"Wuppertal wehrt sich": Theater macht reich!
Tausende Menschen kamen zum 24-Stunden-Programm, das die Wuppertaler Bühnen und das Aktionsbündnis "Wuppertal wehrt sich" veranstalteten, um ihr Theater zu retten. Gemeinsam demonstrierten sie einen Schulterschluss für die Kultur in NRW.
"Theater macht reich". Unter diesem Motto veranstalteten die Wuppertaler Bühnen und das Aktionsbündnis "Wuppertal wehrt sich" vom 29. bis 30. Januar ein zeichensetzendes 24-Stunden Programm im Foyer des sanierungsbedürftigen Schauspielhauses und auf einer Demonstration vor dem denkmalgeschützten Haus. Die Veranstaltung mobilisierte eine überraschend große Zahl von Bürgerinnen und Bürgern, Medienvertretern und Künstlern. Mehr als 3000 Menschen tummelten sich rund um das Schauspielhaus, schätzt die Polizei.
Theater aus ganz Nordrhein-Westfalen sowie Künstler und Initiativen aus dem Bergischen Land traten im Saal und unter freiem Himmel auf. Mit Auszügen aus Theaterstücken, Jazzmusik oder öffentlichem Tanztraining protestierten sie gegen das "Haushaltskonsolidierungsgesetz" von Oberbürgermeister Jung (CDU) und Stadtkämmerer Slawig (CDU). Es sieht massive Einschnitte im Bereich Jugend und Bildung, Sport und Kultur vor. Zwei Millionen allein sollen die Wuppertaler Bühnen einsparen. Dazu steht der Beschluss, dass das Schauspielhaus nicht mehr saniert werden soll. Die Demonstranten verurteilten zudem scharf die Haltung des Düsseldorfer Regierungspräsidenten Büssow (SPD), der, im Auftrag der Landesregierung, Druck auf die Stadt ausübt, möglichst viele freiwillige Leistungen zu kappen.
"Ich gratuliere der Stadt Wuppertal zu ihrem mutigen Entschluss, das Schauspielhaus nicht zu sanieren!" Diesen zynischen Satz des Regierungspräsidenten Büssow nutzte Schauspielerin Mechthild Großmann, heute fernsehbekannt, lange Jahre Mitglied im Ensemble der Tanzkompanie von Pina Bausch, zu einer bissigen Karikatur führender Beamter moderner Prägung. "Früher haben die Kulturfeinde im höheren Dienst noch Bedauern über solche Beschlüsse zum Ausdruck gebracht", so stichelte sie auf der großen Freilichtbühne im Schnee, heute belobigten sie sich und die Stadtverwaltungen für den Abbau der Kultur.
Die "24 Stunden von Wuppertal" begannen nach einer Premiere des Wuppertaler Schauspielensembles mit der theatralen Bearbeitung des Romans "Fleisch ist mein Gemüse" von Heinz Strunk. Um 23 Uhr ging das Nachtprogramm los mit klassischen polnischen Liedern von Künstlern der Deutschen Oper am Rhein. Es folgten Ausschnitte aus Theaterproduktionen nordrhein-westfälischer Bühnen. Dazwischen mischten sich Schülergruppen und Bands aus der reichhaltigen Jazz-Szene im Bergischen Land.
Zwischendurch wurde eine Yoga-Einheit eingelegt und um 6 Uhr morgens legte ein DJ auf. Um diese Zeit war der Saal noch zu einem Drittel, mit über Hundert Besuchern, besetzt. Ganz voll wurde es wieder um zehn Uhr morgens, als das Tanztheater Pina Bausch in einem öffentlichen Training die Ideen der großen Wuppertaler Choreografin sichtbar machte. Ab 16 Uhr begannen die protestierenden Reden. Auf dem schneeglatten Platz vor dem Schauspielhaus versammelten sich, nach Schätzung der Polizei, etwa Tausend Menschen, und nach einem weiteren Kulturprogramm drängten sich vier- bis fünfhundert Interessierte ab 20.30 Uhr zur Abschlussdiskussion.
