Werbespot von Penny

Ein Discounter fühlt mit der Corona-Jugend

07:57 Minuten
Auf dem Screenshot aus dem Werbevideo von Penny sieht man eine Mutter und ihren Teenagersohn am Wohnzimmertisch sitzen, der Sohn dreht sich um und blickt den Betrachter an und gleichzeitig in etwas Helles.
Die Mutter im Werbespot von Penny wünscht sich für ihren Teenagersohn, dass er ohne Corona seine Jugend genießen kann. © Screenshot am 15.11.2021 via YouTube / ErstmalzuPenny / youtube.com/watch?v=MdfNqlkqSeE
Mirko Derpmann im Gespräch mit Gesa Ufer |
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In einem viralen Penny-Werbespot wünscht sich eine Mutter, dass ihr Sohn seine Jugend samt Alkoholexzessen und gebrochenem Herzen zurückbekommt. Der Trend, mit Werten und Haltung zu werben, erreiche nun die Discounter, sagt Werber Mirko Derpmann.
Bald beginnt die Vorweihnachtszeit. Das ist auch an Clips im Fernsehen und im Netz zu merken, die auf die Tränendrüse drücken. Fast zwei Millionen Menschen haben sich in den vergangenen Tagen ein aufwendig produziertes Youtube-Video der Supermarktkette Penny angeschaut.

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In knapp vier Minuten erzählt darin eine Mutter ihrem Teenagersohn von ihrem Weihnachtswunsch: Sie sagt ihm zum Beispiel, sie wünsche sich, „dass du nicht immer zu Hause rumhängst, dass du dich einfach raus schleichst, dass wir nicht wissen, wo du bist“.
Dass sein Vater ihn abholen müsse, weil er viel zu viel getrunken habe. Dass er heimlich eine Party in der Wohnung feiere und „dass du diesem Mädchen endlich sagst, dass du sie liebst“.
Am Ende sagt sie: „Ich wünsche mir einfach, dass du deine Jugend zurückbekommst.“ Dann wird der Text eingeblendet: „Während Corona konntet ihr viele Erfahrungen nicht machen. Wir wollen euch ein Stück eurer Jugend zurückgeben und verschenken 5000 unvergessliche Erlebnisse.“ Ein Link wird genannt, unter dem der Discounter unter anderem Reisen und Partys verlost.

Gesellschaftsprobleme für Werbung genutzt

Die Zeit um Weihnachten sei eine Zeit, in der es um Emotionalität gehe und mit Blick auf den Jahreswechsel auch um Besinnlichkeit und Rückblick, sagt Mirko Derpmann, Kreativdirektor bei der Agentur Scholz & Friends.
Seit einiger Zeit komme aber der Versuch hinzu, eine noch stärkere emotionale Wucht zu erreichen, indem auch thematisiert werde, „was in der Gesellschaft schiefläuft und wie man das eventuell heilen könnte“, so der Werbefachmann.
„Dass Eltern jetzt schon so weit sind, ihren Kindern auch das zu wünschen, worüber sie sich sonst wahnsinnig aufgeregt hatten, das zeigt den Ernst der Lage in einer anderen Dringlichkeit.“

Jenseits von Bratenduft und Lichterglanz

Neu sei, dass man sich auch als Unternehmen oder als Marke gesellschaftlich positioniere – jenseits des Appells, mehr Braten oder mehr Kerzen zu kaufen. Ähnlich funktionierte auch schon der Clip über einen Opa, der zu Weihnachten seine eigene Todesanzeige fingiert, um nicht mehr alleine feiern zu müssen, den ein Konkurrent vor einigen Jahren herausbrachte.

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Mit dem Spot, der zumindest nicht explizit mit Penny-Produkten verknüpft ist, gehe es in erster Linie um Werte und Haltungen, erklärt Derpmann. Wenn man Studien glaube, werde die Gesellschaft, vor allem die jüngere Generation, immer werteorientierter – auch was die Wertvorstellungen und Haltungen hinter Marken betreffe, die sie konsumierten.

Auch für Discounter geht es jetzt um Werte

Bei diesem Spot bekomme man das Gefühl, dass jemand ganz altruistisch zu einem spreche und eine kluge und emotionale Analyse der Situation abliefere.
Für Discounter habe das Thema Werte lange kaum eine Rolle gespielt, es sei eher um niedrige Preise gegangen, sagt Derpmann. „Vor 30 Jahren war ‚Geiz ist geil‘ das größte Ding“. Jetzt gehe es auch für Discounter darum, sich als moderner Markt für eine heranwachsende wertebewusste Konsumentenschaft darzustellen.
„Das gelingt natürlich am besten, indem man sich zumindest zeitweise davon verabschiedet, das Nackensteak für 99 Cent zu bewerben“, und stattdessen auf dieses Wertegerüst setze.

Clevere Mitarbeitergewinnung

Die Preise, die in der Werbeaktion vergeben werden, seien auch ein „sehr cleverer Weg zur Mitarbeitergewinnung“, so Derpmann. Denn es gebe zum Beispiel einen Wohnplatz in einer Auszubildenden-WG des Discounters zu gewinnen.
Bei vielen dieser Preise sei es allerdings leider fraglich, wann diese Gutscheine eingelöst werden können, gibt Derpmann zu bedenken. Angesicht der aktuellen Entwicklung der Coronalage würden manche Pubertierende vielleicht schon im Berufsleben stehen, wenn das wieder möglich ist.

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