen Adresse stehenden Personen. Gegen die Notwendigkeit einer Vorratsdatenspeicherung wird vorgebracht, dass ein vor allem in Nordamerika, wo es bislang keine Vorratsdatenspeicherung gibt, benutztes Verfahren, nämlich das so genannte Quick Freeze Verfahren, für Strafverfolgungszwecke und Sicherheitsbelange ausreichend sei.
Das Quick Freeze Verfahren bedeutet, dass Strafverfolgungsbehörden bei einem Tatverdacht von Telekommunikationsanbietern sofort das "Einfrieren", also das Speichern von Verkehrsdaten, verlangen dürfen. Der Zugriff wird dann von einer richterlichen Genehmigung abhängig gemacht. Obwohl die Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie aus dem Jahr 2006 eine Evaluation der Richtlinie bis zum Oktober 2010 vorgeschrieben hat, liegt eine solche Bewertung der praktischen Nützlichkeit der Vorratsdatenspeicherung bis heute nicht vor. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in den Mitgliedsstaaten der EU solche Daten ganz überwiegend gar nicht erhoben worden sind.
Hans-Jörg Albrecht, geboren 1950 in Esslingen, ist Professor für Strafrecht an der Universität Freiburg und Direktor am Max-Planck-Institut für Ausländisches und Internationales Strafrecht in Freiburg. Seine Forschungsschwerpunkte sind strafrechtliche Sanktionen, Strafzumessung, Ermittlungsmethoden sowie empirische Strafverfahrens- und Sicherheitsforschung. Er befasst sich ferner mit dem Betäubungsmittelstrafrecht, kriminologischen Grundlagenfragen und Einzelthemen wie Jugendkriminalität, Umweltkriminalität, organisierte Kriminalität, Hasskriminalität und Strafrechtsreformen in Übergangsgesellschaften.