Erinnert wurde dabei an die Eröffnung des Hauses im Jahr 1966. Heinrich Böll sagte dort den legendären Satz: "Die Kunst muss immer zu weit gehen!" Hier wurde vermutet, dass das Schauspiel im Fokus der Streichliste stehe, weil es gerne zu weit gehe. Das sah der Dortmunder Kulturdezernent Jörg Stüdemann anders. Er diagnostizierte eher Desinteresse bei der Politik. Immer weniger aktive Politiker interessieren sich überhaupt für ihr Stadttheater, so seine These. Und dann gab er zu bedenken, dass dies eine ganz unvergleichliche Lage sei. Mit den 120 Milliarden, so rechnete er vor, die der Staat zur Stützung der Hypo Real Estate aufgebracht hat, könnten alle Kultureinrichtungen von Bund, Ländern und Kommunen für sechs Jahre betrieben werden.
Von der Stadt Wuppertal ließ sich kein Verantwortlicher blicken. Einig waren sich die Protestierenden weitgehend, dass nicht die Kommunen für die Misere verantwortlich sind. Kulturfeindlich, so die mehrfach geäußerte These, wirke sich die Politik von Bund und Land aus. In Berlin und Düsseldorf werden Gesetze gemacht, die die Kommunen mitfinanzieren müssen, etwa die Wohnungskosten von Hartz IV-Empfängern oder die Ausstattung der Kindergartenplätze für unter Dreijährige.
Über die von Politikern so gerne benutzte These, man dürfe künftigen Generationen nicht so viele Schulden überlassen, wurde eher gespöttelt. Für den Schuldenabbau haben die freiwilligen Leistungen hauptsächlich symbolischen Wert, so die Publizistin Anne Linsel, dafür laden die heutigen Politiker Schuld auf sich, wenn sie die Kulturinstitute für künftige Generationen zerstören. "Dann wird es so wie in Amerika", argumentierte Aachens Intendant Michael Schmitz-Aufterbeck, "dass nur noch die allergrößten Städte eine Oper haben, und die ist völlig abhängig von reichen Mäzenen!"
Am Schluss der Aktionen und Diskussionen stand die Absichtserklärung, dass man weiter zusammenhalten wolle. Die "24 Stunden von Wuppertal" brachten eine Neuerung, die Gemeinschaft aller "freiwilligen Leistungen" von Jugend über Bildung zu Kultur. Die Wuppertaler Bühnen und die Initiative "Wuppertal wehrt sich", in der hauptsächlich sozial engagierte Gruppen und Einrichtungen versammelt sind, haben zusammen gehandelt. "Wir haben von Anfang an klargemacht, dass wir uns nicht in Soziales, Jugend, Sport und Kultur auseinanderdividieren lassen", betonte die Sprecherin von "Wuppertal wehrt sich", Barbara Hüppe. Dieser Schulterschluss könnte und sollte beispielhaft werden. Denn es drohen in vielen Städten, besonders in Nordrhein-Westfalen, ähnliche Kürzungsvorschläge wie in Wuppertal.
Theater aus ganz Nordrhein-Westfalen sowie Künstler und Initiativen aus dem Bergischen Land traten im Saal und unter freiem Himmel auf. Mit Auszügen aus Theaterstücken, Jazzmusik oder öffentlichem Tanztraining protestierten sie gegen das "Haushaltskonsolidierungsgesetz" von Oberbürgermeister Jung (CDU) und Stadtkämmerer Slawig (CDU). Es sieht massive Einschnitte im Bereich Jugend und Bildung, Sport und Kultur vor. Zwei Millionen allein sollen die Wuppertaler Bühnen einsparen. Dazu steht der Beschluss, dass das Schauspielhaus nicht mehr saniert werden soll. Die Demonstranten verurteilten zudem scharf die Haltung des Düsseldorfer Regierungspräsidenten Büssow (SPD), der, im Auftrag der Landesregierung, Druck auf die Stadt ausübt, möglichst viele freiwillige Leistungen zu kappen.
"Ich gratuliere der Stadt Wuppertal zu ihrem mutigen Entschluss, das Schauspielhaus nicht zu sanieren!" Diesen zynischen Satz des Regierungspräsidenten Büssow nutzte Schauspielerin Mechthild Großmann, heute fernsehbekannt, lange Jahre Mitglied im Ensemble der Tanzkompanie von Pina Bausch, zu einer bissigen Karikatur führender Beamter moderner Prägung. "Früher haben die Kulturfeinde im höheren Dienst noch Bedauern über solche Beschlüsse zum Ausdruck gebracht", so stichelte sie auf der großen Freilichtbühne im Schnee, heute belobigten sie sich und die Stadtverwaltungen für den Abbau der Kultur.
