Wunderbarer Geruch nach Silber und Krokodillederbrieftaschen

Von Beatrix Novy |
Bei der Zurschaustellung des Reichtums halfen Leute wie Charles Lewis Tiffany – und wurden selbst reich. Am 18. September 1837 gründete er sein erstes Geschäft in New York und legte damit den Grundstein für den heutigen Global Player in Sachen Luxus.
Was haben die Städte Wien, Nizza, Singapur und Hongkong gemeinsam? - eine Tiffany-Niederlassung. Juweliere von altem Adel sozusagen. Das erste Geschäft wurde am 18. September 1837 in New York gegründet. Heute hat die globale Tourismusbewegung die Zahl potenter und bereitwilliger Käufer derart vergrößert, dass mittlerweile über 250 Filialen errichtet werden mussten, um dem Bedarf nach Tiffany-Schmuck, Uhren und diversen Kleinigkeiten nachzukommen.

"Sie sehen das im Kraftfahrzeugbereich, genauso wie im Uhrenbereich der Schweizer Uhren, die also in stark zugenommener Stückzahl ihre Waren verkaufen können, insbesondere im mittleren und im fernen Osten."

Erklärt der Kölner Juwelierfachhändler Harald Burtscheid. Auch, wenn im globalen Branding einer Luxusmarke Exklusivität eigentlich nur noch behauptet wird, Tiffany versteht es, sein Image hochzuhalten: mit Schaufenstern, in denen ein einziger kleiner wunderschöner Anhänger glitzert. Tiffany – der Name genügt. Es kennt ihn ja auch jeder.

"Ich hab herausgefunden, das Beste ist, in ein Taxi steigen und zu Tiffany fahren. Das beruhigt mich sofort, da ist es so still. Und alles sieht so vornehm aus. Dort kann einem nichts Schlimmes zustoßen, nicht bei diesen freundlichen Herren in ihren schönen Anzügen und diesem wunderbaren Geruch nach Silber und Krokodillederbrieftaschen."

So versucht Holly Golightly ihr "rotes Elend", ihr trauriges Herz, zu bekämpfen; Holly, das bezaubernde, getriebene, unglückliche und heroische Partygirl in Truman Capotes Roman "Frühstück bei Tiffany".

"Angefangen hat das natürlich alles mit diesem Film: Frühstück bei Tiffany. Aus heutiger Sicht war das damals ein total genialer Marketingstreich."

Nach dem Filmerfolg soll Truman Capote zu Tiffany gefahren sein, um sich den Lohn für seine unverhoffte Werbeaktion abzuholen: in Form einer tausend Dollar schweren Uhr. Allerdings: Er hätte für seinen Roman Tiffany nicht gewählt, wäre das Unternehmen nicht längst eine Institution gewesen. Die Anfänge waren allerdings weniger berühmt:

"Alles ist erfüllt vom Geist des Abreißens und Neuerrichtens. Ganz New York wird etwa einmal im Laufe von zehn Jahren neu gebaut."

staunte Anfang der 1840er-Jahre ein Bewohner von New York. Aus Manhattan, der alten Handelsniederlassung am Hudson River, war eine rasend schnell wachsende Stadt geworden. Zu denen, die den wirtschaftlichen Aufschwung nutzen wollten, gehörte Charles Lewis Tiffany, Sohn eines Baumwollfabrikanten in Killingly, Connecticut. Mit dem geliehenen Geld des Vaters machten er und sein Kompagnon John B. Young 1837 ihr Galanteriewarengeschäft auf.

"Am Eröffnungstag lagen abends 4,98 Dollar in der Kasse."

Wie die hauseigene Tiffany-Historiografie gern zugibt. In einer Zeit, in der die größten Vermögen der USA entstanden, konnten es die Verkäufer der schönen Dingen des Lebens selbst zu Reichtum und Ansehen bringen. Charles Lewis Tiffanys Gespür für Design und Ausstattung förderte sein Geschäft mit chinesischem Porzellan und französischen Accessoires. Seinen Geschäftssinn bewies er mit dem Druck des ersten Versandkatalogs. Seine intensive Beschäftigung mit Edelsteinen, die er zunächst französischen Emigranten abkaufte, machten ihn in wenigen Jahren zum "König der Diamanten". Das Geschäft rückte, zusammen mit der New Yorker Oberschicht, immer weiter in den Norden Manhattans hinauf, weg von den Einwandererströmen an der Südspitze, in die 5Th Avenue, Ecke 57. Straße.

Und da ist Tiffany bis heute. Ihr luxuriöses Image hat die Marke - ein paar Mal drohte sie abzurutschen - immer wieder verteidigt. Heute agiert sie wie andere Global Player der Modebranche: Nicht Handwerk oder heimische Produktion, sondern Design und Marketing stehen im Vordergrund.

"Je vornehmer der Name ist, umso höher sind die Kalkulationen und damit auch die Preise, weil man sich ja den Luxus kauft."

Zu den modernen Imagekampagnen gehörte auch die öffentliche Abkehr vom Geschäft mit Blutdiamanten. Und ebenso Kooperationen mit großen Namen, zum Beispiel mit dem Architekten Frank O. Gehry. Aber das konnte der alte Tiffany im 19. Jahrhundert auch schon: Als er zusammen mit Thomas Edison Lampen entwarf.