YBN Cordae: "Lost Boy"

Ein Rapper im Suhrkamp-Format

10:04 Minuten
YBN Cordae posiert im Sessel während der BET Awards 2019 im Microsoft Theater in Los Angeles, Kalifornien.
Vielversprechender Künstler mit Potenzial für eine längere Karriere: YBN Cordae bei den BET Awards 2019. © Getty Images North America/Bennett Raglin
Dennis Pohl im Gespräch mit Andreas Müller |
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Cordae Dunston ist ein ungewöhnlicher Rapper: Auf seinem ersten Album beweist er, dass er ein vielseitiger und versierter Songwriter ist und auch literarische Qualitäten hat. Dunston ist gerade einmal 21 Jahre alt - und schon ein Youtube-Star.
Ein "Lost Boy" ist er nicht gerade: Cordae Dunston hat keine Vorgeschichte mit Drogen oder anderen Skandalen. Er hatte sogar gute Schulnoten, eine Zeit lang studierte er an der Uni. Im vergangenen Jahr begann er aber, das Rappen ernst zu nehmen - und bald darauf ging er mit seiner Kunst auf YouTube viral. Sein Video zu "Old Niggas" wurde mittlerweile zwölf Millionen Mal aufgerufen.
Jetzt ist sein erstes Album erschienen: unter dem Künstlernamen YBN Cordae. Und es heißt: "Lost Boy". Dennis Pohl, Chefredakteur des Popkulturmagazins Spex, ist von dem Werk beeindruckt: "Eines der besseren Hip-Hop-Alben, die in diesem Jahr herausgekommen sind", sagt er.
Cordae schaue kunstfertig über den Tellerrand des Genres hinaus und flirte auch abseits von Sample-Praktiken mit Jazz, Soul und Gospel. Dabei könne der junge Rapper auch die Lücke zwischen klassischem Hip-Hop und Fans der neuen Generation schließen. Er habe das Potenzial, beide Welten zu bedienen.

Potenzial für eine längere Karriere

Der Rapper beweise ein "tolles Gespür für Songwriting", habe "konzeptionelle Tiefe" und eine "starke lyrische Komponente", sagt Pohl. Die große Stärke des Albums sei die "sehr offene Nabelschau seiner eigenen Kindheit und Jugend". Das Album zeige "ein ziemlich konkretes Bild der schwarzen Realität im modernen Amerika, in einem Detailreichtum, der für einen 21-Jährigen alles andere als selbstverständlich ist".
Als versierter Texter beweist sich YBN Cordae in seinem Song "Family Matters", in dem er kleine und große Dramen in einen größeren Zusammenhang stellt. Diesen Text könne man unverändert übersetzen und als Kurzgeschichte bei Suhrkamp veröffentlichen, so Pohl. Sein Fazit: "Es spricht einiges dafür, dass der junger Mann eine längere Zukunft im Rap-Geschäft haben wird."
(leg)
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