Die "24 Stunden von Wuppertal" begannen nach einer Premiere des Wuppertaler Schauspielensembles mit der theatralen Bearbeitung des Romans "Fleisch ist mein Gemüse" von Heinz Strunk. Um 23 Uhr ging das Nachtprogramm los mit klassischen polnischen Liedern von Künstlern der Deutschen Oper am Rhein. Es folgten Ausschnitte aus Theaterproduktionen nordrhein-westfälischer Bühnen. Dazwischen mischten sich Schülergruppen und Bands aus der reichhaltigen Jazz-Szene im Bergischen Land.
Zwischendurch wurde eine Yoga-Einheit eingelegt und um 6 Uhr morgens legte ein DJ auf. Um diese Zeit war der Saal noch zu einem Drittel, mit über Hundert Besuchern, besetzt. Ganz voll wurde es wieder um zehn Uhr morgens, als das Tanztheater Pina Bausch in einem öffentlichen Training die Ideen der großen Wuppertaler Choreografin sichtbar machte. Ab 16 Uhr begannen die protestierenden Reden. Auf dem schneeglatten Platz vor dem Schauspielhaus versammelten sich, nach Schätzung der Polizei, etwa Tausend Menschen, und nach einem weiteren Kulturprogramm drängten sich vier- bis fünfhundert Interessierte ab 20.30 Uhr zur Abschlussdiskussion.
Erinnert wurde dabei an die Eröffnung des Hauses im Jahr 1966. Heinrich Böll sagte dort den legendären Satz: "Die Kunst muss immer zu weit gehen!" Hier wurde vermutet, dass das Schauspiel im Fokus der Streichliste stehe, weil es gerne zu weit gehe. Das sah der Dortmunder Kulturdezernent Jörg Stüdemann anders. Er diagnostizierte eher Desinteresse bei der Politik. Immer weniger aktive Politiker interessieren sich überhaupt für ihr Stadttheater, so seine These. Und dann gab er zu bedenken, dass dies eine ganz unvergleichliche Lage sei. Mit den 120 Milliarden, so rechnete er vor, die der Staat zur Stützung der Hypo Real Estate aufgebracht hat, könnten alle Kultureinrichtungen von Bund, Ländern und Kommunen für sechs Jahre betrieben werden.
Von der Stadt Wuppertal ließ sich kein Verantwortlicher blicken. Einig waren sich die Protestierenden weitgehend, dass nicht die Kommunen für die Misere verantwortlich sind. Kulturfeindlich, so die mehrfach geäußerte These, wirke sich die Politik von Bund und Land aus. In Berlin und Düsseldorf werden Gesetze gemacht, die die Kommunen mitfinanzieren müssen, etwa die Wohnungskosten von Hartz IV-Empfängern oder die Ausstattung der Kindergartenplätze für unter Dreijährige.
Über die von Politikern so gerne benutzte These, man dürfe künftigen Generationen nicht so viele Schulden überlassen, wurde eher gespöttelt. Für den Schuldenabbau haben die freiwilligen Leistungen hauptsächlich symbolischen Wert, so die Publizistin Anne Linsel, dafür laden die heutigen Politiker Schuld auf sich, wenn sie die Kulturinstitute für künftige Generationen zerstören. "Dann wird es so wie in Amerika", argumentierte Aachens Intendant Michael Schmitz-Aufterbeck, "dass nur noch die allergrößten Städte eine Oper haben, und die ist völlig abhängig von reichen Mäzenen!"
Am Schluss der Aktionen und Diskussionen stand die Absichtserklärung, dass man weiter zusammenhalten wolle. Die "24 Stunden von Wuppertal" brachten eine Neuerung, die Gemeinschaft aller "freiwilligen Leistungen" von Jugend über Bildung zu Kultur. Die Wuppertaler Bühnen und die Initiative "Wuppertal wehrt sich", in der hauptsächlich sozial engagierte Gruppen und Einrichtungen versammelt sind, haben zusammen gehandelt. "Wir haben von Anfang an klargemacht, dass wir uns nicht in Soziales, Jugend, Sport und Kultur auseinanderdividieren lassen", betonte die Sprecherin von "Wuppertal wehrt sich", Barbara Hüppe. Dieser Schulterschluss könnte und sollte beispielhaft werden. Denn es drohen in vielen Städten, besonders in Nordrhein-Westfalen, ähnliche Kürzungsvorschläge wie in Wuppertal.